China im Vorteil: Trumps schottischer Windrad-Groll beschädigt US-Solarwirtschaft

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Trump vernichtet aus ästhetischem Ekel die US-Solarindustrie. Diese Abneigung begann wohl in Schottland – nun reist der US-Präsident erneut dort hin.

Aberdeen – Am Freitag (25. Juli) landet Donald Trump in Schottland – offiziell privat, de facto politisch hochbrisant. Der US-Präsident besucht das Land seiner Mutter Mary Anne MacLeod Trump, um bei Aberdeen einen neuen Golfplatz einzuweihen. Das Gelände trägt künftig ihren Geburtsnamen „MacLeod Course“. Doch während Trump sich im Nordosten Schottlands seiner Leidenschaft für Golf hingibt, hinterlässt er in seiner Heimat verbrannte Erde – insbesondere für die US-amerikanische Solar- und Windindustrie.

Trumps Hass auf Windräder in Schottland trifft US-Solarindustrie

Trumps aktuelle Energiepolitik ist geprägt von persönlicher Abneigung gegen erneuerbare Energien – und genau diese Wut begann in Schottland: 2011 versuchte der damalige Immobilienmogul, einen Offshore-Windpark mit elf Turbinen vor seiner Golfanlage in Menie zu verhindern. Begründung: Windräder seien „hässlich“, „monströs“ und gefährdeten den Tourismus. In einer Anhörung vor dem schottischen Parlament erklärte er, erinnert The Guardian: „Ich bin der Beweis. Ich bin ein weltweiter Experte für Tourismus.“

Was einst als lokal begrenzte Eitelkeit erschien, hat heute globale Auswirkungen. Mit dem „One Big Beautiful Bill Act“ hat Trump in den USA eine beispiellose Rückabwicklung der grünen Energiewende eingeleitet. Die zentrale Maßnahme: Der Stopp aller wesentlichen Förderungen für Solar- und Windenergie. Steuervergünstigungen für Privatleute, Produzenten und Hersteller laufen in rasantem Tempo aus, neue Projekte erhalten keine Unterstützung mehr.

Gleichzeitig fließen Milliarden an Subventionen in Öl, Gas, Kohle und sogar Fracking. Auch der geplante Ausbau von CO₂-intensiver Infrastruktur wie Pipelines und metallurgischer Kohlegewinnung wird massiv gefördert.

China zieht bei erneuerbaren Energien vorbei – während die USA Investitionen verlieren

Das Resultat: Mehr als 373 Milliarden Dollar an geplanten Investitionen in erneuerbare Energien und grüne Industrien stehen auf der Kippe oder wurden bereits gestrichen. Hersteller wie Bila Solar, Heliene und NorSun stoppen oder überdenken neue Werke, berichtet Reuters. Offshore-Windprojekte an der US-Ostküste, die bereits genehmigt waren, drohen ersatzlos zu verfallen.

Währenddessen installiert China laut Internationaler Energieagentur bis 2035 voraussichtlich rund 15-mal mehr Solar- und Windkapazität als die USA. Schon jetzt wird in der Volksrepublik jede Sekunde ein Solarpanel verbaut, so The Guardian. „China rennt Kreise um uns“, warnte Gina McCarthy, frühere Klimaberaterin von Ex-Präsident Joe Biden, in der genannten britischen Tageszeitung. „Die USA haben den Anschluss an die Zukunftstechnologien endgültig verloren.“

Windräder vor der Küste von Aberdeen – der Ausblick, der Golf-Enthusiast Donald Trump zur Energiepolitik inspirierte. © Foto links: IMAGO / Pond5 Images | Foto rechts: IMAGO / Imagn Images

Trumps Energiepolitik: Republikaner beugen sich, Strompreise steigen

Die Zustimmung für das Gesetz kam fast geschlossen aus der republikanischen Fraktion – trotz massiver Bedenken aus den eigenen Reihen. Etwa zwei Dutzend republikanische Abgeordnete baten zuvor darum, zumindest die Steuervergünstigungen für grüne Projekte zu erhalten, um Arbeitsplatzverluste zu vermeiden. Letztlich stimmte nur ein Senator gegen das Gesetz.

