Mehrbedarf für Bürgergeld-Bezieher: Bestimmte Lebenssituationen gewähren einen Anspruch
Das Bürgergeld-System steht oft in der Kritik, zu viel Unterstützung für wenig Leistung zu gewähren. Was gehört neben Miete und Heizung zum Mehrbedarf?
Berlin – „Vollzeitarbeit“ lohnt sich nicht und „Bürgergeld-Empfänger bekommen ein schönes Leben bezahlt“ sind nur einige der Aussagen, die man seit Einführung des Hartz IV-Nachfolgers immer wieder liest und hört. Dass das nicht in allen Punkten stimmt, zeigt die Gesetzeslage. In gewissen Situation erhalten Bedürftige eine Zahlung für sogenannten „Mehrbedarf“.
Schwangere und Alleinerziehende bekommen Pauschale zusätzlich zum Bürgergeld-Regelsatz
Auf Social Media gibt es immer wieder irreführende Videos zum Thema Finanzen. Dort äußern Influencer ihre Meinung zu staatlichen Leistungen und verwenden dabei auch falsche Rechenbeispiele, wie eine Analyse von Social Capital Markets zeigt. Dass sich Arbeit in Deutschland nicht mehr lohne und am Ende weniger übrig bleibe als mit Bürgergeld-Bezug kann schon mit einer einfachen Rechnung entkräftet werden. Für Geringverdiener mit Mindestlohn und hohen Ausgaben für Kinder, Familie und Freizeit kann durchaus stimmen, dass unterm Strich am Monatsende nicht viel Puffer bleibt.
Auch im Podcast „Lanz und Precht“ verhedderten sich die beiden bekannten TV-Stars beim Thema Bürgergeld. Eine Übersicht zu Mehrbedarfszahlungen zeigt, dass Bürgergeld-Empfänger nicht jeden Freizeitspaß bezahlt bekommen. Die Extra-Pauschale soll eine menschenwürdige Lebenssituation schaffen. Das betrifft etwa Themen wie Schwangerschaft, Behinderung und chronische Krankheiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) listet die konkreten Zahlungen auf seiner Webseite auf. So haben schwangere Bürgergeld-Empfängerinnen Anspruch auf einen Mehrbedarf von 17 Prozent zum Regelsatz (derzeit 563 Euro) ab der 13. Schwangerschaftswoche. Dieser wird bis zum Ende des Monats der Entbindung gewährt.
Mehrbedarf als Bürgergeld-Empfänger – diese Ansprüche gelten
Für Alleinstehende sind das rund 95 Euro, in einer Partnerschaft rund 86 Euro mehr pro Monat für alle Aufwendungen, die anfallen: Geburtsausstattung, Einrichtung, Lebensmittel. Auf eine Schwangerschaft mit 40 Wochen hochgerechnet sind das gesamt rund 2.500 Euro Extra-Unterstützung. Zum Vergleich: Für Arbeitnehmerinnen greift das Mutterschutzgesetz, ab sechs Wochen vor der errechneten Geburt und acht Wochen danach erhalten Schwangere mit dem Mutterschutzlohn eine Lohnfortzahlung von ihrem Arbeitgeber in Höhe des aktuellen Bruttogehalts.
Für gesetzlich Versicherte werden geburtsvorbereitende Maßnahmen meist flächendeckend von der Krankenkasse übernommen. Mit der Geburt steht sowohl Arbeitnehmerinnen als auch Bürgergeld-Empfängerinnen Kindergeld in Höhe von 255 Euro pro Kind zu. Das wird bei Bürgergeld-Empfängern allerdings mit dem Mehraufwand für Kinder verrechnet. Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen können Unterstützung in Form eines Kinderzuschlags erhalten. 2025 liegt der bei bis zu 297 Euro pro Kind im Monat.
Wie gegen-hartz.de erklärt, können auch Elternteile mit Umgangsrecht für ihre Auslagen als Bürgergeld-Empfänger einen Mehraufwand gelten machen. Das betrifft zum Beispiel Fahrt-, Verpflegungs- oder Unterbringungskosten für das zu betreuende Kind. Vor kurzem sorgte eine Prämie für Bürgergeld-Empfänger für Diskussionen.
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Bürgergeld: Alleinerziehende profitieren mit einem oder ab fünf Kinder
Alleinerziehende (Mütter und Väter) können einen Mehrbedarf erhalten, abhängig von der Anzahl der Kinder und deren Alter. Ein Kind bis sieben Jahre wird mit einem Mehrbedarf an monatlichen Ausgaben in Höhe von 36 Prozent gleichgesetzt. Das entspricht aktuell 202,68 Euro, die zusätzlich zum Regelsatz monatlich zur Verfügung stehen. Dieselbe Gesamtsumme gilt allerdings auch für zwei oder drei Kinder bis 16 Jahre. Ab vier Kindern steht den Alleinerziehenden 48 Prozent des Regelbedarfs zu, ab fünf Kindern 60 Prozent.
Auch bei chronischen Krankheiten zahlt das Jobcenter einen Mehrbedarf. Vorab müssen Bürgergeld-Empfänger einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen, der einige Tücken hat. Der Mehrbedarf dient zum Beispiel zur Umsetzung einer kostenaufwendigeren Ernährung. Wer etwa unter Zöliakie leidet und zu glutenfreien Ersatzprodukten greifen muss, erhält dafür 20 Prozent mehr vom Regelsatz, was derzeit also 112,60 Euro betrifft. Auch Aids, Multiple Sklerose (MS) oder chronische Darmerkrankungen erfordern laut BAMS-Tabelle einen Mehrbedarf.

Bei einer Behinderung wird zwischen erwerbstätig und erwerbsgemindert unterschieden
Im Fall einer Behinderung können bürgergeldberechtigte Menschen einen Mehrbedarf von 35 Prozent geltend machen, sofern sie an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnehmen oder Hilfen zur Schulbildung/Ausbildung erhalten. Ebenso erhalten voll erwerbsgeminderte Bürgergeld-Empfänger mit einem Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „G“ einen Mehrbedarf von 17 Prozent der Regelleistung. Genau wie Schwangere pro Monat also 95,71 Euro im Höchstfall.
Für erwerbsfähige Bürgergeldberechtigte mit Behinderungen hingegen wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des Regelbedarfs anerkannt. Voraussetzung ist hier ebenfalls, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden oder sonstige Hilfen für die Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes genehmigt wurden.
Zusätzlich besteht Mehrbedarf für Warmwasser, Heizung und für regelmäßig wiederkehrende und unabweisbare Kosten, etwa Haushaltshilfen, Nachhilfeunterricht oder ärztlich empfohlene Hygiene- oder Pflegeartikel. Laut gegen-hartz.de können diese Kosten von Fall zu Fall unterschiedlich sein, weshalb keine einheitliche Liste existiert. Dass alleinerziehend und pflegebedürftig für das Jobcenter eine Herausforderung darstellt, bekam die Mutter die Mutter eines behinderten Jungen zu spüren. (diase)