Ein kleines Häuschen auf Mallorca? "Selbst mit zwei Jobs kommen wir da nie hin"

Mallorca entwickelt sich immer mehr zum Paradies für ausländische Investoren – aber gleichzeitig auch zum Albtraum für Einheimische. Das zeigt sich vor allem auf dem Immobilienmarkt. Denn die Lieblingsinsel der Deutschen ist bei Immobilienkäufern aus dem Ausland so begehrt wie nie zuvor. 

Trotz politischer Debatten und gescheiterter Versuche, die Verkäufe an Nicht-Spanier zu begrenzen, zieht der Markt ungebremst an. Laut Daten des Consejo General del Notariado lag der Ausländeranteil 2024 bei 42,3 Prozent – mehr als das 3,6-Fache des spanischen Durchschnitts (11,5 Prozent).

Damit übertrifft die Inselgruppe sogar die sonst so beliebten Regionen Valencia (38,9 Prozent), Kanaren (38,3 Prozent) und Katalonien (21,9 Prozent). Bemerkenswert: Der Großteil der Käufer – 26,9 Prozent – lebt gar nicht dauerhaft in Spanien. Während internationale Käufer vom sonnigen Investment träumen, bleibt für viele Mallorquiner der Traum vom Eigenheim genau das: ein Traum.

„Immobilienpreise explodieren auf Mallorca“

Denn wer auf Mallorca kauft, braucht ein dickes Portemonnaie. Mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 3811 Euro liegen die Balearen laut Notariatsdaten deutlich über dem Landesdurchschnitt von 2153 Euro. Nirgendwo sonst in Spanien zahlen Käufer so viel.

Selbst Metropolregionen wie Madrid (3766 Euro pro Quadratmeter) oder das Baskenland (3072 Euro) können da nicht mithalten. In den Luxusorten der Insel schießen die Preise regelrecht durch die Decke: Im noblen Andratx zahlen Käufer im Schnitt stolze 7601 Euro pro Quadratmeter, in Fornalutx 6609 Euro, in Calvià 6374 Euro und im Tramuntana-Gebirgsort Valldemossa 5975 Euro. 

Auch Pollença (4877 Euro) und Santanyí (4628 Euro) liegen weit über dem Durchschnitt. Selbst in der Inselhauptstadt Palma, wo der Quadratmeter im Schnitt 3840 Euro kostet, ist Wohneigentum längst kein realistisches Ziel mehr für Normalverdiener.

“Wir wollen ein kleines Haus – aber selbst das ist unerreichbar”

Ein Beispiel für die neue Realität auf Mallorca sind Marta und Pep. Die 35-Jährige arbeitet in einer Apotheke in Binissalem, ihr Freund Pep (40) ist selbstständiger Tanzlehrer. Gemeinsam träumen sie von einem kleinen Campo-Haus im Inselinneren, irgendwo zwischen Inca und Binissalem. Ihre Wunschimmobilie würde rund 500.000 Euro kosten – für das Paar völlig unerschwinglich.

„Wir wollen kein Luxushaus am Meer, nur ein kleines Stück Land, wo wir mit unserem Hund leben können“, erzählt Marta. „Aber selbst mit zwei Jobs kommen wir da nie hin.“ Gespräche mit Banken blieben bisher eher ernüchternd. 

Um ihre Traumimmobilie finanzieren zu können, müssten sie rund 130.000 Euro Eigenkapital plus Kaufnebenkosten auf den Tisch legen. Eine Summe, die sie sich einfach nicht leisten können.

Das belegen auch die Zahlen des Notariatsrates. So führen Mallorca und die übrigen Balearen Spaniens Statistik zur sogenannten „Anstrengungsquote“ an – also dem Maß, wie stark Haushalte finanziell belastet werden, um Eigentum zu erwerben. In diese Zahl fließen die aktuellen Immobilienpreise sowie die durchschnittlichen Gehälter der einheimischen Käufer ein. Auf Mallorca liegt dieser Wert bei 8,1, während der nationale Durchschnitt bei 5,1 stagniert.

