Steve Jobs hat vor 30 Jahren einen Fehler der deutschen Autobauer vorhergesagt
Ein Branchen-Insider bemerkt: Apple-Gründer Steve Jobs sagte 1995 etwas, das man heute 1:1 auf die deutsche Automobilbranche anwenden kann.
„Wenn Unternehmen größer werden, dann wollen sie ihren Erfolg wiederholen. Sie denken, der Prozess war magisch, deswegen versuchen sie ihn zu institutionalisieren. Dabei verwechseln sie aber den Prozess mit dem Ergebnis“, sagte Steve Jobs in einem Fernsehinterview 1995. Damit warnte der Apple-Gründer bereits vor Jahren, „vor dem, was deutsche Autobauer jetzt zerstört“, schreibt Philipp Raasch am 8. April auf Linkedin.
Der Unternehmensberater mit Schwerpunkt Automobilindustrie berichtet in seinem Newsletter „Der Autopreneur“ über die Branche, hat unter anderem schon für den Autohersteller Mercedes-Benz gearbeitet, der momentan Stellen abbaut. Viele weitere Unternehmen samt Zulieferbetriebe machen weniger Umsatz, der Automobilstandort Deutschland schwächelt, 2024 gingen fast 19.000 Stellen verloren, zeigt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.
Deutsche Automobilindustrie: Wenn „starre Prozesse tödlich“ werden
Als er das Interview mit Steve Jobs sah, war er „verblüfft“, sagt Raasch BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Der aktuelle Stellenabbau in der deutschen Automobilbranche sei „nur ein sichtbares Symptom der tiefergehenden Umwälzungen in unserer Branche“. Was Steve Jobs damals über IBM gesagt habe („IBM hat die besten Prozess-Mitarbeitenden der Welt, aber sie haben den Inhalt vergessen“), lasse sich heute „fast wortgleich auf die Autobranche übertragen“.
„In der deutschen Automobilindustrie hat sich eine Kultur etabliert, in der der Prozess zum Selbstzweck wurde“, sagt Raasch. Man habe sich zu sehr darauf konzentriert, bestehende Abläufe zu perfektionieren, und vergessen, überzeugende Produkte zu schaffen. „Jetzt bricht es uns das Genick.“
Diese „Prozessfixierung“ funktioniere hervorragend in stabilen Märkten. Wenn sich aber, wie das aktuell der Fall sei, der Kontext radikal ändere, zum Beispiel beim Thema Elektromobilität, beim autonomen Fahren, oder bei den neuen US-Zöllen, die besonders den Südwesten Deutschlands treffen dürften, seien „starre Prozesse tödlich“, sagt der Automobil-Experte. „Wir kämpfen mit Prozessen, während unsere Wettbewerber Produkte entwickeln.“

Autobranche in Deutschland: Insider kritisiert Meetings, in denen nichts entschieden wird
Raasch hat ein paar Beispiele für die „Prozessfixierung“ in der Autobranche. Manager-Meetings mit 20 Leuten, bei denen zwei sprechen und am Ende nichts entschieden werde, seien der „absolute Alltag“, sagt der Branchen-Insider. Nur „ein erschreckend kleiner Teil der Belegschaft in Automobilkonzernen schafft tatsächlich Wert“. Der Rest arbeite am Prozess, sammle den ganzen Tag Informationen und leite sie weiter, ohne je selbst etwas zu gestalten.
„Wir haben eine Kultur der Ineffizienz entwickelt. Eine endlose Meeting- und Gremienkultur, in der alles abgestimmt werden muss“, sagt Raasch BuzzFeed News Deutschland. „Wir haben kleine Fürstentümer, mit Managern, die ihre Position und Macht verteidigen.“ Dass jeder Mitarbeitende nur ein kleines Zahnrad verantworte, mache „es nahezu unmöglich, das große Ganze zu sehen“, sagt der Automobil-Experte.
„Besonders lähmend“ sei, dass kaum jemand Entscheidungen treffe. „Alles wird nach oben eskaliert“, kritisiert der Unternehmensberater. Mitarbeiter würden in Meetings sitzen und Entscheidungen vorbereiten, entschieden aber nichts selbst. Dass jeder Impuls durch zahlreiche Hierarchieebenen und Gremien wandern müsse, mache die Automobilunternehmen „extrem träge – in einer Zeit, in der Geschwindigkeit entscheidend ist“.