Stimmzettel kommen spät: „Es wird bundesweit Ärger geben“
Der Terminplan bis zur Bundestagswahl am 23. Februar ist extrem. Die Gemeinden fürchten: Viele werden Wahlunterlagen nicht rechtzeitig bekommen.
„Das ist alles extrem sportlich geplant“, kommentiert der Benediktbeurer Geschäftsleiter Michael Herrmann. Probleme könnte es vor allem für diejenigen geben, die Briefwahl machen wollen oder müssen. Er prophezeit: „Viele werden ihre Wahlunterlagen nicht rechtzeitig bekommen – es wird im Nachgang bundesweit viel Ärger geben.“
170 Wahlhelfer alleine in Bad Tölz im Einsatz
Wegen der Kürze der Zeit müssten viele Abläufe parallel erfolgen, erläutert Birte Stahl, Pressesprecherin der Stadt Bad Tölz: Wahlverzeichnis erstellen, Wahlbenachrichtigungen verschicken, 170 Wahlhelfer akquirieren, die Wahllokale vorbereiten. 41 Parteien sind zur Wahl zugelassen. Nun müssen die Bundes-, Landes und Kreiswahlausschüsse bis zum 30. Januar über die endgültige Zulassung der Kandidaten entscheiden. Erst danach könnten die Wahlzettel gedruckt werden, erläutert Stahl.
„Die ersten waren schon in der Gemeinde, um Briefwahl zu beantragen“
Das Problem: Die Wahlbenachrichtigungen sind vielerorts bereits verschickt. In der Regel erfolgt das durch einen externen Dienstleister. „Die ersten waren schon in der Gemeinde, um Briefwahl zu beantragen“, berichtet die Lenggrieser Rathaus-Pressesprecherin Birgit Kirstein. Mitnehmen konnten sie die Unterlagen aber natürlich nicht, weil diese eben noch gar nicht gedruckt sind. „Wir haben auch noch keine Information erhalten, wann die Wahlunterlagen vorliegen“, sagt Kirstein. Sie verspricht: „Sobald diese eintreffen, holen wir die Stimmzettel direkt beim Landratsamt ab.“
Zweiwöchiges Zeitfenster für Briefwahl
Konkreteres weiß der Benediktbeurer Geschäftsleiter Michael Herrmann. Er hat erfahren, dass die Stimmzettel erst am 11. Februar in der Gemeinde eintreffen werden. Für die gesamte Briefwahl gebe es somit nur ein Zeitfenster von zwei Wochen – üblich seien drei bis vier Wochen. Dies sei ein Problem, gerade für Auslands-Deutsche. Etliche Benedikt㈠beurer würden beispielsweise in Namibia und Südafrika leben. Es sei kaum zu erwarten, dass das Zusenden und Zurückschicken der Unterlagen innerhalb von zwölf Tagen über die Bühne gehen könne.
Express-Zustellung nach Afrika ist zu teuer
Um sicherzugehen, dass die Unterlagen rechtzeitig ankommen, sei eigentlich eine Express-Sendung notwendig. Diese würde aber sowohl die Wähler als auch die Gemeinde 30 bis 40 Euro kosten. Dieser Betrag werde weder der Gemeinde noch den Wählern erstattet. Die Kommune verzichte daher auf den Express-Versand. Herrmann: „Wenn es nur um einen einzelnen Wähler in Afrika gehen würde, könnte man sagen: Machen wir es halt. Aber bei mehreren Wählern läppert sich ganz schön was zusammen.“
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Auch Urlauber könnten Probleme bekommen
Das zu knappe Zeitfenster bringe darüber hinaus auch einige Urlauber in Bedrängnis, gibt Herrmann zu bedenken: „Wenn mich Leute fragen: Wir sind vom 11. Februar bis 23. Februar im Urlaub, wie sollen wir wählen?, muss ich antworten: Gar nicht.“ Dies werde seiner Einschätzung nach für weiteren Unmut sorgen: „Ich weiß nicht, warum man die ganze Sache so über das Knie brechen muss.“
Briefwahl kann schon beantragt werden
Beantragt werden kann die Briefwahl allerdings schon jetzt. In Bad Tölz geht das beispielsweise über die Internetseite der Stadt, persönlich im Wahlamt oder den auf der Benachrichtigung aufgedruckten QR-Code. Sind die Wahlunterlagen dann endlich da, sollten sie schnellstmöglich ausgefüllt zurückgeschickt werden. „Bitte hier unbedingt die Laufzeiten der Post beachten“, rät Stahl. Auf Nummer sicher geht, wer die Unterlagen persönlich abgibt. In Tölz steht dafür eine Urne bereit. Auch der Einwurf im Briefkasten am Zentraleingang ist möglich. Wie auch immer: Spätestens am 23. Februar um 18 Uhr muss der Stimmzettel im Rathaus eingegangen sein.
„Das ganze Haus hilft zusammen“
Das knappe Zeitfenster bringe übrigens auch die Verwaltung in Bedrängnis, sagt Herrmann. Innerhalb von einer guten Woche müssten alle Unterlagen eingepackt, verschickt und entgegengenommen werden.
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Das ganze Haus hilft da zusammen. Jeder, der etwas Luft hat, hilft beim Einpacken. Damit kommen wir schon klar“ Am Wahltag selbst seien in Benediktbeuern 38 Wahlhelfer im Einsatz und in Bichl 21.