Doppelte Heizkosten durch Wärmepumpe – es könnte fünf Millionen Mieter treffen

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Der Deutsche Mieterbund schlägt Alarm: Aufgrund einer Gesetzeslücke wälzen Vermieter die Umrüstung auf klimafreundliche Heizsysteme auf ihre Mieter ab. Betroffen sind potenziell 5 Millionen Haushalte.

Düsseldorf – Für die Energiewende ist der Wechsel von der Gas- oder Ölheizung auf eine Wärmepumpe quasi alternativlos – und macht sich auf lange Sicht für Verbraucher bezahlt. Diese Rechnung geht allerdings nicht auf, wenn Vermieter sämtliche Kosten des Umstiegs auf klimafreundliche Heiztechnik per Contracting-Vertrag auf Mietende abwälzt. Der Mieterbund warnt: Potenziell seien fünf Millionen Haushalte, die aktuell mit Gasetage oder Nachtspeicher heizen, von einer Verdoppelung der Heizkosten bedroht. Möglich ist dies durch eine Gesetzeslücke. Der Verband fordert schnelle Maßnahmen von der Politik.

Der Mieterschutzbund schlägt Alarm: Dank einer Gesetzeslücke können Vermieter die Umrüstung auf klimafreundliche Heizsysteme komplett auf ihre Mieter abwälzen. Betroffen sind potenziell 5 Millionen Haushalte.
Der Mieterschutzbund schlägt Alarm: Dank einer Gesetzeslücke können Vermieter die Umrüstung auf klimafreundliche Wärmepumpen komplett auf ihre Mieter abwälzen. Betroffen sind potenziell 5 Millionen Haushalte. © Deutscher Mieterbund NRW e.V.

Doppelte Heizkosten durch Wärmepumpe – es könnte 5 Millionen Mieter treffen

Sie gilt als Schlüsseltechnologie für die Heizungswende und als beste Alternative zu Heizungssystemen, die auf fossilen Brennstoffen basieren: die Wärmepumpe. Verschiedene Studien kamen bereits zu dem Ergebnis, dass die Wärmepumpe bis zu einem Drittel Heizkosten einspart – im Laufe ihres Lebens Zehntausende Euro. Für Eigentümer rechnet sich das, und theoretisch können auch Mieter davon profitieren.

Doch immer mehr, vor allem große Wohnungsgesellschaften, bauen Wärmepumpen in ihre Bestände ein und stellen im Zuge des Einbaus auf Wärmecontracting um. „Dieses geht im Durchschnitt mit einer Verdoppelung der Heizkosten für die Mietenden einher“, berichtet Maximilian Fuhrmann vom Deutschen Mieterbund Nordrhein-Westfalen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA, „doch das Problem sind nicht die Wärmepumpen.“

Was ist Wärme-Contracting?

Beim Wärme-Contracting lagert der Eigentümer den Einbau, den Betrieb – also die Wärmeerzeugung – sowie die Wartung einer Heizanlage in Wohnobjekten an einen externen Dienstleister aus. Die Anlage selbst bleibt dabei im Besitz des Contractors. Die Investitions- und Instandhaltungskosten werden somit nicht vom Vermietenden gezahlt, sondern fließen über einen höheren Grundpreis in die Heizkosten ein, und werden somit von den Mietenden getragen.

Schuld an der Kostenexplosion seien vielmehr windige Praktiken: „Über Contracting-Verträge lässt sich der Vermieter vom Mieter sämtliche Kosten des Umstiegs auf klimafreundlichere Heiztechnik finanzieren, ohne selbst Investitionen tätigen zu müssen“. Für Mieter, die ohnehin von immens kletternden Mietpreisen gebeutelt sind, drohen damit weitere, erhebliche Mehrbelastungen: „Es kommt einer versteckten Kaltmieterhöhung gleich“, so Fuhrmann. Obendrauf wickelten viele Immobilienkonzerne diese Wärmelieferungen auch noch über Tochterfirmen ab, und erzielten damit Millionengewinne.

Fuhrmann verweist auf den Wohnungsriesen LEG mit rund 167.000 Mietwohnungen im Bestand. Hier agiert die EnergieServicePlus GmbH, ein Tochterunternehmen des Konzerns, als so genannter Contractor.

„Gewerbliche Wärmelieferung“: Gesetzeslücke führt zu Heizkostenexplosion

Der Mietrechtsexperte recherchiert bereits seit einem Dreivierteljahr zu dem heiklen Thema und nennt als Beispiel die inzwischen Tausende Haushalte betreffende Strategie von LEG Immobilien, flächendeckend Gasetagen- und Nachtspeicherheizungen auszutauschen und auf „gewerbliche Wärmelieferung“ umzustellen: „Da sich die Mietenden bislang selbst versorgt haben, kennt die LEG die Heizkosten nicht und ist gesetzlich bei der Umstellung auch nicht an die Kostenneutralität gebunden“, berichtet Fuhrmann. Das Unternehmen hatte den Mietern ursprünglich zugesichert, dass sich die Heizkosten nicht erhöhen. Gegenüber dem ARD-Magazin Panorama hatte ein Sprecher jedoch eingeräumt, „Herausforderungen“ bei der Berechnung zu haben. Abweichungen erklärte der Konzern damit, den Verbrauch bisher nur geschätzt zu haben.

Die LEG nutzt damit eine Gesetzlücke, die bislang noch kein Vermieter ausgereizt habe. „Wir befürchten, dass alle 5 Mio. Haushalte, die aktuell mit Gasetage oder Nachtspeicher heizen, damit potenziell von dieser Lücke und damit explodierenden Kosten bedroht seien könnten.“

„Bringt Energiewende in Verruf“: Explodierende Kosten trotz niedrigem Energiebedarf

Die Falle für den Verbraucher lauert im Detail: Bei der Umstellung auf das Contracting wird die Höhe der Heizkosten nämlich nicht, wie es die Betroffenen gewohnt sind, vor allem durch den Verbrauch gesteuert. Denn beim Wärme-Contracting zahlen Mieter einen sehr hohen Grundpreis – und der ist meist deutlich teurer als im vorangegangenen Tarif – und völlig unabhängig davon, wie viel geheizt wird. Maximilian Fuhrmann nennt ein Extrembeispiel: „Ein älteres Ehepaar aus Krefeld hält sich die Wintermonate im Süden auf, und heizt in dieser Zeit praktisch nicht. Dennoch müssen sie monatlich 160 Euro ‚Heizkosten‘ zahlen. Dabei handelt es sich allein um den Grundpreis.“

Fantasie-Kalkulationen: Schönrechnen bis zur Kostenneutralität

Laut Gesetz muss die Umstellung zwar für die Mietenden kostenneutral geschehen – die künftigen Heizkosten dürfen also nicht höher sein als die der vorangegangenen drei Jahre: „Aber da sich die Mieter bislang selbst mit Energie versorgt haben, darf der Vermieter seiner Berechnung fiktive Annahmen zugrunde legen.“ Vor allem, wenn die Berechnung des Vermietenden eine centgenaue Kostenneutralität ergibt, sollten Mieter hellhörig werden. Dieses sei in vielen Fällen bei der LEG Wohnen der Fall gewesen.

„Diese Praxis schädigt nicht nur flächendeckend Mieter finanziell, es bringt die Wärmepumpen und insgesamt die Wärmewende in Verruf“. Ohne ein Eingreifen der Politik sehe er schwarz: „Wir fordern darum das Schließen der Gesetzeslücke und ein Verbot dieser Praxis.“ In den kommenden Tagen werde man Gespräche mit Verbänden und Politik führen.

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