„Wie eine Religion“: 18-Jähriger arbeitet auf NFL-Karriere hin - jetzt bietet sich einmalige Chance

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Im Spiel hält Lenny Thoma den Football sicher - beim Gassigehen darf auch Hund Charly ihn mal halten. © Privat/Sh

Lenny Thoma hat einen Traum: Er will Footballprofi werden. Dem Ziel ordnet er viel unter. Auf einer Reise in die USA will er Talentsucher überzeugen.

Geretsried - Was er an seinem Sport mag, ist das Spektakel drumherum. Die Kulisse, den Event-Charakter, die Cheerleader, die Anspannung am Game Day und die Faszination, die American Football auf die Massen ausübt. In Geretsried ist es schwer, diesen Kitzel zu spüren. In den USA, da versteht man Lenny Thomas Leidenschaft. Der 18-Jährige ist Quarterback in der Nachwuchs-Bundesliga. Er investiert jede freie Minute in seinen großen Traum von einer Football-Karriere. In Deutschland fällt der Sprung ins Rampenlicht schwer. Aber nun bekommt der Geretsrieder eine Chance auf der großen Bühne: Während einer Scouting-Reise im Juni will er die Talentsucher der renommierten US-Colleges überzeugen. Thoma hofft auf seine Eintrittskarte in den College-Sport. Seit Jahren arbeitet er genau darauf hin.

Auf Scouting-Tour will er die Talentsucher überzeugen

Als Quarterback der Fursty Razorbacks in Fürstenfeldbruck gibt er das Spieltempo vor. Er diktiert Spielzüge, verteilt den Ball, manchmal rennt er auch selbst mit dem Ei. Die meisten Laien in Bayern verstehen vermutlich nicht, was Thoma macht, wenn er spielt. „Aber wenn man mal ein, zwei Spiele gesehen hat, kommt man schnell in die Regeln und Laufwege rein“, sagt der passionierte Footballer. Die Rolle als Dreh- und Angelpunkt seines Teams gefällt ihm. „Ich find‘s cool, die anderen zu motivieren und anzuführen.“

Geretsried Lenny Thoma, Footballspieler
Beim Gassi-Gehen hat Hund Charly den Football im Mund – sonst dreht sich eher Lennart Thomas Alltag um das Spielgerät. © Sabine Hermsdorf-hiss

Seine Leistungen haben Thoma in die Juniorennationalmannschaft geführt. Gegen Dänemark, Schweden und Italien trug der 18-Jährige den Bundesadler auf der Trikotbrust. Viel höheres Niveau ist hierzulande schwer zu finden: „In der Nationalmannschaft ist es ein krasser Leistungssport.“ Seine Teamkollegen sind genauso leidenschaftlich dabei wie er. Wer es bis ins stärkste deutsche Nachwuchsteam schaffen will, muss viel investieren. Dreimal in der Woche fährt Thoma nach Fürstenfeldbruck zum Training, sein Papa bringt ihn meist dorthin, sonst wäre er jedes Mal vier Stunden mit den Öffentlichen unterwegs. „Dann würde vieles neben dem Platz nicht mehr gehen.“ An den trainingsfreien Tag geht er ins Fitnessstudio. Zu Auswärtsspielen fährt sein Team schon mal nach Saarbrücken oder nach Troisdorf, nördlich von Bonn. Zwischen Training, Fitnessstudio und Spieltagen lernt er Spielzüge auswendig. Ach ja: In die Schule muss er auch. Momentan besucht er die Q12 des Geretsrieder Gymnasiums, nächstes Jahr möchte der 18-Jährige sein Abitur schreiben. „Irgendwie geht das gerade alles nebeneinander.“ Man muss halt Abstriche in der Freizeitgestaltung machen, wenn man Leistungssport und Schulbildung irgendwie unter einen Hut kriegen will.

Lenny Thoma Deutschland Football
In Action: Lenny Thoma (mit Ball) ist Quarterback - und repräsentiert regelmäßig den deutschen Football-Nachwuchs in der Nationalmannschaft. © Privat

Der Sport ist in den USA eine völlig andere Welt. Das ist wie eine Religion.

In der kommenden Woche hat Lenny Thoma außer der Reihe schulfrei. Gemeinsam mit sechs anderen deutschen Kaderspielern erhält er eine große Chance. Er reist in die Südstaaten der USA zu insgesamt fünf College-Teams ins offene Probetraining. Um die 200 Sportler wollen sich bei diesen Einzelterminen jeweils ins Rampenlicht spielen. Auf der Tribüne sitzen nämlich Talentscouts der Unis aus dem gesamten Süden der Vereinigten Staaten. Für die Burschen auf dem Rasen geht‘s um die begehrten Sportstipendien in den Hochburgen des American Fooball.

Der US-Sport zieht Thoma schon seit Jahren in seinen Bann. In den USA hat der 18-jährige Verwandte. Ein halbes Jahr lang spielte er für ein Highschool-Team in Chicago. Dieses Austauschprogramm hat ihn bestärkt in seinem Wunsch. „Der Sport dort ist eine völlig andere Welt. Das ist wie eine Religion.“ Zu den Jugendspielen pilgern zigtausende Fans, Mitschüler, Alumni, eigentlich die ganze Stadt. „Nicht einmal die Top-Vereine in Deutschland haben solche Trainingsmöglichkeiten wie jede Uni-Mannschaft in den USA.“ Jeden Tag steht dort ein Mannschaftstraining auf dem Programm, Video-Analyse und Fitness-Einheiten. Die sportliche Ausbildung im Mutterland des American Football ist einzigartig.

Er ist fester Bestandteil des Jugendnationalteams

Dementsprechend groß ist der Vorsprung, den die US-Nachwuchsspieler im Vergleich zu den deutschen Talenten haben. „Das habe ich gerade am Anfang bei den Mitspielern schon gemerkt. Aber ich habe in dem halben Jahr schnell aufgeholt“, erinnert sich Thoma. Zurück in Deutschland hat er seine eigenen Fortschritte sofort auf dem Platz gesehen, unter anderem, als er den Sprung in die Nationalmannschaft gepackt hat. Jetzt will Lenny mehr. „Ich hab einfach Bock auf die Chance, mich zu beweisen.“

Sport gewinnt in Deutschland an Renommee

Und wenn es nichts wird mit dem Stipendium? „Dann mache ich eben so weiter, wie bisher und spiele in Deutschland.“ Den Profi-Traum kann er sich auch hier erfüllen, weiß Thoma. Denn hierzulande wächst die Begeisterung für den Sport und die Kultur um den Football ebenfalls. Der Super-Bowl, der wichtigste Termin jeder Saison, wird in der deutschen Fangemeinde immer beliebter. Und selbst bei einem Nachwuchsländerspiel in Paderborn jubelten Thoma und den Mitspielern fast 4000 Menschen zu. Das war schon fast ein bisschen US-Event-Charakter

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