Energieunternehmer widersprechen dem Bund: Warnung vor leeren Gasspeichern im Winter

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Die Gasspeicher in Deutschland sind unterdurchschnittlich gefüllt. Ein extrem kalter Winter könnte die Versorgung gefährden.

Berlin – Würde der kommende Winter „extrem kalt“, könnten die Gasspeicher im Januar 2026 leerlaufen. Davor warnte die Initiative Energien Speichern (Ines) am Mittwoch (9. Juli) in ihrem Update zur Gasversorgungslage. Die aktuellen Füllstände liegen demnach deutlich unter dem Durchschnitt. Während die Bundesregierung auf Marktmechanismen und neue LNG-Kapazitäten setzt, zweifeln die Gasspeicherbetreiber an der Versorgungssicherheit.

Nur halb gefüllt: Deutschlands Gasspeicher reichen nicht für einen extrem kalten Winter

Laut „Initiative Energien Speichern“ lagen die Füllstände in Deutschland am 1. April bei durchschnittlich 29 Prozent und stiegen bis Ende Juni auf 51 Prozent an. Dies ist deutlich weniger als üblich: Das langjährige Mittel beträgt zu diesem Zeitpunkt normalerweise knapp 70 Prozent. Die Bundesrepublik liegt zudem unter dem EU-Durchschnitt. Außerdem sind laut Ines nur „rund 70 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten durch Marktakteure gebucht – entsprechend können sie zu diesem Anteil befüllt werden.“

Die Experten warnen, dass dieser Füllstand für eine sichere Versorgung bei sehr niedrigen Temperaturen nicht ausreicht. Obwohl die Bundesregierung eingreifen kann, um die Füllstände zu erhöhen, sei eine vollständige Befüllung der Gasspeicher bis zum 1. November 2025 „bereits heute technisch nicht mehr möglich“, hieß es von Ines weiter. Sollten die Speicher dann nur zu 70 Prozent gefüllt sein, wären sie bei aktuellen Verbrauchsmustern bei einem „extrem kalten Winter“ bis Ende Januar vollständig entleert.

Politik lockert Vorgaben – Experten zweifeln an sicherer Gasversorgung

Die Bundesregierung war zuletzt zu der Einschätzung gelangt, die Gasversorgung in Deutschland sei gesichert – und hatte die Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen reduziert. „Die Füllstandsvorgaben werden zum 1. November eines Jahres für alle Kavernenspeicher von 90 Prozent auf 80 Prozent abgesenkt – unter Beibehaltung eines hohen Maßes an Versorgungssicherheit“, hieß es in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums im April. Kavernenspeicher sind reaktionsfähiger, während Porenspeicher langsamer befüllt und entleert werden können.

„Die Gasversorgungssituation hat sich inzwischen durch zahlreiche Maßnahmen, unter anderem durch die LNG-Terminals an Nord- und Ostsee sowie durch die Erhöhung der Pipeline-Importe aus Norwegen, deutlich stabilisiert“, erklärte das Wirtschaftsministerium die Hintergründe der Entscheidung. Daher wurde die im Jahr 2022 eingeführte Alarmstufe zum 1. Juli 2025 auf „Frühwarnstufe“ herabgesetzt. Sebastian Heinermann, Geschäftsführer von Ines, äußerte aber Bedenken. Es stelle sich die Frage, „wie die Bundesregierung Gas-Versorgungssicherheit im kommenden Winter vollständig gewährleisten wird“, so Heinemann.

Markt statt Staat: Füllstand Deutschlands größten Speichers nähert sich Tiefstand

Katherina Reiche (CDU) hatte das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) übernommen und setzt nun auf mehr Marktwirtschaft. Der staatliche Gaseinkäufer Trading Hub Europe (THE) soll nur noch im Notfall Gas einkaufen. Unter Habeck hatte die THE bereits im Sommer Gas gekauft, um die Speicher frühzeitig zu füllen. Reiche will indes Investitionsanreize durch die Preisdifferenz zwischen Sommer- und Winterpreisen. Derzeit sind die Preise jedoch hoch: Die Gaspreise für Sommerlieferungen 2025 lagen zuletzt bei 52 Euro, über den Winterpreisen 2025/26 von 49 Euro.

Das Wirtschaftsministerium räumte auf eine Anfrage von Welt ein, dass die Preisdifferenz in diesem Jahr kaum Anreize bot, viel Gas einzuspeichern, um in kalten Monaten mit Profit zu verkaufen. Der größte Gasspeicher Deutschlands in Rehden ist derzeit nur zu etwa zwei Prozent gefüllt. Niedriger war der Stand zuletzt vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Die Bundesnetzagentur gab auf eine NDR-Anfrage hin kein klares Dementi zu einer Gasmangellage ab, wie das Medium berichtete. Die Agentur betonte aber, dass man nicht einzelne Speicher, sondern alle zusammen betrachten müsse.

Blick auf das LNG-Spezialschiff Energos Power im Hafen von Mukran. Mit solchen Schiffen lässt sich laut Bundesnetzagentur schnell Flüssigerdgas besorgen.
Blick auf das LNG-Spezialschiff Energos Power im Hafen von Mukran. Mit solchen Schiffen lässt sich laut Bundesnetzagentur schnell Flüssigerdgas besorgen. © IMAGO/photo2000

Es gebe außerdem LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Mukran auf Rügen, über die im Notfall Flüssigerdgas LNG schnell beschafft werden könne, hieß es von der Bundesnetzagentur laut NDR weiter. Vor allem über Tankschiffe. „Die Speicheraktivitäten haben nun aber deutlich zugenommen“, teilte das Wirtschaftsministerium indes gegenüber Welt laut einem Bericht von Mittwoch mit. „Eine Vielzahl der Speicher ist jetzt zu über 70 Prozent, zum Teil zu über 90 Prozent gefüllt“, hieß es weiter.

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