Radikale Muslime - Demonstrationen für ein „Kalifat“ in Deutschland - ein Spiel mit dem Feuer
In einigen deutschen Städten häufen sich die Rufe nach einem islamischen „Kalifat“. Doch hinter dem vermeintlichen Wunsch nach religiöser Erfüllung verbergen sich laut dem israelischen Professor Guy Katz verfassungsrechtliche und gesellschaftliche Gefahren.
In Deutschland, dem Land der Religionsfreiheit und der demokratischen Grundordnung, sorgt eine kleine, aber lautstarke Minderheit für Aufsehen: Demonstranten, die für die Errichtung eines „Kalifats“ auf die Straße gehen.
Was ist mit „Kalifat“ gemeint und welche Folgen könnte es haben?
Das Wort „Kalifat“ leitet sich vom arabischen „Khalifa“ ab, was „Nachfolger“ oder „Stellvertreter“ bedeutet. In der islamischen Geschichte bezeichnet es die Herrschaftsform, in der ein Kalif als Nachfolger des Propheten Mohammed über die Gemeinschaft der Gläubigen und eben auch über die „Ungläubigen“ - also Atheisten, Juden, Christen und andere - herrscht.
Über den Experten Guy Katz

Guy Katz, Professor für Internationale Unternehmensführung an der Hochschule München, kam 2004 von Israel nach Deutschland, ist selbst Jude und arbeitete vor seiner akademischen Laufbahn im israelischen Militär als Nachrichtenoffizier. Zu den Aufgaben eines Nachrichtenoffiziers gehört vor allem die Informationsbeschaffung über fremde Militärs, Militärtechnik und andere, für die Verteidigung bedeutsame Sachverhalte.
In einem modernen, säkularen Staat wie Deutschland rufen solche Forderungen nicht nur staatsrechtliche Verwunderung hervor, sondern werfen auch ernste Fragen auf. Die Forderung, das bestehende demokratische System durch ein religiöses Staatswesen mit der Scharia - dem islamischen Gesetz - als Rechtsgrundlage zu „ersetzen“, steht in fundamentalem Widerspruch zum Grundgesetz. So steht die Idee eines „Kalifats“ in direktem Konflikt mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands - ein Umstand, der nicht nur verfassungswidrig, sondern auch gesellschaftszersetzend sein kann.
Katz: Problem geht über innere Sicherheit hinaus
Neben der offensichtlichen Verfassungswidrigkeit geben solche Bestrebungen auch klaren Anlass zur Sorge vor islamistischem Extremismus. Der mögliche Zusammenhang mit Radikalisierung und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind Aspekte, die von den Sicherheitsbehörden genau beobachtet werden müssen. Das Problem geht aber über die Gefährdung der inneren Sicherheit hinaus.
Die Debatte um ein „Kalifat“ birgt die Gefahr, die Integrationsbemühungen zu untergraben, die für ein friedliches und produktives Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen notwendig sind. Es könnte den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft gefährden und den Zusammenhalt schwächen, der für ein funktionierendes Gemeinwesen unerlässlich ist.
Was ist mit Gleichberechtigung und Menschenrechten?
Die vermeintlichen Ansprüche eines „Kalifats“ werfen zudem ein Schlaglicht auf die Frage der Menschenrechte, denn die vollständige Umsetzung der Scharia würde sicherlich zu Konflikten mit international anerkannten Menschenrechtsstandards führen, insbesondere im Hinblick auf die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Meinungsfreiheit. Diese Entwicklung zeigt, dass die Balance zwischen Religionsfreiheit und der Wahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine ständige Herausforderung bleibt.
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Klar ist: Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland sind friedliche Bürger, die solche radikalen Forderungen nicht unterstützen. Es gilt, dieses Phänomen schnellstmöglich in seine Schranken zu weisen und gleichzeitig den Dialog und die Integration innerhalb der muslimischen Gemeinschaften weiter zu fördern, um gemeinsam für ein Deutschland einzutreten, das seine Stärke aus der Vielfalt und dem gegenseitigen Respekt schöpft.
Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.