Was „Freund Friedrich“ bei Trump erreicht hat
Szenen aus dem Oval Office machen Mut: Was „Freund Friedrich“ bei Trump erreicht hat
Kanzler und Präsident finden warme Worte füreinander, vom „Freund Friedrich“ spricht Trump sogar. War das nur ein Anflug guter Laune oder der Anfang einer Achse?
Das Mittagessen ist vorbei, die deutsche Delegation wäre eigentlich etwas in Eile, aber Donald Trump möchte noch stolz etwas herzeigen. Er führt den Kanzler in einen Nebenraum des Oval Office, eine größere Kammer, vollgepackt mit Werbematerial. „Make America Great Again“-Kappen lagern dort, Trump-Shirts, Trump-Bildbände, Trump-Manschettenknöpfe. Der Präsident bittet: Macht euch die Taschen voll, nehmt kostenlos mit, was ihr tragen könnt. Mehr! Und hier, noch eine Bibel, nicht von oder über Trump, aber er will sie den Gästen sofort signieren.
Merz zu Besuch bei Trump: Das Wichtigste, was der Kanzler zurück nach Deutschland bringt
Vom „Fanshop“ erzählen Friedrich Merz und seine Leute später im kleinen Kreis, sie sind überrascht, amüsiert und auch irritiert vom Ich-Kult im Weißen Haus. Höflich nehmen sie ein paar Devotionalien mit, wobei der Verbleib nicht ganz geklärt ist, jedenfalls sieht man Merz nicht mit MAGA-Mütze weitereilen. Nach dem Staunen überwiegt eine positive Deutung: Das Zeigen, das Schenken, ist wohl Trumps Geste für Herzlichkeit. Wirkt so, als schätze er die Deutschen und ihren Kanzler nun doch etwas mehr als erwartet.
Das ist, so schön signierte Bibeln auch sein mögen, das Wichtigste, was Merz am Freitag mit zurück nach Deutschland bringt. „Ich fahre zurück mit dem Gefühl, dass ich mit ihm auf persönlicher Ebene gut sprechen kann“, sagt der Kanzler. Beide vereinbaren regelmäßige Telefonate und SMS, werden sich im Juni noch zweimal auf Gipfeln (G7 und Nato) treffen; außerdem will Merz einen handgeschriebenen Dankesbrief ins Weiße Haus senden.
Bundeskanzler Merz im Oval Office: An zwei Stellen setzt er bei Trump klare Botschaften
Merz‘ Auftritt in perfektem Englisch (es saß nicht mal ein Dolmetscher dabei) wird überall wohlwollend beschrieben. Er redete wenig, überließ Trump die Oval-Bühne vor den Journalisten. An zwei Stellen setzte er klare Botschaften: Als Trump geschichtsvergessen über den D-Day witzelte, das sei „kein guter Tag für euch“ gewesen, konterte Merz höflich, aber glasklar: Das sei vor 81 Jahren die Befreiung vom Nazi-Terror gewesen, den USA sei großer Dank. Und: Merz‘ sagt, der Westen müsse sich klar hinter die von Russland angegriffene Ukraine stellen statt in die Mitte. Zuvor hatte Trump den Angriffskrieg in einem schrägen Vergleich als Streit spielender Kinder verniedlicht.
Sogar andere Parteien zollen Respekt. Der CDU-Kanzler sei „cool geblieben“, lobt FDP-Außenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sonst auch grober kann. Der Grüne Konstantin von Notz sagt, Merz habe den „ohne Zweifel schwierigen Termin richtig gut gemacht“. Laut der deutschen Seite lief das private Mittagessen (Salat, Steak, Cola) danach anders, aber auch gut. Da sprach Merz mehr, Trump hörte viel zu, ließ sich sogar den Sinn der EU erklären: Friedenswerk für Europa, nicht Anti-USA-Bündnis.
Treffen zwischen Merz und Trump: US-Soldaten in Europa und der Handelskrieg
Inhaltlich sind zumindest Ansätze spannend. Auch bei Vielredner Trump lohnt es sich, genau hinzuhören. Unaufgefordert beteuert er, die zehntausenden US-Soldaten in Europa stationiert zu lassen. Sie seien „viele“ und auch teuer, aber: „Wir machen das, kein Problem.“ Merz hatte vor dem Besuch die drastische Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben auf fünf BIP-Prozent angekündigt (davon 1,5 Punkte für Infrastruktur), Trump hat das registriert.

Auffällig auch beim Thema Handelskrieg: Der US-Präsident lobpreist seine Zölle, aber spricht vor Merz von einem „Deal“. Er lässt fallen, die USA würden gern mehr Öl und Gas verkaufen. Merz bringt dafür in mehreren Gesprächen unter, dass die deutschen Autobauer ebenso viele Autos in die USA exportieren, wie sie in den USA fertigen. Subtext: BMW und Co sind auch riesige US-Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktoren, mach sie nicht kaputt, Donald. Bis 9. Juli läuft die Frist für eine Einigung USA-EU. Unverändert angedroht sind brutale 50 Prozent auf alles.
Merz zu Gast bei Trump: Keine Annäherung bei Ukraine-Krieg
Bei der Ukraine gibt es keine Annäherung. Merz preist Trump als „Schlüsselfigur“ für das Ende des Kriegs. Vielleicht hat der US-Präsident das so verstanden, wie es gemeint war: Nicht als Nettigkeit, sondern als Aufruf, sich ja nicht genervt aus den Verhandlungen zurückzuziehen. Die Deutschen warnen die Gastgeber in mehreren Runden, dass Russland gerade eine neue Großoffensive vorbereite. Ob das bei Trump ankommt? Offen. Auf verschärfte US-Sanktionen gegen Russland legt er sich nicht fest.
Dem Frieden blind trauen werde man nicht, heißt es in deutschen Regierungskreisen, man wisse um Trumps Unberechenbarkeit. Deutschland, über Jahre sein erstbester Prügelknabe in Europa, wird nicht über Nacht der Lieblingsverbündete geworden sein. Doch klar ist, dass der Kontinent nun einen weiteren festen Gesprächskanal nach Washington hat, dass Merz nun wie Meloni und Macron jederzeit bei Trump anrufen kann. Merz kümmert sich aber darum, dass das nicht als innereuropäische Eifersüchtelei und Alleingang wahrgenommen wird. Noch bevor er in den Flieger nach Berlin steigt, schickt er in die wichtigsten Hauptstädte in Europa einen Überblick, wie seine Trump-Gespräche gelaufen sind.