Schadenersatz von der Schufa - so stehen ihre Chancen

Einem Bremer ist gelungen, wovon viele Menschen träumen: Das Landgericht Bremen sprach ihm laut "Bild" 1000 Euro Schadenersatz zu, weil ihm mehrere Verträge wegen seines schlechten Schufa-Scores automatisch verweigert worden waren. Es handele sich unter anderem Miet-, Kauf- und Versicherungsverträge. 

Das Urteil betrifft alle Menschen in Deutschland, denn die Rechtslage ist in diesem Fall eindeutig. Für jeden Menschen in Deutschland ändern sich daher künftig die Berechnung seines Scores, Einspruchsmöglichkeiten und Auskunftsrechte

Automatische Entscheidungen nach Schufa-Score verstoßen gegen DSGVO

Die Schufa berechnet einen automatischen Wert zwischen 0 und 100, den sogenannten Schufa-Score. Diese soll die Wahrscheinlichkeit anzeigen, dass ein Kunde einen Kredit zurückzahlen kann. Je höher der Wert, desto besser.

Zur Berechnung dieses Wertes sammelt die Schufa Daten über alle Verbraucher: Anzahl der Kreditkarten, bestehende Mahnverfahren und alles, was die Zahlungsfähigkeit noch beeinflusst.

Banken, Firmen und Vermieter nutzen den Score, um Kunden zu beurteilen. Je schlechter der Schufa-Score, umso teurer der Kredit. Bei ganz schlechtem Score fällt der Kredit aus.

Grundsätzlich bleibt dies auch weiter so. Der Schufa-Score dürfe aber nicht maßgebliche Kriterium für die Entscheidung über wichtige Verträge sein, bemängelte nun das Landgericht Bremen. Scheitert der Kredit oder der Mietvertrag hauptsächlich am Schufa-Score, verstoße dies gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Für Verbraucher in ganz Deutschland wichtig ist der Richtspruch, weil die Bremer mit ihrer Meinung nicht allein stehen.

Bis zu 3000 Euro Schadenersatz

Das Bremer Urteil reiht sich ein in ähnliche Richtsprüche auf ähnliche Klagen. 

  • Im März sprach das Landgericht Bamberg einem Kläger ebenfalls 1000 Euro zu, weil die automatische Bonitätsbewertung gegen die DSGVO verstoße, wenn daran kein Mensch beteiligt sei.
  • Im Mai sprach das Landgericht Bayreuth aus dem gleichen Grund einer Klägerin 3000 Euro zu.
  • Hintergrund der Entscheidungen: Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Dezember 2023 entschieden, dass Bonitätsbewertungen, die wichtige Grundlage für Verträge wie Kredite bilden, nie rein automatisch ablaufen dürfen. Der Gerichtshof verwies dabei auf Artikel 22 der DSGVO.

"Die betroffene Person hat das Recht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung - einschließlich Profiling - beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt." Datenschutz-Grundverordnung, Kapitel III - Rechte der betroffenen Person, Artikel 22

Die Schufa müsse davon ausgehen, dass viele Unternehmen Kunden maßgeblich nach deren Schufa-Score beurteilen, meint der Europäische Gerichtshof. Das sei unzulässig. Dies könne die Schufa aber recht einfach umgehen, indem sie Unternehmen verpflichtet, auch andere Kriterien zu nutzen, meinen Rechtsexperten. Das Ende der Schufa leitet das Urteil also nicht ein. Für Verbraucher bringt es dennoch Vorteile. 

Verbraucher können auf menschliche Entscheidung bestehen

Für Verbraucher heißt das: Die Entscheidungen der Gerichte sprechen ihnen mehr Rechte gegenüber der Schufa zu:

  1. Auskunft: Verbraucher können nach Artikel 15 der DSGVO detaillierte Auskunft über die Berechnung ihres Scores verlangen. Wie kommt er zustande? Was spielt wie hinein?
  2. Menschliche Prüfung: Lehnt eine Bank einen Kredit wegen des automatischen Scores ab, können Verbraucher auf eine Prüfung durch einen Menschen bestehen.
  3. Löschung von Daten: Verbraucher können Score-Daten nach Art. 17 DSGVO löschen lassen, falls die automatisierte Verarbeitung unzulässig war.
  4. Schadenersatzanspruch: Bei unzulässiger Verarbeitung können Verbraucher Schadenersatz fordern.

