Mitten im Pakistan-Konflikt: Indien ordert Rafale-Kampfjets für seine Flugzeugträger

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Mehr Kraft auf See gegen Pakistan und China: Wie hier auf dem französischen Flugzeugträger Charles de Gaulle, will auch Indien für seine beiden Träger mit Rafael-Kampfjets verstärken. Ein Vertrag über 26 Maschinen ist jetzt unterschrieben worden. © Ted Aljibe / AFP

Zwei Nuklearmächte in der Krise: Die Spannungen in Südasien verschärfen sich. Indien rüstet seine Flugzeugträger nach, Pakistan fürchtet Eskalation.

Neu Delhi – „Indien ist zu einem wichtigen Partner für französische Hersteller geworden und deckt 28 Prozent der Importe ab“, hat Jean-Michel Bezat geschrieben. Im März hatte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI) seinen Jahresbericht über den Handel mit militärischer Ausrüstung veröffentlicht – demnach hatte Frankreich seine Position als zweitgrößter Waffenexporteur der Welt gefestigt, wie die französische Zeitung Le Monde meldet. Jetzt hat Stammkunde Indien zwei Jahre schwebende Verhandlungen finalisiert und einen 7,4 Milliarden Dollar schweren Vertrag zum Kauf von 26 Rafale-Kampfjets des französischen Flugzeugbauers Dassault unterzeichnet, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet. Und das, während sich die Lage zwischen Indien und dem Nachbarstaat Pakistan immer weiter zuspitzt – das Land denkt an einen Atomwaffen-Einsatz. Und auch gegen China will Indien Stärke demonstrieren.

Nachdem durch einem Angriff auf Touristen in Kaschmir 26 Männer getötet worden waren, stehen die Zeichen zwischen Indien und Pakistan auf Sturm. Beide Länder haben ihre Lufträume vorerst für Fluggesellschaften und Militärmaschinen gesperrt. Tatsächlich werden die jetzt bestellten Maschinen keine Rolle spielen in der aktuellen Krise. Die Gespräche zwischen der Kampfjet-Schmiede und der indischen Regierung laufen schon seit mindestens zwei Jahren, bevor die immer bestehenden Spannungen zwischen den Ländern derart eskaliert waren.

Indien rüstet Flugzeugträger mit Rafale-Jets nach: Bis 2030 sollen die Maschinen ausgeliefert sein

Gegenüber Reuters hatte der Dassault-Vorstandsvorsitzende Eric Trappier damals gesagt, Dassault befinde sich in Gesprächen über die Lieferung von 26 trägergestützten Rafales an die indische Marine, im Wettbewerb mit Boeings F/A-18 Super Hornets. Die Nachrichtenagentur meldete weiter, unbestätigten indischen Nachrichtenberichten zufolge habe die indische Marine der Regierung mitgeteilt, dass sie die Rafale bevorzuge. Wie das Verteidigungsministerium jetzt veröffentlicht, gründe sich die Entscheidung für die Rafale für die Marine darauf, dass auch die Luftwaffe Rafalesfliege und die Käufer dadurch in der Logistik Einsparpotenzial und in der Wartung Synergien versprechen.

„Es ist unwahrscheinlich, dass Indien sie in der Anfangsphase eines Krieges mit Pakistan einsetzen wird. Obwohl sie durch eine Reihe von Verteidigungssystemen geschützt sind , wäre ihre Versenkung zu diesem Zeitpunkt ein schwerer Schlag für die Moral der indischen Marine.“

Indien verfügt bisher über zwei Flugzeugträger – ein dritter sollte ursprünglich gebaut werden, allerdings scheint dieser Plan laut dem Magazin ThePrint aufgegeben worden zu sein; stattdessen will sich Indien stärker auf U-Boote konzentrieren. Seit 1961 betreibe die indische Marine Flugzeugträger und führt jetzt in ihrer Flotte das generalüberholte Gebrauchtschiff INS Vikramaditya sowie das etwas kleinere selbst gebaute Trägerschiff INS Vikrant. Auf diesen Schiffen sollen die Rafale-Kampfjets stationiert werden. Bis 2030 werden die Maschinen voraussichtlich ausgeliefert sein.

Bisher sei die MiG-29K das einzige trägergestützte Kampfflugzeug, über das Indien verfüge, schreibt Ahmad Ibrahim aktuell für den russischen Thinktank Russischer Rat für Internationale Angelegenheiten (RIAC). 45 dieser Maschinen waren für den Dienst in der indischen Marine vorgesehen gewesen, „aber die Flugzeuge sind noch immer für ihre technischen Pannen und Betriebseinschränkungen berüchtigt“, schreibt Ibrahim; ihm zufolge seien seit 2018 auch schon fünf Maschinen abgestürzt.

Indien trotz Trägern verwundbar: „Können kaum schlagkräftige Angriffe durchführen“

Ibrahim urteilt, dass die beiden vorhandenen Staffeln zu schwach seien, um die operativen Fähigkeiten der beiden Träger auszuschöpfen, beziehungsweise um gleichermaßen offensiv wie defensiv zu operieren. „Angesichts einer fragwürdigen Dauereinsatzrate können indische Träger kaum schlagkräftige Angriffe gegen ebenbürtige Gegner durchführen, insbesondere in hochintensiven Konfliktzonen mit mehreren Fronten“, schreibt Ibrahim für RIAC.

