„Problematisch“ und womöglich krebserregend: Verbraucherzentrale kritisiert Wurstwaren
Ob zum Frühstück oder Abendbrot – viele Deutsche lassen sich die Wurst nur ungern vom Brot nehmen. Dabei sind verarbeitete Fleischwaren nicht unbedenklich.
München – Laut dem im vergangenen Jahr vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlichten Ernährungsreport, isst fast jeder Vierte in Deutschland täglich Fleisch oder Wurst. Dabei werden zwischen 80 und 90 Prozent aller verarbeiteten Fleisch- und Wurstwaren heute mit Nitritpökelsalz behandelt. Es macht Fleischwarenprodukte länger haltbar, verbessert den Geschmack und wird vorrangig verwendet, um die natürliche Rotfärbung zu erhalten. Auf Kosten der Gesundheit, warnen Forschende.
Denn Nitritpökelsalz steht immer wieder in der Diskussion, gesundheitsschädlich zu sein, berichtet das WDR-Verbrauchermagazin Servicezeit. Kann man verarbeitetes Fleisch dann überhaupt noch bedenkenlos konsumieren?

Verbraucherzentrale bewertet „verarbeitetes Fleisch“ kritisch
Das Pökeln von Fleisch zählt zu den ältesten bekannten Konservierungsmethoden. „Biochemisch betrachtet, sorgt das Salz dafür, dass es die Flüssigkeit aus den Produkten heraussaugt und dann ein Milieu herstellt, wo die Bakterien aufgrund des Salzes und Wassergehalts nicht mehr wachsen können. Dadurch werden Lebensmittel klassisch haltbar gemacht“, erklärt Metzgermeister Max Esser-Geneschen.
„Verarbeitetes Fleisch“ bewerten Verbraucherschützer wie Katrin Böttner von der Verbraucherzentrale NRW jedoch kritisch. „Gepökelte Fleisch- und Wurstwaren sind nicht unproblematisch, weil das enthaltene Nitrit aus dem Nitritpökelsalz unter bestimmten Bedingungen umgewandelt werden kann – in wahrscheinlich krebserregende Verbindungen. Da gibt es Studien der WHO, aber auch von anderen europäischen Gesundheitsbehörden, die das als ein großes Risiko sehen“, so die Verbraucherschützende.
Als problematisch gilt vor allem Pökelfleisch, das auf über 140 Grad erhitzt wurde. Denn dadurch können sich Verbindungen mit Aminosäuren, Aminen aus dem Nitrit im Fleisch, sogenannte Nitrosamine bilden, die als krebserregend gelten. Laut Böttner deuten Studien außerdem darauf hin, dass Nitrosamine auch entstehen können, wenn das gepökelte Fleisch nicht erhitzt wurde. „Auch wenn ich die gepökelten Würste nicht zusätzlich erhitze, sollte ich sie trotzdem nicht so häufig essen“. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt immer weniger Fleisch- und Wurstkonsum.
Wer nicht auf Fleisch- und Wurstprodukte verzichten möchte – Darauf sollte geachtet werden
Für Ernährungswissenschaftlerin Alexandra Zaiser ist die Einschätzung des Gesundheitsrisikos nicht einfach zu beantworten, da diese „nicht ganz eindeutig“ seien. Das sei in der Wissenschaft selten. „Letztendlich ist es so, dass Nitrat für gesunde Erwachsene nicht unbedingt gesundheitsschädlich ist. Aber natürlich aus diesem Nitrit diese Nitrosamine entstehen können, die als krebserregend gelten“.
Meine News
Wer nicht auf Fleisch und Wurstwarenprodukte verzichten möchte, sollte laut Zaiser folgende Dinge beachten:
- Das Pökelfleisch nicht über 130 Grad erhitzen.
- Zusätzlich Gemüse mitaufnehmen, weil das Vitamin C verhindert, dass zu viel im Magen in Nitrosamine umgewandelt wird.
- Immer einen Blick auf die Zutatenliste werfen, ob Nitritpökelsalz enthalten ist.
- Auf vegetarische oder vegane Alternativen zurückgreifen.
- Fleischkonsum um möglichst nur bis zu 300 Gramm die Woche reduzieren. Am besten so unverarbeitet wie möglich.
- Wenn man Fleisch essen möchte, dann am besten weißes Fleisch bevorzugen.
- Insgesamt eine gesunde und ausgewogene Ernährung.
Kürzlich standen auch Rapsöle auf dem Prüfstand, da in Untersuchungen immer wieder Mineralölbestandteile festgestellt wurden.
Gepökeltes Fleisch: Erneute Reduzierung der Nitritverwendungsmenge möglich
In Deutschland wird der Nitritgehalt im Pökelsalz „im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes“ begrenzt, schreibt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher dürfe die festgesetzte Höchstmenge nicht überschritten werden. Demnach dürfen pro Kilo an den Verbraucher verkauften Fleisch höchstens 50 Milligramm Nitrit enthalten sein.
Metzgermeister Esser-Geneschen sehe Verbraucher in Deutschland ausreichend geschützt, da „mögliche Nitrit-Überdosierungen durch Metzgereien durch gesetzliche Regelungen unterbunden werden“. Demnach dürfen Wurstproduzenten nicht beliebig viel Nitrit ins Salz mischen, wenn sie beispielsweise gepökelte Schinkenwurst produzieren.
„Zu viel von dem Nitrit ist unmöglich, weil wir nur Pökelsalz kaufen können. Die Mischung ist immer gesetzlich vorgegeben und in Europa auch sehr niedrig“, so Esser-Geneschen. Da die Diskussion um mögliche Gesundheitsgefahren weiterhin andauern, sei in nächster Zeit allerdings mit neuen, reduzierten Höchstmengen zu rechnen.
Wurst und Schinken stehen bei den meisten Deutschen fest im Speiseplan
Für 84 Prozent der Deutschen sind Wurst und Schinken ein fester Bestandteil der Ernährung. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Studie des Marktforschungsunternehmens Kantar im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Wurst und Schinkenproduzenten (BVWS). Doch nicht selten kommt es vor, dass Hersteller ihre Wurst-Produkte wegen gesundheitlicher Risiken zurückrufen müssen. (vw)