Mercedes-Chef zerlegt System der Krankschreibung – und fällt hartes Urteil den Standort Deutschland

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Mercedes-Chef zerlegt System der Krankschreibung – und fällt hartes Urteil für den Standort Deutschland

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Hoher Krankenstand belastet Mercedes in Deutschland. Ola Källenius fordert Reformen bei Krankschreibungen. © IMAGO/HOCH ZWEI

Ola Källenius fordert eine Reform des deutschen Systems der Krankschreibungen. Der hohe Krankenstand in den deutschen Mercedes-Werken ist ihm ein Dorn im Auge.

Stuttgart – Der Krankenstand in Deutschland erreicht laut Studien neue Höchstwerte. Mercedes-Chef Ola Källenius sieht darin ein ernstes Problem für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Besonders in den deutschen Werken von Mercedes sei der Krankenstand mehr als doppelt so hoch wie an anderen Standorten weltweit, obwohl die Arbeitsbedingungen überall gleich seien. „Es darf nicht so einfach sein, sich krankzumelden. Wer ungerechtfertigt krankmacht, verhält sich unsolidarisch“, erklärt er gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Mercedes-Chef Källenius kritisiert hohen Krankenstand in Deutschland

Källenius sitze einmal im Jahr mit dem Werksarzt zusammen. „Dann frage ich ihn: Was können wir tun, um das zu verbessern? Er sagt dann immer: Nichts über das hinaus, was wir schon machen“, sagt Källenius – er fordert: „Das müsste man politisch lösen.“

Die Möglichkeit, sich telefonisch krankzumelden, steht seit ihrer Einführung im Frühjahr 2020 in der Kritik. Arbeitgeberverbände behaupten, diese Regelung werde missbraucht und habe zu einem Anstieg der Krankmeldungen geführt. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2024 gab es einen neuen Höchststand von Krankmeldungen.

Im Gegensatz zum Mercedes-Chef befürwortet der Hausärzteverband die telefonische Krankschreibung: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der telefonischen Arbeitsunfähigkeit und den vermehrten Krankschreibungen“, so Markus Beier, Bundesvorsitzender des Verbandes. Die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung könnte sogar zu einem Anstieg der Krankenzahlen führen, da das Risiko besteht, auf dem Weg zum Arzt eine Infektion weiterzutragen.

Gewinneinbruch im dritten Quartal: China-Geschäft setzt Mercedes zu

Neben den internen Herausforderungen steht Mercedes vor wirtschaftlichen Problemen, insbesondere im China-Geschäft. Ende Oktober meldete Mercedes einen Gewinneinbruch im dritten Quartal. Das Konzernergebnis fiel im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 1,72 Milliarden Euro, der Umsatz ging um 6,7 Prozent zurück. Diese Zahlen entsprechen nicht den Ansprüchen des Unternehmens, wie Finanzchef Harald Wilhelm betonte. Um die Effizienz zu steigern, plant Mercedes umfangreiche Sparmaßnahmen. Bis 2027 sollen rund fünf Milliarden Euro eingespart werden, um die finanzielle Stabilität zu sichern.

Für die deutsche Wettbewerbsfähigkeit fällt der Mercedes-Chef ein vernichtendes Urteil: Hohe Personalkosten, Sozialabgaben und Steuern seien hierzulande ein Problem. „In vielen Dimensionen sind wir in Sachen Wettbewerbsfähigkeit eben nicht mehr vorne“, so Källenius. Europa habe lange davon gelebt, sehr produktiv zu sein. Doch wer beim Fußball Trainingseinheiten auslasse, verliere eines Tages die Spiele, so Källenius.

Mit den Herausforderungen in China, wo die Nachfrage nach teuren Modellen derzeit schleppend ist, muss Mercedes seine Strategie überdenken. Die Konkurrenz durch heimische Autobauer wächst, und die wirtschaftliche Flaute hat die wohlhabenden Kunden vorsichtiger werden lassen. Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, will Mercedes weiterhin auf Effizienz und Kostenkontrolle setzen.

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