Die Rafale-Kampfjets sollen die MIG ergänzen. Jedenfalls verspricht sich Indien davon auch einen generellen Technologietransfer, wie das Verteidigungsministerium publiziert – im Einklang mit der dort vorherrschenden Doktrin des „Aatmanirbhar Bharat“ – des, frei übersetzt „autarken Indien“. Die Vereinbarung zwischen Dassault und der Regierung in Neu-Dehli umfasse neben den fertigen Kampfjets den Aufbau einer Produktionsanlage für Rafale-Rümpfe sowie Wartungs-, Reparatur- und Überholungsanlagen für Flugzeugtriebwerke, Sensoren und Waffen in Indien; die Regierung verspricht sich dadurch auch Tausende neuer Arbeitsplätze.

Ahmad Ibrahim geht als pakistanischer Wissenschaftler von einem Vorteil der pakistanischen Luftwaffe aus, wie er im Rahmen eines Aufsatzes für die RIAC darlegt, der indische ehemalige Testpilot und heutige Analyst Anil Chopra sieht Indien vorn. Fakt ist, dass die indische Luftwaffe zahlenmäßig besser dasteht; die pakistanische Luftwaffe ist ungefähr halb so groß. Laut Chopra in der Eurasien Times setzt Indien auf Jets der vierten Generation: Su-3-MKI, Rafale, Mirage 2000 und MiG-29. Indien fliegt die US-amerkanische F-16 der gleichen Generation sowie die chinesische J-10CE der Generation 4.5.

Indien vor Mehrfrontenkrieg: Pakistan nur ein erklärter Gegner; den zweiten findet das Land in China

Allerdings verfolgen beide Luftstreitkräfte offenbar andere Strategien, wie Ibrahim ausführt: Pakistan operiere offensiver aufgrund beschränkter Ressourcen: Ziel dieser Strategie sei, „bereits in der frühen Konfliktphase psychologische Dominanz über den Gegner zu erlangen, um eine Eskalationskontrolle zu erreichen“, wie Ibrahim schreibt. Laut Army Technology hatte Pakistan den chinesischen Kampfjet J-10C erst 2022 in die Luftstreitkräfte integriert. Die J-10C sei ein mittelschwerer Allwetterjet, der mit Luft-Luft-Raketen der vierten Generation wie der Kurzstreckenrakete PL-10 und der außer Sichtweite einsetzbaren PL-15 ausgestattet werden könne, so das Magazin – technologisch wäre Pakistan somit führend.

Die Reichweite der pakistanischen Luftwaffe würde aber laut Ahmad Ibrahim vor allem aufgrund deren Aufklärung schlagkräftig – sie verfüge über fast ein Dutzend AEW&C-Flugzeuge ( Airborne Early Warning and Control) chinesischer und schwedischer Herkunft, so Ibrahim. Ihm zufolge sei die pakistanische Luftwaffe, „die jede Aggression der indischen Gegenseite zuverlässig abwehren kann“, wie er schreibt. Deren Widerpart bildet die indische Luftwaffe, die, wie er analysiert, „als zahlenmäßig überlegene Streitmacht mit höherer Kampfkraft auf einen längeren, auf Abnutzung ausgerichteten Mehrfrontenkrieg vorbereitet“ sei. Indien verfügt über die fünftgrößte Luftwaffe der Welt.

Allerdings hat Indien mit Pakistan nur einen erklärten Gegner; den zweiten findet das Land in China, mit dem Indien seit Jahren einen Streit entlang einer geschätzt 4.000 Kilometer umfassenden Grenze führt. Beide Seiten arbeiten kontinuierlich an ihrer dortigen Infrastruktur und militärischen Präsenz. RIAC-Autor Ibrahim vermutet, dass Indien an seinem Konzept der Dominanz in einem Zweifrontenkrieg kaum wird festhalten können, zumal sowohl Indien als auch Pakistan Nuklearmächte sind.

Pakistan alarmiert: Atomwaffen-Einsatz nur, wenn „eine direkte Bedrohung unserer Existenz bestehe“

Parallel dazu meldet die Nachrichtenagentur Reuters aktuell, Pakistans Verteidigungsminister gehe davon aus, dass ein militärischer Einmarsch Indiens unmittelbar bevorstehe. „Wir haben unsere Streitkräfte verstärkt, weil die Lage unmittelbar bevorsteht. In dieser Situation müssen einige strategische Entscheidungen getroffen werden, und diese Entscheidungen wurden getroffen“, sagte Khawaja Muhammad Asif in einem Interview mit Reuters. Pakistan befinde sich in höchster Alarmbereitschaft, werde seine Atomwaffen jedoch nur einsetzen, wenn „eine direkte Bedrohung unserer Existenz bestehe“, ergänzte Asif.

Die pakistanische Marine hat vorrangig rund 1.000 Kilometer Küstenlinie zu verteidigen. Samran Ali ist überzeugt, in einem indisch-pakistanischen Konflikt spielten die beiden Flugzeugträger Indiens eine eher untergeordnete Rolle, wie der Analyst für den pakistanischen Thinktank Center for Strategic and Contemporary Research (CSCR) publiziert hat. Eine der Gründe sieht er in den fünf Angriffs-U-Booten der pakistanischen Marine – drei davon aus französischen Beständen, zwei als französische Lizenzbauten. Daneben verfügt die pakistanische Marine über mehre Fregatten, Korvetten sowie Schnellboote und Lenkwaffen-Systeme.

Allein deshalb beurteilt Analyst Ali den Einsatz der Träger als „heikle Entscheidung“ und quasi als ultima ratio, sollte Pakistan in einem Konflikt militärisches Übergewicht bekommen und der Einsatz eines Flugzeugträgers unabdingbar werden „Es ist unwahrscheinlich, dass Indien sie in der Anfangsphase eines Krieges mit Pakistan einsetzen wird. Obwohl sie durch eine Reihe von Verteidigungssystemen geschützt sind, wäre ihre Versenkung zu diesem Zeitpunkt ein schwerer Schlag für die Moral der indischen Marine.“

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