3 Momente gegen Gladbach sagen alles über die Sieg-Gier des FC Bayern aus

13 Pflichtspiele, 13 Siege, 47:9 Tore, mehr, mehr, immer noch mehr: Mit dem 3:0 bei Borussia Mönchengladbach hat der an Rekorden nicht arme FC Bayern am Samstag mal wieder eine Bestmarke pulverisiert – diesmal eine, die sich selbst die Münchner Dauersieger stolz ans Revers heften dürfen. Aus Europas Top-5-Ligen hatte nur der AC Milan ebenfalls 13 Startsiege geschafft, 1992 war das.

Wir können über die Immer-gewinn-Bayern schimpfen und über die sportliche Einöde, in die sie den deutschen Fußball seit Jahren tunken. Wir können aber, zumindest in einer stillen Sekunde, auch jene Tugenden anerkennen, die es neben üppiger finanzieller Basis (schon klar) braucht, um eine Siegmaschine entstehen zu lassen. Gegen Gladbach demonstrierte sich das besonders in drei Momenten. 

1. Kimmich-Jubel: Das nächste Tor ist immer das wichtigste

Nach der frühen Roten Karte für Borussias Jens Castrop (19.) entwickelte sich auf krasse Weise ein einseitiges Spiel. Die Bayern drängelten, die Gladbacher verteidigten (tapfer und lange sehr tüchtig!), erst in der 64. Minute brach Joshua Kimmich den Bann. Im wahrsten Sinne.

Kimmich und die allermeisten Bayern-Profis haben zig Titel geholt, Kimmich in seinen 458 Bayern-Auftritten allein neun Meisterschaften. Wer allerdings sah, wie der 30-Jährige nun zu einem stürmisch-bissigen Jubellauf ansetzte, wie energetisch er die Freude aus seinem weit aufgerissenen Schlund schrie und wie zackig er die hilflose Eckfahne zu Boden boxte – wer das sah, verstand die Gier, die so viel Erfolg erst ermöglicht. Bei Thomas Müller war's in seiner Bayern-Ägide ja genauso. Motto: Das nächste Tor ist immer das wichtigste.

Die Freude muss raus. Bayerns Joshua Kimmich boxt die Gladbacher Eckfahne um
Die Freude muss raus. Bayerns Joshua Kimmich boxt die Gladbacher Eckfahne um Getty

2. Kompany-Lächeln: Ein Typ, der Bayern nicht nur als Trainer guttut

Bayern-Trainer Vincent Kompany, kürzlich mit einer Vertragsverlängerung bis 2029 belohnt, hatte eine dunkle Schirmmütze aufgesetzt im Gladbacher Regen. Wenn ihn die Kamera einfing, lugte er mit ernster Miene unter dieser Mütze hervor, in der Halbzeitpause orchestrierte er die Statik der Bayern-Elf mit zwei Einwechslungen (Konrad Laimer, Raphael Guerreiro) neu und goldrichtig. 

Kompany ist ungefähr das Gegenteil eines effekthascherischen Marktschreiers. Er ist ein angenehm verbindlicher und angenehm devoter Typ, der Bayern nicht nur in der reinen Trainerlehre begünstigt, sondern auch in der Außendarstellung. Erst als Guerreiro (69.) und Lennart Karl (81.) das Ergebnis ausgebaut hatten, erlaubte sich Kompany ein dezentes Lächeln. Irgendwie symbolisch.

Bayern-Trainer Vincent Kompany (r.) im Gespräch mit Leon Goretzka
Bayern-Trainer Vincent Kompany (r.) im Gespräch mit Leon Goretzka Getty

3. Ecken-Eile: Ja, haben die denn nie genug?

Die Münchner hetzen von Termin zu Termin, vergangenen Mittwoch war Champions League (4:0 gegen Brügge), am Samstag war Gladbach, kommende Woche geht’s im DFB-Pokal nach Köln. Der Kader ist klein und wird eher klein bleiben, die Strapazen sind fast so hoch wie das Torkonto, aber ganz offensichtlich hat der FC Bayern gerade nie genug.

Als es in der 90. Minute einen letzten Eckstoß gab, trabten Laimer und Kimmich nicht gemächlich zur Ausführung. Sie sprinteten beinahe. Harry Kane hatte zwar einmal getroffen, dies aber aus Abseitsposition. Vielleicht wollten ihm die Kollegen noch ein Tor auflegen, vielleicht war’s intrinsischer Antrieb, jedenfalls erinnerte es stark an die nie zu stillende Gier (siehe oben) und damit an alte Bayern-Tage. Weiter, weiter, immer weiter. Liebe Grüße, Oliver Kahn.