Öl-Vorkommen direkt an deutscher Grenze: „Historische“ Entdeckung löst Sorge in Urlaubs-Idyll aus

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Touristen im Ostseebad am Strand von Usedom in der Nähe der Seebrücke. © picture alliance/dpa | Stefan Sauer

Ein gigantisches Ölvorkommen nahe der deutschen Grenze sorgt für Aufsehen. Polen freut sich über mehr Energiesicherheit, doch Umweltschützer sind besorgt.

Swinoujscie – Das kanadische Unternehmen Central European Petroleum BV (CEP) hat vor der polnischen Ostseeküste Erdöl- und Erdgasvorkommen entdeckt. Unternehmensangaben zufolge befinden sich dort etwa 200 Millionen Barrel Öläquivalent – in unmittelbarer Nähe zur deutschen Ferieninsel Usedom. „Dies ist ein historischer Moment – sowohl für Central European Petroleum als auch für den polnischen Energiesektor“, erklärte Rolf Skaar, CEO des Unternehmens laut einer Mitteilung.

Öl vor Usedom: Bürgermeisterin warnt vor „industriepolitischem Pokerspiel“

Bei Bohrungen nahe der Hafenstadt Swinoujscie (Swinemünde) wurden laut CEP rund 22 Millionen Tonnen Erdöl und 5 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefunden. Insgesamt schätzt das Unternehmen die förderbaren Vorkommen vor der Insel Wolin auf über 33 Millionen Tonnen Öl und 27 Milliarden Kubikmeter Gas. Sollte sich das Vorkommen bestätigen, könnte es die Abhängigkeit Polens von Energieimporten verringern.

Der polnische Chefgeologe Krzysztof Galos sagte, es wäre der größte Fund in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg. Eine Förderung könnte optimistischen Schätzungen zufolge in drei bis vier Jahren beginnen, sofern alle Genehmigungen und Umweltauflagen erfüllt werden. Der Fund könnte dann jährlich vier bis fünf Prozent des polnischen Ölbedarfs decken.

Riesiger Öl-Fund nahe der deutschen Grenze besorgt Bürgermeisterin – „wir fordern Aufklärung“

Die Entdeckung liegt in der Nähe von Swinemünde und ist somit auch in Sichtweite des deutschen Teils der Ferieninsel Usedom, die jährlich von etwa einer Million Touristen besucht wird. Laura Isabelle Marisken, Bürgermeisterin im Ostseebad Heringsdorf auf Usedom, äußerte sich im Gespräch mit Bild besorgt: „Wir fordern Aufklärung über das gemeldete Ölvorkommen in unmittelbarer Grenznähe sowie eine klare, aktive Haltung der Landesregierung zum Schutz unserer Region.“

Die Bürgermeisterin betonte zudem: „Unsere Gemeinde liegt in einem besonders schützenswerten Naturraum – wir tun alles, um unsere Küste, unser Meer und unsere Lebensqualität dauerhaft zu bewahren.“ Das Ostseebad Heringsdorf sei „kein Ort für industriepolitisches Pokerspiel“.

Kritik an Bohrplänen vor der Küste Usedoms: Ostseeschutz bedroht?

Offizielle Reaktionen aus Berlin stehen noch aus. Deutsche Umweltorganisationen und Thinktanks warnen laut dem polnischen Sender TVP Info vor „ernsthaften Risiken“ für das Ökosystem der Ostsee. Die Umweltschutzgruppe „Lebensraum Vorpommern“ kritisierte bereits im März in einer Mitteilung, dass die polnische Regierung im Begriff sei, „die naturgeschützte Wolliner Ostsee-Küste zu zerstören“. Sie warnten, dass „größere Havarien von Öl- und LNG-Tankern, von Containerschiffen, von Bohrtürmen in der Bucht, die giftiges Sauergas und Ölgemische fördern, die gesamte Vorpommersche Bucht in eine Kloake verwandeln würde“.

CEP hat seit 2017 eine Lizenz zur Exploration vor der westlichen polnischen Küste. Die Bohrungen vor Usedom erreichten eine Tiefe von bis zu 2.715 Metern in 9,5 Meter tiefem Wasser. Das Unternehmen sieht im Lizenzgebiet „Wolin East“ weiteres Potenzial. „Wolin East ist mehr als nur ein vielversprechendes Feld – es ist eine gemeinsame Chance, das geologische und energetische Potenzial der Ostsee vollständig zu erschließen“, betonte CEP-CEO Skaar. Das kanadische Unternehmen schätzt das Förderpotenzial dort auf über 400 Millionen Barrel Öläquivalent. Ein Barrel Öläquivalent entspricht der Energie von 159 Litern Rohöl, etwa 6,1 Gigajoule.

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