CSU-Abgeordneter nach Abstimmungseklat: „Wir verhandeln nicht mit der AfD“
Vor allem mithilfe der AfD-Stimmen brachten CDU/CSU einen Antrag auf Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durch. Dafür hagelte es Kritik. Wie sehen die Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis, Alexander Radwan (CSU) und Karl Bär (Grüne), das Ganze am Tag nach der Abstimmung?
Bad Tölz-Wolfratshausen – „Wir haben gestern im Bundestag einen historischen Tabubruch erlebt“, sagt Karl Bär (Grüne) am Donnerstag, einen Tag nach dem Abstimmungs-Eklat im Bundestag. „CDU/CSU haben gemeinsam mit der AfD einen Antrag durchgebracht – entgegen aller bisherigen Praxis seit der Gründung der Bundesrepublik und entgegen konkreter Zusagen für die Zeit nach dem Koalitionsbruch.“ Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz habe das „sehr bewusst gemacht und keine Verhandlungen zu Inhalten mit SPD und Grünen gesucht“, so Bär. Beim Ergebnis habe es nur von der AfD Applaus gegeben. Merz riskiere, dass die CDU ende wie die konservativen Volksparteien in Österreich, Frankreich oder Italien: „geschrumpft und überholt von extrem Rechten“.

Ich halte es sogar für möglich, dass die Union mit der AfD koaliert
Die Entscheidung zeigt für Bär, dass eine Zusammenarbeit von Union und AfD nicht mehr ausgeschlossen sei. „Ich halte es sogar für möglich, dass die Union mit der AfD koaliert. Siehe Österreich.“ Persönlich enttäuscht sei er von seinem CSU-Kollegen Radwan. Im April 2024 habe der sich noch in einem Interview mit dem Tölzer Kurier deutlich gegen die AfD ausgesprochen, nun „stimmt er gemeinsam mit Rechtsextremen aus dieser Partei für eine Mehrheit im Bundestag“.

Wir reden nicht mit der AfD, wir verhandeln nicht mit ihr. Wie sie abstimmt, ist ihre Sache
Radwan sieht das vollkommen anders. „Wir dürfen der AfD keine Macht über uns geben“, sagt er. Daher müsse es der Union doch möglich sein, die eigenen Positionen in einem Antrag einzubringen. „Wir reden nicht mit der AfD, wir verhandeln nicht mit ihr. Wie sie abstimmt, ist ihre Sache.“ Auf die Frage, warum die Union den Antrag ausgerechnet jetzt gestellt hat, hat der CSU-Politiker eine klare Antwort. „Wir müssen jetzt ins Handeln kommen.“ Es brauche jetzt eine andere Flüchtlings- und Asylpolitik. Dass die SPD und die Grünen das nicht mittragen würden, „lässt mich an ihnen verzweifeln“, sagt Radwan. Dass sie die wichtigen Themen nicht anpacken würden – „diese Realitätsverweigerung ist der Katalysator für die AfD“. Man erkenne es auch daran, „dass die Grünen im Wahlprogramm, das nach Aschaffenburg beschlossen wurde, den Familiennachzug sogar noch erweitern wollen“.
Nach Anschlägen wie in Aschenburg reiche es nicht aus, „nur betroffen zu sein“
Nach Anschlägen wie zuletzt in Aschaffenburg oder in Solingen „reicht es einfach nicht, nur immer betroffen zu sein“, betont Radwan. Menschen, die keine Aussicht auf Asyl haben, sollten am besten nicht einreisen dürfen, Geflüchtete, die ausreisepflichtig sind, möglichst rasch das Land verlassen. „Aber die, die zurecht hier bei uns sind, sollten menschenwürdig behandelt werden. Das unterscheidet uns unter anderem von der AfD“, so Radwan.
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Er sieht nicht die Gefahr, dass sich die Union der AfD annähert. Vielmehr gehe es darum, die Wähler anzusprechen, die man aus dem bürgerlichen Lager an die AfD verloren habe. „Sie müssen wir wieder an uns binden.“ Das funktioniere nur, wenn die Menschen das Vertrauen haben, dass eine Partei die anstehenden Probleme wirklich lösen könne.
Bär sieht keinerlei Ansatz für mehr Sicherheit durch den Unions-Antrag
Für Bär bietet der Unions-Antrag keinerlei Ansatz für mehr Sicherheit in Deutschland. „Der Bundestag hat die Regierung aufgefordert, 200 000 Menschen mit Duldungsstatus in Haft zu nehmen. Das geht praktisch nicht und richtet sich fast ausschließlich gegen Unschuldige.“ Stattdessen sollte man „endlich denen, von denen wir wissen, dass sie krank, kriminell oder extremistisch sind, Behandlung, Strafe, Überwachung oder Abschiebung zukommen lassen. Und den großen Rest der Geflüchteten arbeiten lassen, damit sie sich etwas aufbauen können“.