Spahn fordert wieder Asylverfahren außerhalb der EU – dieses Mal in Ghana

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Die CDU will Asylverfahren weiterhin auslagern. Spahn schlägt Ghana vor. UN-Organisationen lehnen die Pläne als „Grausamkeit“ ab.

Berlin – Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn forderte am Sonntag (17. Dezember) wieder einmal Asylsuchende aus der Europäischen Union in ein sicheres Drittland zu bringen, und dort ihr Asylverfahren zu bearbeiten. „Wenn wir das vier, sechs, acht Wochen lang konsequent durchziehen, dann werden die Zahlen dramatisch zurückgehen“, sagte Spahn der Neuen Osnabrücker Zeitung. Damit ist er auf Linie des vergangene Woche vorstellten Grundsatzprogrammentwurfes der CDU.

Spahn forderte ein, Menschen „binnen 48 Stunden“ in solche Drittstaaten auszuweisen. In diesen Drittstaaten solle den Menschen dann auch Schutz gewährt werden, soweit Spahn. Die CDU öffnet noch den Rückweg nach Deutschland in Form von „Kontigenten“, die Deutschland und die EU wieder aufnehmen sollten. Solche Verfahren bezeichneten das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR und der Internationale Organisation für Migration (IOM) als „unwirksam und unverantwortlich“. Das schrieben Amy Pope, Generalsekretärin der IOM und Fillipo Grandi Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Anfang Dezember im Spiegel. Asylsuchende in Drittstaaten „auszulagern“ sei gegen das Völkerrecht und ein „Akt der Grausamkeit“. Ungewöhnlich klare Worte für zwei Diplomaten.

CDU-Politiker Jens Spahn forderte die Begrenzung von illegaler Migration auch unter der Anwendung von „physischer Gewalt“.
CDU-Politiker Jens Spahn forderte die Begrenzung von illegaler Migration auch unter der Anwendung von „physischer Gewalt“. © dts Nachrichtenagentur/imago-images

UN: Auslagerung von Asylsuchenden sind „Akt der Grausamkeit“

UNHCR in Deutschland zeigte sich vor einigen Wochen unter engen Vorgaben offen, die Asylverfahren außerhalb der EU umzusetzen. Allerdings nur, wenn Deutschland die „primäre Verantwortung“ für die Verfahren übernehme und die Menschen mit einem Flüchtlingsstatus dann auch aufnehme. Von Seiten der Union wird das UNHCR immer wieder als möglicher Partner für solche Pläne vorgeschlagen. Die Organisation solle die Verfahren abwickeln, die sie selbst als „Akt der Grausamkeit“ bezeichnet.

Auch konkrete Staaten, in denen, die Asylverfahren stattfinden sollten, nannte Spahn: Ruanda, Ghana, Georgien und Moldau. Die britische Regierung scheiterte zuletzt an dem Versuch, Menschen ins ruandische Asylsystem zu zwingen. Der britische Supreme Court verbot die Abschiebeflüge. „Man nicht einfach Menschen in irgendein Land zurückschieben, das geht nicht“, fasste Völkerrechtler Matthias Hartwig die sehr ausführliche völkerrechtliche Begründung gegenüber merkur.de nach dem Urteil zusammen. Der Jurist schloss es damals nicht kategorisch aus, dass Asylverfahren in Drittstaaten möglich seien. Allerdings müsse die Bundesregierung „genau prüfen, wo Asylverfahren auf europäischen Niveau möglich sind“. Für Ruanda hat dies der Supreme Court in London übernommen.

Anstieg von Gewalt gegen Homosexuelle in Ghana

Ghana ist zwar eine für die Region relativ stabile Demokratie und ein sicherer Drittstaat im Sinne des Asylrechts. Trotzdem warnten Menschenrechtsorganisationen erst vor Kurzem vor einem massiven Anstieg der Gewalt gegen Homosexuelle im Land und einer möglichen Verschärfung homofeindlicher Gesetze. Die Bundesregierung warnt Homosexuelle auf Reisen in Ghana sich zu erkennen zu geben. Hartwig betonte nach dem Ruanda-Urteil ein weiteres Problem: Meist habe „kaum jemand mit den betroffenen Staaten gesprochen“, ob sie bereit zur Aufnahme Geflüchteter aus Deutschland wären.

Grüne: „Völkerrechtlicher Realitätsverlust“

Die Bundesregierung prüft aktuell auf Wunsch der CDU-Ministerpräsidenten und Winfried Kretschmanns (Grüne) noch, ob sie solche Verfahren für möglich erachtet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser gilt als skeptisch, sie will lieber einzelne Migrationsabkommen mit Herkunftsländern. „Wer Asylverfahren auf diese Art und Weise auslagern möchte, leidet unter völkerrechtlichem Realitätsverlust“, sagte Julian Pahlke, der fachpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, nach dem Ruanda-Urteil auf fr.de-Anfrage. FDP-Fraktionschef Christian Dürr befürwortete solche Verfahrensauslagerungen. (kb mit dpa und afp)

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