Die Sorge vor stärkerer Zustimmung für rechtspopulistische Parteien wächst. DIW-Präsident Marcel Fratzscher appelliert an junge Wähler.
Berlin – Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat sich besorgt über die Neigung zur Wahl von rechtspopulistischen Parteien unter jüngeren Wählern gezeigt. „Der Rechtsruck der jungen Generation dürfte den Prozess der europäischen Integration weiter schwächen und vieles Erreichte wieder revidieren“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt am Freitag (10. Mai 2024).
Wirtschaftsexperte warnt junge Generation vor Rechtsruck bei der Europawahl
Vielen jungen Menschen sei offensichtlich nicht bewusst, dass eine Schwächung Europas letztlich ihre eigenen Zukunftschancen verschlechtere und im Systemwettbewerb mit China und den USA Deutschland und Europa viel Wohlstand kosten werde.
Fratzscher räumte aber auch ein, dass angesichts einer zunehmenden Klimakrise, sozialer Polarisierung, geopolitischer Konflikte und Sorgen um Technologie und Arbeitsplätze die Frustration und die Zukunftsängste der Jüngeren berechtigt seien. „Nie in den letzten 80 Jahren wurde einer jungen Generation eine Welt mit so vielen großen Problemen und Krisen vererbt wie der jungen Generation heute“, sagte er.
Fratzscher besorgt über wachsende Zustimmung für rechtspopulistische Parteien in Europa
Hintergrund ist, dass junge Wähler in Europa zuletzt besonders stark für rechte Parteien gestimmt haben und sich der Trend bei der Europawahl fortsetzen könnte. In Frankreich beispielsweise liegt der rechtsnationale französische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen bei den unter 35-Jährigen klar vorn, während das pro-europäische Mitte-Bündnis von Präsident Emmanuel Macron Umfragen zufolge in dieser Altersgruppe auf gerade einmal sechs Prozent kommt.
Auch in Deutschland und anderen EU-Staaten wächst unter jungen Leuten die Zustimmung für rechtspopulistischen Parteien. Ein Grund ist laut Untersuchungen, dass die junge Generation immer unzufriedener ist, besonders mit der gesellschaftlich-wirtschaftlichen Lage.
Ökonom sorgt sich wegen der Folgen eines Rechtsrucks bei der Europawahl
Fratzscher ist nicht die einzige prominente Stimme aus der Wirtschaft, die vor einem Rechtsruck warnt. Auch Unternehmer und Milliardär Reinhold Würth äußerte Sorge und nahm explizit die AfD ins Visier. In einem fünfseitigen Schreiben warnte der Milliardär rief er seine Mitarbeitenden, aber auch die Wählerschaft dazu auf, der AfD keine Stimme zu geben: „Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig“, heißt es in dem Schreiben.
Meine news
Er sehe die Gefahr einer „Demokratur oder gar einer Diktatur“, sollte die AfD an die Macht kommen, schreibt der Vorsitzende des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe am Montag (18. März). Zuerst hatte die FAZ darüber berichtet. Einige Kunden hätten nach dem Schreiben angekündigt, nichts mehr bei Würth zu kaufen, man hab dadurch rund 1,5 Millionen Euro Umsatz verloren. Dennoch hält er an seiner Position fest. „Die AfD schürt Misstrauen gegen jedermann“, sagte Würth im Interview mit dem Handelsblatt am 3. Mai. (bohy/reuters)