Linnemanns Plan zur Beamten-Revolution erhält Gegenwind aus Bayern

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Deutschland diskutiert über Sozialreformen – und die Unterschiede zwischen Arbeitnehmern und Beamten. Nun stellt der CDU-Generalsekretär eine Grundsatzfrage.

Berlin – Carsten Linnemann sieht eigentlich nicht aus wie ein Revolutionär. Aber was der 48-Jährige da am Samstag gegenüber der Funke Mediengruppe in die politische Debatte wirft, darf man durchaus als revolutionäres Vorhaben einstufen. „Wir sollten nur noch dort verbeamten, wo es ein besonderes Treueverhältnis zum Staat gibt, zum Beispiel bei der Polizei, der Feuerwehr oder in anderen Sicherheitsbereichen, bei Finanzbeamten oder beim Zoll“, sagt der CDU-Generalsekretär, der als enger Vertrauter von Kanzler Friedrich Merz gilt. Mit dieser Maßnahme könnte der Beamtenapparat deutlich verkleinert werden.

Carsten Linnemann, CDU (Archivbild)
CDU-Generalsekretär Linnemann will das Beamtenwesen grundlegend reformieren. © IMAGO/Bernd Elmenthaler

CDU-Generalsekretär stellt den bisherigen Umfang der Verbeamtung in Ministerien infrage

Laut Statistischem Bundesamt waren 2023 knapp 5,4 Millionen Menschen im öffentlichen Dienst tätig, 1,8 Millionen davon verbeamtet. Rund die Hälfte davon sind Landesbeamte, darunter viele Lehrer. 33 Prozent sind Kommunalbeamte, nur zehn Prozent sind beim Bund tätig. Gleichwohl könne man „dort anfangen, wo der Bund zuständig ist“, findet Linnemann, der aus einer Buchhändler-Familie kommt.

Konkret stellt der CDU-Generalsekretär infrage, ob Mitarbeiter in den Ministerien im bisherigen Umfang verbeamtet werden müssten. „Ich finde, das ist nicht überall notwendig.“ Zudem verweist er auf das Vorhaben der Bundesregierung, bis 2029 generell acht Prozent an Personal in den Ministerien einzusparen.

Linnemann attackiert Beamten-Privilegien – CSU stellt sich schützend vor das Berufsbeamtentum

Es ist ein heißes Eisen, das Linnemann da anfasst. Aus der CSU kommt prompt Widerstand. „Das Berufsbeamtentum ist eine zentrale Säule unseres Staatswesens. Es sorgt für Stabilität, Verlässlichkeit und Unabhängigkeit – und trägt den Staat“, sagt Florian Herrmann (CSU), Chef der Staatskanzlei, unserer Zeitung. Herrmann gilt als enger Vertrauter von Parteichef Markus Söder. „Wir stehen daher klar zum Berufsbeamtentum und wertschätzen die vielen Menschen, die in Verwaltung, Schulen, Polizei, Justiz oder Finanzwesen und Zoll tagtäglich Verantwortung übernehmen.“

Sozialstaat zu teuer? Bas: „Bullshit“

Arbeitsministerin Bärbel Bas hat eine in ihren Augen dramatisierende Debatte über die Kosten der sozialen Sicherungssysteme kritisiert. „Diese Debatte gerade, dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat finanziell nicht mehr leisten können, ist – und da entschuldige ich mich jetzt schon für den Ausdruck – Bullshit“, sagte die SPD-Politikerin vor NRW-Jusos in Gelsenkirchen. Der Sozialstaat trage zum sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft bei. Bas betonte gleichzeitig die Notwendigkeit von Reformen. Man müsse bei Gesundheitsversorgung, Pflege und Rente ein stabiles System finden, insbesondere für die nächsten Generationen. Es könne aber nicht sein, dass die, die reich sind und ohnehin nicht in die gesetzlichen Systeme einzahlten, „darüber schwadronieren, dass wir uns das alles nicht mehr leisten können“.

Aiwanger fordert weniger Bürokratie statt Abbau des Beamtentums

Ähnlich sieht es in Bayern der Koalitionspartner. „Beamtenschelte ist populär, wenn eine Regierung nicht mehr weiterweiß, löst aber die Probleme nicht“, sagt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Parteichef der Freien Wähler, die unter anderem die Kultusministerin stellen. Als mahnendes Beispiel führt Aiwanger die Bahn an. „Seit die Lokführer nicht mehr verbeamtet sind und die Bahn privatisiert ist, ist nichts besser geworden. Wenn Lehrer nicht mehr verbeamtet wären und streiken würden, wäre es schlechter, nicht besser.“ Ein starkes Berufsbeamtentum garantierte, dass unser Staat überhaupt noch funktioniere, findet Aiwanger. „Wenn uns die Beamten zu teuer sind, müssen wir in erster Linie Bürokratie reduzieren, nicht Staatsaufgaben privatisieren.“

Vorsichtige Zustimmung kommt dagegen aus der SPD. „Auch wenn es hierzu keine Vereinbarung im Koalitionsvertrag gibt, kann man Diskussionen über die Ausgestaltung des Berufsbeamtentums grundsätzlich führen“, sagt Sebastian Roloff, wirtschaftspolitischer Sprecher. „Am Ende eines langfristigen Prozesses sollte ein einheitliches System der Altersvorsorge für alle stehen. Details für Schritte auf dem Weg dahin müssten noch diskutiert werden.“ (Mike Schier)

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