Wasserschutzgebiet ist unwirksam: Verein bekommt Recht

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Der Verein, dessen Mitglieder geklagt hatten, begrüßt die Entscheidung des Gerichts.  © Roland Weihrauch

Die Neuausweisung des Wasserschutzgebiets rund um die Brunnen in Gaißach-Rain sorgte von Anfang an für Unmut. Die Gemeinde Gaißach und die Stadt Bad Tölz beziehen daraus ihr Trinkwasser. Nun planen die Tölzer Stadtwerke ein neues Verfahren.

Bad Tölz/Gaißach/Lenggries - Ein Großteil des Schutzgebiets liegt auf Lenggrieser Flur. Vor allem für den Ortsteil Steinbach ergaben sich gravierende Einschränkungen. Schon 2013 wertete der Gemeinderat das Ganze als eine „elementare und unzumutbare Beschneidung der Planungshoheit“ und deutliche „Einschränkung der baulichen Entwicklungsmöglichkeit von Steinbach“. Im Jahr zuvor weigerte sich der Gemeinderat, das mögliche Schutzgebiet bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans eintragen zu lassen. Da schwelte der Streit um die Neuausweisung allerdings schon seit sieben Jahren.

2022 Normenkontrollklage eingelegt

2009 hatte sich der Verein der Wasserschutzgebietsbetroffenen Steinbach gegründet, dem 40 Mitglieder angehören. Sein Ziel ist es, „alternative Wasserversorgungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Ausweisung des Wasserschutzgebiets Steinbach, welche starke Auswirkungen auf die Betroffenen hat, zu verhindern. Ein wesentliches Ziel ist dabei, die Schädigung von betroffenen Landwirten und Bürgern möglichst gering zu halten“, schreibt der Verein. Drei Mitglieder legten 2022 Normenkontrollklage gegen die Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamtes ein – und bekamen nun Recht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied, dass die Verordnung im Wesentlichen unwirksam ist. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

So entschied das Gericht

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass das Schutzgebiet auf Grundlage unzureichender Bemessungen zu klein sei, es seine Schutzfunktion deshalb nicht erfüllen könne und seine Ausweisung daher „nicht erforderlich“ sei. „Nach den fachlichen Grundsätzen unterschreitet nämlich die oberstromige Grenze des Schutzgebiets Gaißach-Rain im Süden den erforderlichen Mindestabstand zu den Brunnen“, fasst Landratsamts-Pressesprecherin Marlis Peischer zusammen.

Ein Großteil des Wasserschutzgebietes für die Brunnen in Gaißach-Rain liegt auf Lenggrieser Flur.
Ein Großteil des Wasserschutzgebietes für die Brunnen in Gaißach-Rain liegt auf Lenggrieser Flur. Ein Gericht hat die Verordnung nun für unwirksam erklärt. © Umweltatlas Bayern

Wasserentnahme gilt jetzt nur vorläufig

Aus diesem Grund sei nun eine Neufestsetzung des entsprechend geänderten Wasserschutzgebietes erforderlich, so Peischer weiter. „Hierzu müssen die überarbeiteten Planunterlagen vorgelegt werden, die durch ein hydrogeologisches Planungsbüro zu erstellen sind, und die fachlichen Abklärungen dafür erfolgen. Wenn die Unterlagen fertiggestellt sind, muss ein erneutes förmliches Verfahren im öffentlichen Interesse durchgeführt werden.“

Das streben die Gemeinde Gaißach und die Tölzer Stadtwerke auch an. „Die Sache geht weiter seinen gebotenen rechtlichen Weg: Die Gemeinde Gaißach und die Stadtwerke Bad Tölz stellen in nächster Zeit gemeinsam einen neuen Antrag zur Ausweisung eines – den aktuellen Vorgaben entsprechenden – Wasserschutzgebietes“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Am Standort der Brunnen in Gaißach-Rain wolle man festhalten, da sie zum Teil bereits seit 1974 in Betrieb seien. Derzeit gelte „bis auf Weiteres ein vorläufiges Wasserentnahmerecht für die Gemeinde Gaißach und die Stadtwerke Bad Tölz, welches die Trinkwasserversorgung für die Bürger beider Kommunen weiterhin sicherstellt“.

Lenggrieser Bürgermeister hat Zweifel

Dass diese größere Neuausweisung so einfach oder überhaupt möglich ist, daran zweifelt der Lenggrieser Bürgermeister Stefan Klaffenbacher. „Sonst steht bald auch noch mein Schreibtisch im Schutzgebiet“, sagt er. Letztlich sei es aber Sache der Stadtwerke, wie man mit der Sache nun umgehen wolle. „Für uns ist das Urteil erst einmal positiv“, da im Moment keinerlei bauliche Einschränkungen durch das Schutzgebiet für den Ortsteil Steinbach existieren.

Auch der Verein, dessen Mitglieder geklagt hatten, begrüßt die Entscheidung des Gerichts. Hinter ihnen liegt ein langer Weg. Zeit, Arbeit und Geld wurden investiert. Von Anfang an hatte der Verein kritisiert, dass „die betroffenen Landwirte und Bürger nicht vorab über die weitreichenden Maßnahmen einer Neuausweisung informiert wurden, sondern im Nachgang in einer einberufenen Versammlung mit den Tatsachen (hohe Wertminderungen, existenzbedrohende Auflagen und Verbote) konfrontiert“ worden seien. Das hatte auch die Gemeinde immer wieder angeprangert. Zudem beklagte man, dass alternative Standorte für die Brunnen – zwei wurden 2004 neu gebohrt – bestenfalls oberflächlich geprüft worden seien. Auch die Möglichkeit, das Wasser aus den Lenggrieser Brunnen in Leger zu beziehen, sei nicht berücksichtigt worden, hieß es 2013 in einer Gemeinderatssitzung.

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In jenem Jahr hatten sich Mitglieder des Vereins auch mit Einwendungen gegen die anstehende Ausweisung ans Landratsamt gewandt. „Zudem wurden durch den neu gegründeten Verein kostspielige Aufwendungen vorgenommen, um die Ausweisungsplanung selbst zu prüfen und Alternativen für eine Wasserversorgung für die Stadt Bad Tölz und die Gemeinde Gaißach mit Experten zu entwickeln“, heißt es in der Stellungnahme. Trotz dieser Aktivitäten und eines Erörterungstermins 2017 sei das Schutzgebiet Ende 2020 ausgewiesen worden. Daraufhin erfolgte die Klage.

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