Pistorius-Plan zur Wehrpflicht stößt auf Widerstand: Kritik von allen Seiten

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Verteidigungsminister Pistorius hat einen neuen Entwurf zur Wehrpflicht vorgestellt, der aus vielen Gründen kritisiert wird. Auch Sozialverbände sehen Risiken.

Berlin – Der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorlegte Plan für eine neue Wehrpflicht stößt von vielen Seiten auf Kritik. Während von Vertretern des Koalitionspartnern angeprangert wird, dass die vorgeschlagene Regel nicht weit genug greift und der angespannten außenpolitischen Lage nicht gerecht wird, heißt es vonseiten von Wohlfahrtsverbänden wie Caritas, dass Pistorius mit seiner Kalkulation andere für Deutschland wichtigen Freiwilligenleistungen schwächen könnte.

So zitiert der Berliner Tagesspiegel Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa, die im Gespräch mit der Zeitung betonte: „Herr Pistorius vergisst die zivilen Freiwilligendienste“. Mit ihrem Vorwurf geht die Befürchtung einher, dass eine geplante Solderhöhung für Wehrdienstleistende die Freiwilligenprogramme benachteiligen könnte. Ihre Forderung: „Der Wehrdienst kann und darf nicht gegen die Freiwilligendienste attraktiv werden, sondern mit ihnen gemeinsam.“

Verteidigungsminister Pistorius will durch höheren Sold den Wehrdienst für junge Menschen attraktiver machen. Der Vorschlag sorgt bereits für Probleme.
Verteidigungsminister Pistorius will durch höheren Sold den Wehrdienst für junge Menschen attraktiver machen. Der Vorschlag sorgt bereits für Probleme. (Archivfoto) © Bernd von Jutrczenka/dpa

Neue Pläne für Wehrpflicht: Höherer Sold soll Bundeswehr attraktiver machen

Basis der Kritik ist der am Montag bekanntgewordene Gesetzesentwurf aus dem Verteidigungsministerium. Darin soll der Wehrdienst weiter grundsätzlich auf Freiwilligkeit beruhen und durch verbesserte Voraussetzung wie eine Anhebung des Solds attraktiver für junge Menschen werden. Auf dieser Basis soll die Bundeswehr gestärkt werden, um im Fall eines Verteidigungsfalls besser aufgestellt zu sein.

Zu den Inhalten des Gesetzesentwurfs zählt etwa auch, dass ein Fragebogen an junge Frauen und Männer verschickt wird, der das individuelle Interesse an einem Wehrdienst abfragt und auf dessen Basis zur Musterung eingeladen wird. Zusätzlich sieht das neue Gesetz laut einem Spiegel-Bericht vor, dass Wehrpflichtige mit Zustimmung des Bundestags verpflichtend herangezogen werden dürfen „wenn die verteidigungspolitische Lage dies erfordert“ und es nicht genügend Freiwillige gibt. Bislang gilt, dass nur im Spannungs- oder Konfliktfall verpflichtet eingezogen werden darf.

Pistorius-Entwurf zur Wehrpflicht in der Kritik

Die Befürchtung der Sozialverbände liegt laut Caritas-Chefin nun darin, dass vor allem die Soldanhebung als Anreiz zum Wehrdienst, anderen Diensten für junge Menschen – die ebenfalls eine wichtige Rolle für die Gesellschaft spielen – benachteiligen könnte. So müssten junge Männer und Frauen die Wahl zwischen freiwilligem Wehrdienst, freiwilligem Zivilschutz und klassischem Freiwilligenjahr unter denselben Voraussetzungen treffen können.

Zentral dafür sei, wie Welskop-Deffaa im Tagesspiegel fordert, dass alle drei Möglichkeiten „als gleichwertig beworben und gleichberechtigt ausgestaltet werden“. Dazu zählt auch, die Gefahr einer erneuten „Hierarchisierung zwischen Männer- und Frauenarbeit“. Es sei ein gefährliches Signal, wenn Dienst an der Waffe besser honoriert werde als der Dienst im Zivilschutz oder im Altenheim.

Wehrdienst-Pläne von Pistorius: Kritiker fordern klarere Regelungen

Vor diesem Hintergrund favorisiere etwa Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa ein allgemein geltendes „Freiwilligendienstestärkungsgesetz“, das „Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst für alle“ sowie „Übernahme der Taschengeld- und Soldzahlungen durch die öffentliche Hand“ regelt und so gleiche Voraussetzungen für alle wichtigen Bereiche der Freiwilligenarbeit schafft.

Auch Kritikern aus den Reihen der CDU reicht der Gesetzesentwurf, den Pistorius vorgelegt hat, nicht weit genug. So betonte etwa Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass es schnellstmöglich „nachprüfbare, klare Schritte“ geben müsse, „um verteidigungsfähig zu werden“ und der bisherige Gesetzesentwurf dabei zu schwammig sei. Sowohl die „sicherheitspolitische Bedrohungsanalyse“ als auch der durch die Nato-Ziele gestiegene Personalbedarf mache eine klare Stärkung des Wehrdienstes notwendig, so Röttgen. (saka mit AFP/dpa)

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