„Nicht zu behebender Schaden“ für die Wirtschaft – Top-Ökonom fürchtet sich vor Merz als Kanzler

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Friedrich Merz hat sich als Kanzlerkandidat von CDU und CSU positioniert. Wie steht er zur Wärmepumpe, dem Bürgergeld oder Verbrenner-Autos? Es gibt bereits Kritik an seinen Wirtschaftsplänen.

Berlin – CDU-Chef Friedrich Merz steht als Kanzlerkandidat von CDU und CSU fest – die „K-Frage“ sei geklärt. Bis zur Bundestagswahl ist es noch fast ein Jahr hin – wie hat sich Merz bislang zu verschiedenen Wirtschaftsthemen positioniert? Aus der Wirtschaft kommen bereits die ersten kritischen Stimmen zum frisch gebackenen Kanzlerkandidaten. Eine davon gehört Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaft.

DIW-Präsident kritisiert Friedrich Merz – „massiver und nicht zu behebender Schaden“

Laut dem DIW-Präsidenten Marcel Fratzscher wäre ein etwaiger Kanzler Merz eher ein Hindernis für eine wiedererstarkende Wirtschaft. Fratzscher zufolge sind Merz‘ Vorwürfe, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ampel-Koalition seien an der schwachen Konjunktur schuld, schlichtweg unglaubwürdig – und die Pläne, die die CDU bereits vorgelegt hat, seien „aus der Hüfte geschossen.“

Friedrich Merz besucht Andreas Rödders Buchvorstellung.
Friedrich Merz besucht Andreas Rödders Buchvorstellung (Symbolfoto). Friedrich Merz hat sich als Kanzlerkandidat positioniert. Wie steht er zur Wärmepumpe, dem Bürgergeld oder Verbrenner-Autos? Es gibt bereits Kritik. © IMAGO / Mauersberger

Mehr noch: Der deutschen Wirtschaft würde es „vermutlich schlechter gehen“, wenn Merz schon Kanzler wäre, zitierte die Neue Osnabrücker Zeitung den DIW-Präsidenten. Als Beispiel zog Fratzscher eine Drosselung vom Tempo der Transformation heran, die Merz versprochen hatte – dies würde die Deindustrialisierungsgefahr steigern und einen „massiven und nicht wieder zu behebenden Schaden“ anrichten. Kurz gesagt: „Aus volkswirtschaftlicher Perspektive stimmen mich Merz‘ Positionen daher sehr besorgt.“

Bis heute habe die CDU kein Wirtschaftsprogramm vorgelegt und außer Forderungen nach Steuersenkungen keine großen Pläne geäußert. Merz‘ Forderungen seien „von Widersprüchen gespickt“.

„Schuldenbremse ist richtig“ – Merz schlägt technologischen Ansatz für Energiewende vor

Hierfür hatte Merz in der Vergangenheit mehrere Beispiele geliefert. Eines davon betrifft die Schuldenbremse, hinter der der CDU-Chef sich bereits klar positioniert hatte. „Die Schuldenbremse, so wie sie im Grundgesetz angelegt ist, ist richtig“, hatte Friedrich Merz am 5. Juli in der ARD gesagt. „Sie hat bis heute dafür gesorgt, dass wir eben nicht zu hohe Schulden machen. Sie gibt viele Spielräume.“ Fratzscher zufolge raubt diese Haltung einer möglichen CDU-Regierung die Möglichkeiten, die Infrastruktur zu modernisieren oder die Energiekosten abzusenken.

Solche Modernisierungen – zusammen mit Investitionen – wären gerade unter Merz notwendig. In einem Interview für die Homepage der CDU/CSU hatte der jetzige Kanzlerkandidat einige Vorschläge geliefert, wie Deutschland auf die Netto-Null bei den Treibhausgasemissionen kommen könnte. Verbotspolitik, wie sie häufig den Grünen vorgeworfen wird, will Merz nicht – stattdessen brauche es einen optimistischeren Blick auf die Zukunft.