Diese Rechte können Verbraucher einfordern und notfalls einklagen.

Schadenersatz von der Schufa bleibt wohl Ausnahme

Die Entscheidungen der Gerichte verbessern die Möglichkeiten von Verbrauchern, um auch außerhalb von Gerichten gegen abgelehnte Kredite und andere Verträge vorzugehen. 

Hoffnungen auf Schadensersatz dürften aber meist unerfüllt bleiben:

  • Erfolgreiche Kläger erhielten bislang vor Gericht Schadenersatz in Höhe von 1000 bis 3000 Euro.
  • Demgegenüber steht das Risiko einer Niederlage. Die Schufa sagt der "Bild", Gerichte wiesen 95 Prozent der Klagen ab.
  • Das dürfte daran liegen, dass sich Banken ohnehin nicht ausschließlich auf den Schufa-Score verlassen, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen: "Da spielen andere Informationen eine Rolle, Informationen, die die Bank über ihre Kunden ohnehin hat: Einkünfte, Vermögenswerte und so weiter."
  • Bei Handy- oder Energieverträgen sei dies anders. Die Anbieter entscheiden oft innerhalb von Sekunden über Online-Vertragsanfragen. Künftig könnten sie entweder Menschen einbinden und die Entscheidung verlängern oder vom Kunden die Erlaubnis einholen, den Score nutzen zu dürfen. Auch dann lohnen sich Klagen kaum.
  • Auch im Fall des Bremer-Klägers will die Schufa in Revision gehen. "Wir sind zuversichtlich, dass auch in diesem Fall in der zweiten Instanz für uns entschieden wird.“
  • Für Kläger heißt das: Die Schufa kämpft bis zum Schluss. Langer Rechtsstreit, bescheidene Erfolgschancen.

Neuer Schufa-Score soll Probleme lösen

Auch ohne Gerichtsstreit verspricht die Schufa Verbrauchern aber Verbesserungen: Sie hat ihren Score angepasst. Die neue, einfachere Berechnung soll mehr Transparenz bieten, leichter nachvollziehbar sein und alle Regeln berücksichtigen. Die Möglichkeit zur kostenlosen Dateneinsicht einmal jährlich gibt es schon länger.

Was sich laut Schufa ebenfalls für Verbraucher verbessern soll: Anfragen innerhalb von 28 Tagen werden zu einer Anfrage zusammengefasst:

  • Nehmen wir an, ein Kunde erkundigt sich innerhalb von drei Wochen bei drei Banken nach den Konditionen für eine Kreditkarte und unterschreibt dann bei einer Bank einen Vertrag.
  • Bislang fließen drei Kreditkartenanfragen und ein neuer Kreditvertrag in den Schufa-Score. Das kann diesen deutlich verschlechtern.
  • Künftig zählt alles zu einer Anfrage. Das verbessert den Score und soll Kunden davon befreien, ihre Schufa-Einträge mühsam selbst auszumisten.

Erste Unternehmen testen derzeit den neuen Score, sagt die Schufa. Gegen Ende des Jahres sollen Kunden den neuen Score in ihrem Schufa-Konto einsehen können.

Verbraucherzentrale rät: Score kennen und prüfen

Die Verbraucherzentralen raten allen Verbrauchern, ihren Schufa-Score zu kennen. "Jeder sollte einmal im Jahr die kostenlose Schufa-Auskunft in Anspruch nehmen", sagt Oelmann. Stehen darin falsche Daten, lasse sich das Problem idealerweise mit zwei Anrufen und einer Mail lösen. Dauere es länger, sei dies den Aufwand wert: Besser jetzt den Aufwand, als später die abgelehnte Hypothek.