„Mallorquiner müssen 60 Jahre arbeiten, um eine Immobilie abzahlen zu können“

Das bedeutet, dass die Bewohner Mallorcas umgerechnet im Schnitt mehr als 60 Jahre arbeiten müssten, um eine Immobilie vollständig abzubezahlen. Selbst mit zwei stabilen Einkommen ist Eigentum für viele Inselbewohner damit realistisch unerreichbar. 

Erschwerend kommt hinzu, dass auf Mallorca viele Menschen im Tourismusbereich arbeiten und nur Saisonverträge bekommen. Ob dieser Tatsache winken die meisten Bankberater direkt ab, wenn Kreditanträge gestellt werden. Insbesondere für junge Menschen wie Marta und Pep bedeutet das: Sie werden wohl niemals im eigenen Zuhause leben.

Seit Jahren wohnt das Paar mit ihrem Hund Odin deshalb in Martas alten Kinderzimmer bei ihren Eltern. „Das ist natürlich kein Dauerzustand – aber was sollen wir machen? Am Ende bleibt uns nur übrig, eine Wohnung zu mieten.“ Doch auch das ist alles andere als einfach. Denn auch die Mietpreise kennen seit Jahren auf Mallorca nur eine Richtung: steil nach oben.

Mallorca - fern vom Meer dürfen nur große Flächen bebaut werden werden
Mallorca - fern vom Meer dürfen nur große Flächen bebaut werden IMAGO / Zoonar

Wie Marta und Pep geht es Tausenden jungen Mallorquinern: Sie haben Arbeit, sie zahlen Steuern, sie lieben ihre Insel – aber sie werden vom Immobilienmarkt ausgeschlossen.

Unbebaute Flächen – Potential ohne Wirkung

Obwohl es auf Mallorca gerade im ländlichen Raum viele unbebaute Flächen gibt, bieten auch diese Gebiete kaum die Möglichkeit für neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum. Denn diese Flächen dürfen laut Gesetz nicht bebaut werden, wenn das Grundstück nicht mindestens 14.100 Quadratmeter groß ist. 

Und bei kleineren Grundstücken, die erschwinglich wären, geben die Behörden kein grünes Licht für den Bau von Fincas. „Viele solcher kleineren Grundstücke haben also keine Bewohnbarkeitsbescheinigung – entsprechend gewährt die Bank dafür auch keine Hypotheken“, berichtet Marta. „Also ein weiteres Handicap.“

Die soziale Spaltung auf der Insel wächst

Mallorca lebt vor dem Hintergrund dieser Art von Immobilienkrise längst in zwei Welten. Auf der einen Seite die reichen Investoren und Zweitwohnungsbesitzer, die die Immobilienpreise weiter in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite die Einheimischen, die trotz harter Arbeit keine Chance mehr auf Eigentum haben. 

„Das ist sehr frustrierend und traurig! Die aktuelle Situation für alle in unserem Alter zeigt klar: Es gibt ein Problem mit dem Wohnraum, das gelöst werden muss“, sagt Marta. „Ich hoffe wirklich, dass die Regierung eine Lösung findet.“

Wie tief der Frust sitzt, zeigt sich auf der Straße: In den vergangenen zwei Jahren kam es auf Mallorca immer wieder zu Demonstrationen, bei denen die Protestler lautstark von der Regierung Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum forderten.
Passiert ist bisher kaum etwas. Die Politik diskutiert weiter über Verkaufsbeschränkungen an Ausländer, doch konkrete Maßnahmen blieben bisher aus.

Mallorca bleibt das Paradies – nur nicht für alle

Mallorca ist Traumziel, Investmentparadies und Prestigeobjekt – aber für viele Inselbewohner längst kein Zuhause mehr, das man sich leisten kann. Der Markt boomt, doch der Preis ist hoch: Er wird von denen gezahlt, die hier leben.

Solange Politik und Gesellschaft keine wirksamen Grenzen ziehen, wird sich an der Entwicklung wenig ändern. Dann bleibt Mallorca zwar das Paradies – aber nur für jene, die es sich leisten können.