15 Euro Mindestlohn gefordert – und die Grünen wollen noch weiter gehen
Die Grünen wollen den Mindestlohn anpassen. In Deutschland sei er aktuell nicht hoch genug. Die Partei legt Vorschläge dazu vor.
Berlin – Die Vertrauensfrage ist durch – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat keine Mehrheit mehr für seine rot-grüne Regierung. Im Februar finden daher Neuwahlen statt. Nach und nach bringen sich die Parteien in Stellung für einen Wahlkampf nach Weihnachten. Bei den Grünen steht unter anderem eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns auf dem Papier – und der Einschluss einer bisher ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppe.
Grünen-Vorschlag zum Mindestlohn – Auch für Minderjährige
„Wir unterstützen gute Arbeit durch faire Löhne und einen höheren Mindestlohn“, schreiben die Grünen in ihrem Wahlprogramm. Leistung müsse auch anerkannt werden, soweit die Argumentation, außerdem müsse die Inflation der vergangenen Jahre ausgeglichen werden. Darum müsse der Mindestlohn im Jahr 2025 auf 15 Euro steigen (von derzeit 12,41 Euro brutto, im neuen Jahr soll er 12,82 Euro betragen) und weiterhin auch für minderjährige Arbeitnehmer gelten. Das entspreche den Vorgaben, die bei der Umsetzung der Mindestlohnrichtlinie der Europäischen Union (EU) einzuhalten seien.

Die Grünen fordern weiter eine stärkere Tarifbindung. „Wer nach Tarif arbeitet, verdient im Schnitt mehr und das unter besseren Arbeitsbedingungen“, erklärte die Partei. Daher soll die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen simpler werden. Ein höherer Mindestlohn soll zu einem Abbau von „prekärer“ Beschäftigung führen und die Renten stärken.
Eigentlich gilt der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmer ab 18 Jahren. Allerdings – so teilte die Bundesregierung mit – haben auch Praktikanten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf den Mindestlohn. Zur Berufsausbildung Beschäftigte, ehrenamtlich Tätige, Selbstständige oder Menschen mit Behinderungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten fallen laut Regierung nicht in die Definitionen des Mindestlohngesetzes als Arbeitnehmer.
Mindestlohn für Menschen mit Behinderung – „Potenziale gleichberechtigt einbringen“
Bei Letzteren planen die Grünen ebenfalls eine Anpassung. „Wir wollen, dass Menschen mit Behinderung ihre Potenziale gleichberechtigt auch auf dem ersten Arbeitsmarkt einbringen und zu unserem Wohlstand beitragen können“, heißt es im Wahlprogramm. Das heutige „ausgrenzende“ Werkstättensystem will die Partei in Richtung „Inklusionsunternehmen“ weiterentwickeln, in denen Menschen „mit und ohne Behinderung“ zusammen arbeiten sollen und „mindestens nach Mindestlohn entlohnt“ werden. Weiter soll es ihnen möglich sein, Rentenansprüche zu erwerben.
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Die Mindestlohndebatte hält Akteure in Wirtschaft und Politik schon seit Jahren in Atem. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert ebenfalls eine Erhöhung auf rund 15 Euro, wobei er auch auf die EU-Mindestlohnrichtlinie verwies. „Demnach gelten Mindestlöhne als angemessen, wenn sie mindestens 60 Prozent des mittleren gesamtwirtschaftlichen Lohns von Vollzeitbeschäftigten (Medianlohn) entsprechen.“
„Das kann Jobs kosten“ – Kritik an höherem Mindestlohn
Hagen Lesch, Tarifexperte beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), sieht das anders. Er stufte die Debatte um den Mindestlohn als „problematisch“ ein. Sie falle jetzt genau in eine Zeit, in der der Arbeitsmarkt zu schwächeln beginne und sich „das konjunkturelle Umfeld deutlich eingetrübt“ habe. „Irgendwann ist beim Mindestlohn der Kipppunkt erreicht. Das kann Jobs in bestimmten Bereichen kosten. Dann gibt es keine Bäckereien mehr, sondern Ketten mit Industrieware.“
Um ihre Vorhaben zu finanzieren, haben die Grünen vorrangig zwei finanzielle Hebel vorgesehen: Den Deutschlandfonds und eine höhere Kreditaufnahme, die durch eine Reform der Schuldenbremse ermöglicht werden soll. Bei vielen Vorhaben ist allerdings nicht klar aufgeschlüsselt, aus welcher dieser Quellen welche Gelder stammen sollen.