Franziskus am Montag gestorben: Internationale Pressestimmen: "Er wird als Reformpapst in Erinnerung bleiben"

Papst Franziskus ist tot. Er starb am Ostermontag um 7.35 Uhr morgens im Alter von 88 Jahren, wie der Vatikan mitteilte. Todesursache war ein Schlaganfall, das bestätigte der Vatikan am Montagabend. 

Die Todesnachricht rief zahlreiche Reaktionen hervor. Zum Tod von Papst Franziskus schreiben internationale Medien am Dienstag.

"Libération" (Frankreich):

"Mit Papst Franziskus (...) starb eine der wenigen Stimmen, die in der Lage waren, das Korsett zu sprengen, das die Kirche seit Jahrhunderten umklammert. Der Papst, der sein Pontifikat den Armen und der Peripherie widmen wollte, hat trotz aller Hoffnungen, die manche in ihn setzten, unter seiner Herrschaft keine wirkliche Revolution in der Kirche bewirkt."

Der Papst wurde aufgebahrt.
Der Papst wurde aufgebahrt. Vatikan

"El Mundo" (Spanien):

"Der Tod von Franziskus (...) markiert das Ende eines einzigartigen Pontifikats. Es war geprägt von seinem Bestreben, die am stärksten benachteiligten Gruppen zu schützen und die Kirche den Gläubigen näherzubringen - ebenso wie von seinem Anspruch, in einer Zeit tiefgreifender geopolitischer Umbrüche eine prägende Stimme zu sein. 

Sein Einsatz für die Ausgegrenzten und seine Kritik an den Eliten lassen keinen Zweifel daran, dass Jorge Mario Bergoglio ein Papst seiner Zeit war. Sein Vermächtnis wird untrennbar mit dem Versuch verbunden bleiben, weniger die kirchliche Lehre als vielmehr die Kultur der Kirche zu erneuern."

"La Nacion" (Argentinien):

"Als erster Jesuitenpapst und „vom Ende der Welt“, wird Franziskus, der 266. Pontifex der Geschichte, als Reformpapst in Erinnerung bleiben . Er war der erste nichteuropäische Papst – obwohl er italienischer Einwanderer war –, der aus der Peripherie und als Außenseiter kam, der Unruhe stiftete und ein „Chaos“ – wie er es schließlich nannte – anrichtete, indem er die Kirche aufrief, sich der heutigen Welt zu öffnen, Missionar zu sein und nicht zu verurteilen, sondern alle zu begleiten und zu integrieren. Er zeichnete sich durch seinen bescheidenen, authentischen, einfachen, strengen und zugänglichen Stil aus, insbesondere gegenüber den Geringsten, den Sündern und den „Ausgestoßenen“, und entweihte damit das Papsttum, eine Institution, die zuvor als unzugänglich galt.

"The Guardian" (Großbritannien):

"Während seiner zwölf Jahre auf dem Stuhl des Heiligen Petrus hat Franziskus in bewundernswerter Weise versucht, die Energien der katholischen Kirche wieder auf die Menschen am Rande der Gesellschaft zu konzentrieren und gleichzeitig die Macht etablierter Interessengruppen zurückzudrängen. (...)

Während nationalistische Bewegungen den politischen Kompass des Westens immer weiter nach rechts zogen, wurde Franziskus zu einem immer wichtigeren Gegengewicht bei Themen wie der Migration, der globalen Erwärmung und dem Schicksal des Globalen Südens."

"Washington Post" (USA):

"Franziskus hat oft die richtigen Kämpfe geführt. Er setzte sich im Kampf gegen den Klimawandel und (...) für verfolgte religiöse Minderheiten ein, für die Armen im Globalen Süden und die Migranten und Flüchtlinge, zu deren Ehren er ein Denkmal auf dem Petersplatz enthüllte. Als er Papst wurde, waren mehr als die Hälfte der Kardinäle Europäer; bei seinem Tod waren es weniger als 40 Prozent. 

Obwohl er die Toleranz der Kirche erweiterte (...), schien Franziskus blind für andere Probleme zu sein. Er weigerte sich, Russlands blutigen Landraub in der Ukraine zu verurteilen. Er beförderte Frauen in wichtige Verwaltungspositionen, duldete aber nicht deren Priesterweihe."

"Sydney Morning Herald" (Australien):

"Franziskus wird für vieles in Erinnerung bleiben – als Reformer, als Jesuit, als Verteidiger der Armen. Doch das vielleicht beständigste Bild wird das eines Sterbenden sein, der sich weigerte, sich zurückzuziehen, der seine Botschaft über den Schmerz hinaus in die Geschichte trug. An seinem letzten Osterfest predigte Franziskus nicht die Auferstehung. Er verkörperte sie."

Papst Franziskus starb am Ostermontag im Alter von 88 Jahren
Papst Franziskus starb am Ostermontag im Alter von 88 Jahren Evandro Inetti/ZUMA Press Wire/dpa

"NZZ" (Schweiz):

"Das oft beschworene Bild, der reformwillige Franziskus sei durch die römische Kurie ausgebremst worden, verkennt, dass er um seine Gestaltungsspielräume als Papst wusste und davon – gerade im Blick auf Personalentscheidungen – Gebrauch gemacht hat. Auf den Ursprung zurückzugehen und dem Glauben in den komplexen Lebenswelten heute ein ansprechendes Gesicht zu geben, war seine vorrangige Option.

Irritiert hat ihn, dass die federführenden Akteure des Synodalen Weges in Deutschland den Primat der Evangelisierung nicht wirklich beachtet haben, den er 2019 in seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland als Therapie empfohlen hatte. Das Wort, Deutschland brauche keine zweite evangelische Kirche, hat diesem Unmut öffentlich Ausdruck verliehen. Dabei hat Franziskus auf seine Weise kleine Schritte gesetzt, die die Kirche schon jetzt verändert haben."

"La Repubblica" (Italien):

"Diese leere Wohnung hinter dem Fenster, auf das die Gläubigen nun blicken, wenn sie den Petersplatz überqueren, vermittelt ein Gefühl der Unfertigkeit, der halbherzigen Reform. Als hätte der Papst das ruhige Ufer, an dem die Kirche lehnte, verlassen und es versäumt, das andere Ufer zu erreichen. 

Dies ist das Schicksal vieler Reformer, die letztlich sowohl von den Progressiven angegriffen werden, weil sie in der Mitte der Furt stehen geblieben sind, als auch von den Konservativen, weil sie zu weit gegangen sind."

"Financial Times" (Großbritannien):

"In einer Kirche, die um ihre Relevanz in der modernen Welt kämpft, bemühte sich Franziskus auch, sie zu einer moralischen Stimme in Fragen jenseits von Familie und Schlafzimmer zu machen. In einer Enzyklika aus 2015 versuchte er, den Klimawandel in Bezug auf Religion und Glauben neu zu definieren, indem er davor warnte, dass er das Produkt der Konsumsucht der Industrieländer sei, während er die Armen der Welt unverhältnismäßig stark betreffe. (...)

Letztlich gelang es Franziskus jedoch nicht, seine persönliche Anziehungskraft in Reformen umzusetzen, die wichtige Fragen wie die Ordination von Frauen oder die Ehe für Priester regelten oder den Niedergang der Kirche in Europa und Nordamerika aufhalten konnten."