„Warum versuchen wir es nicht mit einem technologischen Ansatz, dem der Kreislaufwirtschaft? Die Stichworte heißen: CCS und CCU“, hatte Merz dazu gesagt und meinte damit die unterirdische Speicherung oder die Wiederverwertung von Kohlendioxid in fester Form. In verpresster Form sei solches CO₂ „ein werthaltiger Grundstoff, den die Industrie nutzen kann“. Wenn Deutschland die Energiewende auf diese Weise angehe, könnten wir bis 2045 „vielleicht sogar der Atmosphäre mehr CO₂ entziehen, als wir freisetzen“. Weiter erklärte Merz, dass ein intelligentes, „perfekt gesteuertes Stromnetz“ dabei helfen könne, den Energieverbrauch zu drosseln. Die Bundesregierung hatte im Frühling 2023 dazu ein Gesetz verabschiedet, das die dafür benötigten Smart Meter ab 2032 zum Standard in deutschen Haushalten machen soll.

Merz und die Wärmepumpe – Sinneswandel nach Heizungsgesetz-Debatte

Ein zweites Beispiel betrifft die wechselhafte Beziehung des CDU-Kanzlerkandidaten zur Wärmepumpe. Im Juni war Merz bei einer Veranstaltung des Berliner Energieunternehmens Enpal aufgetreten (das unter anderem die Installation von Wärmepumpen anbietet) und hatte dort klargemacht, dass die „CDU voll und ganz hinter dieser Wärmewende“ stehe. Merz kritisierte zunehmend den Fortschritt beim Ausbau der Wärmepumpe – eigentlich müssten schon viel mehr davon deutsche Haushalte versorgen.

Noch ein Jahr zuvor hatten Merz und die CDU dagegen Bemühungen der Ampel-Koalition torpediert, die einen zunehmenden Ausbau der Wärmepumpen bewirken sollten. Zum Beispiel hatte Merz das Gebäudeenergiegesetz (auch oft Heizungsgesetz genannt) als „fehlerhaftes“ Gesetz bezeichnet, das noch mal neu geschrieben werden müsste. Im August 2023 hatte Merz auf X (vormals Twitter) geschrieben: „Wir überlassen es Ingenieuren und nicht Ideologen, welche Technologien angewendet werden. Deshalb war das #Verbrennerverbot falsch. Deshalb ist die einseitige Ausrichtung auf Elektromobilität und #Wärmepumpe falsch. Die #Ampel reguliert von oben. Das ist der falsche Weg!“

In einem Interview, hochgeladen im selben Beitrag, gab Merz an, hinter die Aussage, dass die Wärmepumpe die beste Energiequelle sei, „ein großes Fragezeichen“ setzen zu wollen. Er hatte sich nicht konkret gegen die Wärmepumpe ausgesprochen – aber zumindest Zweifel gesät.

Merz will Bürgergeld-Reform – und stellt sich hinter den Verbrenner

Abschließend bemängelte der DIW-Chef Fratzscher auch Merz‘ Haltung zum Bürgergeld. „Überstunden steuerfrei stellen und das Bürgergeld abschaffen? Das bringt nicht annähernd ausreichend Menschen in Arbeit, das haben viele Studien erwiesen.“ So könne der Fachkräftemangel nicht bekämpft werden.

Allerdings hatte Merz im ARD-Format „Farbe bekennen“ vom 17. September noch angegeben, das Bürgergeld gar nicht gänzlich abschaffen zu wollen. Lediglich eine Reform hat er vorgesehen. Diese solle sicherstellen, „dass diejenigen, die arbeiten, am Ende des Monats mehr haben als die, die nicht arbeiten“. Zuletzt hatte sich Merz klar hinter Automobile mit Verbrennermotoren gestellt – unter seiner Regierung sollen diese weiter zugelassen sein.

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