Aiwanger bremst: Spektakuläre Volocopter-Ansiedlung in Bayern droht zu platzen

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Ein großer Flugtaxi-Plan scheint in Bayern zu scheitern. Aiwanger zeigt sich als Bremser des Fortschritts. Noch ist das Ergebnis der Verhandlungen offen.

Berlin/München – Vor sechs Wochen stand Hubert Aiwanger in den Hallen eines Flugtaxi-Herstellers und zeigte sich begeistert von den Prototypen. Wenn eine Firma Hilfe brauche von der Politik, solle sie sich melden. „Dann können wir die Bedenkenträger relativ schnell in Schach kriegen.“ Das klang sehr gut. Nun wachsen aber Zweifel an den Worten des Wirtschaftsministers. Denn einen der größten Bedenkenträger kennt Aiwanger gut: Es ist er selbst. Alles sieht danach aus, als ließen er und die Freien Wähler den Umzug eines großen Flugtaxi-Planers nach Bayern platzen. Tenor: Zu riskant.

Nach Informationen unserer Zeitung ist im Lauf des Dienstags (23. April) eine extrem wichtige Finanzierungs-Runde für das Unternehmen Volocopter vorerst gescheitert. Die Firma will mit privaten Investoren aus Deutschland, Japan und Saudi-Arabien Flugtaxis bauen, erst kleine Prototypen, dann den Serienbetrieb. Ob sich das trägt, ob es so durchschlägt wie von Optimisten erhofft, ist offen. Vorerst gibt es nur wenige Kilometer Reichweite und zwei Sitzplätze; doch es geht aufwärts bei den Akku-Laufzeiten. Und einen Vorvertrag mit dem ADAC über den Einstieg der Flugtaxis in die Luftrettung.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Freie Wähler. 12. Plenarsitzung des Bayerischen Landtags . Wirtschaftsminister und
Wirtschaftsminister und stellvertretender bayerischer Ministerpräsident Hubert Aiwanger, Freie Wähler (Archivbild) © IMAGO/Rolf Poss

Für die nächste Finanzierungsrunde braucht Volocopter jedenfalls eine staatliche Absicherung. Der Plan ist: Der Bund steuert über die KfW 100 Millionen Euro als Wandeldarlehen bei, Bayern bürgt davon für die Hälfte, also 50 Millionen Euro.

Söders Koalition droht Pläne des Volocopter-Umzugs nach Bayern zu durchkreuzen

Dafür würde Volocopter nach weit über einem Jahrzehnt seinen Standort in Bruchsal verlassen und nach Bayern ziehen, wohl nach Oberpfaffenhofen. Dem grün-schwarzen Baden-Württemberg, das keine Millionenbürgschaft eingehen wollte, ein hoffnungsfrohes Start-up abwerben? Das dürfte CSU-Chef Markus Söder sehr gefallen.

Allerdings macht seine Koalition nicht mit. Aus Berliner Kreisen heißt es, am Dienstagmorgen sei in Bayern eine Kettenreaktion ausgelöst worden. Die Freien Wähler legten vor der Kabinettssitzung ihr Veto gegen die Millionenbürgschaft ein. Damit kam das Thema nicht in den Ministerrat. Daraufhin wurden in Berlin Beratungen der Haushaltspolitiker mit dem Verkehrsministerium kurzfristig abgesagt. Bundesminister Volker Wissing (FDP) gilt als klarer Unterstützer, setzte sich 2023 schon ins Cockpit eines Prototypen in Bruchsal (am Boden) – er will Risiken aber aufteilen.

CSU-Wirtschaftsminister sieht in Volocopter-Deal „Riesenchance für Bayern“

Die Beteiligten im Freistaat äußern sich knapp. „Ich hätt‘s gemacht“, sagt Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU), „das ist eine Riesenchance für Bayern.“ Er sieht in Volocopter ein wissenschaftsgetriebenes Technologieprojekt, wichtig für die ganze Branche und auch Firmen wie Lilium und Airbus.

Aiwanger steckt erkennbar in der Zwickmühle. Wirtschaftsprüfer hatten auf hohe Risiken hingewiesen. Er will im Fall eines Totalverlustes von 50 Millionen Steuer-Euro nicht der Dumme sein; muss sich nun aber vorhalten lassen, sich statt um Hightech und Zukunft nur um Rotwildfütterung und Jagdrecht zu kümmern.

Wie es weitergeht, ist ungewiss. Die Uhr tickt, Mitte Mai tagen noch mal die Haushälter in Berlin. Äußerungen der Volocopter-Chefs lassen darauf schließen, dass die Lage sehr heikel ist ohne Staatshilfe. Man befinde ich in einem „extrem herausfordernden Investitionsumfeld“, teilte das Unternehmen dem „Spiegel“ mit. (Christian Deutschländer)

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