Bereits jetzt steigen die Energiepreise: Die Umstellung auf fossile Quellen lässt Stromkosten für Privathaushalte laut Rhodium Group, notiert Reuters, bis 2035 um durchschnittlich 280 Dollar jährlich steigen. Gleichzeitig droht eine Versorgungslücke, da der Strombedarf durch KI-Infrastruktur und Cloud-Computing rapide wächst. Der Rückgang an neuen Kapazitäten beträgt laut Schätzungen rund 600 Gigawatt – das entspricht fast der Hälfte der derzeitigen US-Kapazität.

Wer verliert, wer gewinnt? Trumps Energiepolitik im Schnellüberblick

Akteur Auswirkung der „One Big Beautiful Bill“
US-Solarindustrie Förderstopp, Projektabbrüche, Milliardenverluste
US-Windkraft Genehmigungsstau, Ende der Steuervergünstigungen bis 2027
Fossile Energien Subventionen für Öl, Gas und Kohle massiv ausgeweitet
China Marktführerschaft bei Solar & Wind ausgebaut, Investitionsboom
US-Verbraucher Erwarteter Strompreisanstieg um bis zu 280 $ jährlich bis 2035
Republikanische Staaten Jobverluste trotz bisheriger Profite durch grüne Fördermittel

Quellen: CNBC, New York Times, Reuters, Die Zeit, The Guardian.

Trump in Schottland: Proteste, Polizei und eine Namenswidmung

Währenddessen formiert sich in Schottland Widerstand. Trumps Besuch sei „undenkbar“, erklärte der schottische Regierungschef John Swinney noch im März. Nun will er sich, schreibt der Stern, „im Interesse Schottlands“ dennoch mit dem US-Präsidenten treffen. Die „Stop Trump Coalition“ kündigt Demonstrationen an: in Aberdeen, wo Trump seinen neuen Golfplatz eröffnen will, und andernorts. Gewerkschaften, Umweltverbände und Menschenrechtsgruppen werfen Trump vor, „den Klimawandel zu beschleunigen und Faschismus zu fördern“.

Die schottische Polizei bereitet sich auf ihren größten Einsatz seit dem Tod von Queen Elizabeth II vor. Offiziell ist es ein privater Besuch – aber Trumps Vergangenheit und seine politische Wirkung holen ihn auch auf dem Golfplatz ein.

Ästhetik statt Analyse – Trump regiert nach Gefühl

Trumps energiepolitischer Kurs scheint weniger auf Fakten als auf Geschmack zu beruhen. Windräder seien „hässlich wie die Hölle“, Solaranlagen „bedecken ganze Berge“ und „zerstören unsere Landschaft“, wiederholt der Präsident in der Vergangenheit, berichtet CNBC. Gleichzeitig schwärmt er von „clean, beautiful coal“, der sauberen Kohle. Unterstützung erhält er von Lobbygruppen wie der American Energy Alliance, die die Energiewende als „grünen Schwindel“ verunglimpfen.

Dabei sprechen die Fakten eine andere Sprache: Erneuerbare Energien sind längst die günstigsten Stromquellen. Die Stilllegung grüner Förderprogramme trifft insbesondere ländliche Gebiete in republikanisch regierten Staaten, bemerkt die Zeit – dort, wo Biden gezielt grüne Jobs angesiedelt hatte.

Ein Golfplatz, ein Gesetz – und eine geopolitische Zeitenwende unter Trump?

Donald Trumps Kampf gegen Windräder begann mit der Aussicht von seinem Golfplatz in Aberdeenshire – und wurde zur Staatsdoktrin. Der Rückzug der USA aus der grünen Energietechnologie ist nicht nur wirtschaftlich und klimapolitisch folgenschwer, sondern verschiebt auch geopolitische Kräfteverhältnisse. Während China zur industriellen Supermacht des 21. Jahrhunderts aufsteigt, verspielen die USA vielleicht ihre technologische Zukunft – aus ästhetischen Gründen.

„Für Golf, ausgerechnet“, kommentiert Patrick Harvie von den Scottish Greens sarkastisch gegenüber The Guardian. China dagegen – lacht sich ins Fäustchen.

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