Überraschender Fund in Tschernobyl: Forscher entdecken mutierte Frösche – und haben eine Theorie

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Mutierte Frösche überraschen Forscher: Ihre dunkle Haut könnte der Schlüssel zur Anpassung an radioaktive Umgebungen sein. Können Menschen auch wieder dort leben‘?

Uppsala – Am 26. April 1986 ereignete sich eine der größten Umweltkatastrophen der Menschheitsgeschichte: Der Reaktor des Atomkraftwerks Tschernobyl nahe der Stadt Pripyat explodierte und setzte große Mengen radioaktiver Stoffe frei. Fast vier Jahrzehnte später bleibt die 2700 Quadratkilometer große Sperrzone menschenleer, hat sich jedoch zu einem einzigartigen, unerwarteten Naturschutzgebiet entwickelt.

Eine besondere Entdeckung fasziniert Wissenschaftler derzeit besonders: Baumfrösche mit einer auffallend dunklen Hautfarbe, die in der radioaktiv kontaminierten Zone leben. Forscher vermuten, dass diese Mutation eine adaptive Antwort auf die hohen Strahlungswerte ist.

Warnzeichen für Radioaktivität an einem Zaun.
Mit 2.700 Quadratkilometern umfasst die Sperrzone von Tschernobyl in etwa die Größe des Saarlands (2.570 km²) © IMAGO / Bihlmayerfotografie

Die radioaktiven Tiere von Tschernobyl: Evolution unter extremen Bedingungen

Ein internationales Forscherteam um Pablo Burraco und Germán Orizaola untersuchte die östlichen Laubfrösche (lat. Hyla orientalis) aus der Sperrzone genauer. Dabei stellten sie fest, dass die Frösche in den am stärksten betroffenen Gebieten eine ungewöhnlich dunkle Hautfarbe entwickelt haben. Im Gegensatz zu ihren leuchtend grünen Artgenossen außerhalb der Zone sind diese Frösche fast schwarz. Diese Veränderung könnte einen entscheidenden Vorteil bieten: Schwarze Haut enthält mehr Melanin, ein Pigment, das bekannt dafür ist, DNA vor schädlicher Strahlung zu schützen.

„Dunkle Färbung schützt gegen verschiedene Strahlungsquellen, indem sie freie Radikale neutralisiert und DNA-Schäden reduziert“, erklärten die Wissenschaftler in ihrer Studie. Besonders die hohe Melaninkonzentration könnte als eine Art natürlicher Schutzschild wirken, der die Überlebenschancen in einer extremen Umgebung erhöht. Dies könnte erklären, warum die dunkleren Frösche in der Tschernobyl-Zone heute dominieren.

Highspeed-Evolution in Tschernobyl: Selektion und Anpassung

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Selektion durch die Strahlung direkt nach dem Unfall stattfand. Frösche mit natürlicherweise dunklerer Hautfarbe, die damals noch in der Minderheit waren, könnten bessere Überlebenschancen gehabt haben, während die grün gefärbten Frösche schneller der Strahlung erlagen. Diese überlebenden dunklen Frösche vermehrten sich und gaben ihre vorteilhaften Gene an die nachfolgenden Generationen weiter. Seit dem Unfall sind mehr als zehn Froschgenerationen vergangen, und die Population innerhalb der Sperrzone hat sich offenbar stabilisiert. „Die Hautfärbung war in den Gebieten dunkler, die zur Zeit des Unfalls den höchsten Strahlungswerten ausgesetzt waren“, so die Forscher laut Forbes. Aktuelle Strahlungslevel scheinen hingegen keinen Einfluss auf die Färbung mehr zu haben.

Die Entdeckung der mutierten Frösche bietet nicht nur Einblicke in die Anpassungsfähigkeit von Tieren an extreme Umweltbedingungen, sondern könnte auch Hinweise für zukünftige Entwicklungen geben. Laut Dr. Orizaola könnte die Erkenntnis, dass die Frösche trotz der hohen Strahlung gesunde Populationen bilden, sogar auf eine mögliche Rückkehr von Menschen in die Sperrzone hinweisen. „Mehr als 90 Prozent der freigesetzten radioaktiven Materialien sind mittlerweile zerfallen“, erklärte er gegenüber der britischen The Sun. „Eine Wiederbesiedlung der Zone wäre in naher Zukunft denkbar.“

So groß wie das Saarland: Chernobyl, ein neues Naturparadies?

Tschernobyl bleibt ein einzigartiges ökologisches Experimentierfeld. Neben den Fröschen haben auch andere Tiere in dem radioaktiv versuchten Gebiet bemerkenswerte Anpassungen gezeigt. Wölfe in der Sperrzone sollen beispielsweise eine erhöhte Resistenz gegen Krebs entwickelt haben. Solche Entwicklungen könnten langfristig wertvolle Erkenntnisse für die Medizin liefern, insbesondere im Bereich der Krebsforschung.

Trotz der beeindruckenden Erkenntnisse bleiben viele Fragen offen. Die genaue genetische Grundlage der dunklen Färbung und ihre langfristigen Auswirkungen auf die Froschpopulation müssen noch weiter erforscht werden. Zudem sind Feldstudien derzeit aufgrund des Ukraine-Krieges erschwert. (ls)

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