Die schwächsten trifft's zuerst - Wer unter der Wirtschaftskrise jetzt besonders leidet

2.993.000 Menschen waren im Januar in Deutschland arbeitslos gemeldet. Die Marke von drei Millionen wurde damit nur denkbar knapp verfehlt. Letztmals wurde sie im März 2011 überschritten, also vor fast 14 Jahren. Gegenüber dem Vorjahr meldete die Bundesagentur für Arbeit jetzt 187.000 Arbeitslose mehr. 

Der Grund des Anstieg ist schnell ausgemacht: 

  • Deutschlands Wirtschaft steckt in einer Krise.
  • 2024 dürfte das Bruttoinlandsprodukt das zweite Jahr in Folge gesunken sei. 

Das gab es zuletzt in den Jahren 2002/03, wenngleich der Abschwung über beide Jahre zusammengenommen damals wie heute niedriger ausfällt als etwa der einjährige Abschwung während der Finanzkrise 2009 oder der Corona-Krise 2020.

Kaum Entlassungen trotz kriselnder Wirtschaft

Nun wäre die logische Schlussfolgerung, dass die Arbeitslosigkeit in einer solchen Wirtschaftskrise steigt, weil Unternehmen Mitarbeiter entlassen. Tatsächlich mangelt es auch nicht an groß angekündigten Sparprogrammen. Gerade die Automobilbranche hat zehntausende Stellenstreichungen beschlossen, bei ThyssenKrupp alleine fallen fast 12.000 Arbeitsplätze in den kommenden Jahren weg. 

Aber: Gekündigt wird deswegen kaum ein Mitarbeiter. Meist werden Stellen dadurch abgebaut, dass sie nicht neu besetzt werden, wenn der aktuelle Mitarbeiter seinen Posten verlässt – sei es, weil er selbst kündigt, in Rente geht, ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft oder ein Mitarbeiter wegen Krankheit aus dem Unternehmen ausscheidet.

Das ist nicht nur der Fall bei großen Konzernen, sondern ein allgemeines Phänomen des deutschen Arbeitsmarktes im Moment, wie die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt. In den vergangenen zwölf Monaten meldeten sich 2,37 Millionen Menschen arbeitslos, die zuvor einen Job hatten. Das können also Entlassungen sein, Mitarbeiter, die von selbst gekündigt haben oder deren befristeter Arbeitsvertrag auslief. Die Zahl ist zwar leicht angestiegen, liegt aber weiterhin unter denselben Zahlen von vor der Corona-Krise. 

2018 und 2019 kamen im Schnitt 2,41 Millionen neue Arbeitslose aus dem Erwerbsleben hinzu. Da wir damals eindeutig keine Wirtschaftskrise hatten, wäre also zu vermuten, dass diese Zahl heute in einer Krise deutlich höher liegen würde, wenn Unternehmen massenhaft Mitarbeitern kündigen – das ist aber nicht der Fall.

Diese Gruppen sind besonders von Arbeitslosigkeit bedroht

Wenn die Arbeitslosenzahl also nicht ansteigt, weil mehr Menschen ihren Job verlieren, muss es deswegen sein, weil weniger Menschen einen Job finden. Und tatsächlich: 

  • Von Februar 2024 bis Januar 2025 wechselten nur 1,83 Millionen Menschen von der Arbeitslosigkeit ins Erwerbsleben.
  • Vor Corona waren es noch 2,02 Millionen Menschen pro Jahr. Die Zahl hat sich also um fast zehn Prozent verringert.
  • Die Differenz zwischen denen, die ihren Job verloren haben und denen, die ihren Job neu gefunden haben, ist damit so hoch wie nie in den vergangenen sechs Jahren: 545.000 Erwerbstätige trennen beide Gruppen.

Dass Unternehmen weniger einstellen als vor der Corona-Krise zeigt sich auch an den gemeldeten offenen Arbeitsstellen. Rund 632.000 waren es im Januar 2025. Klammern wir die Corona-Krise aus, in der natürlich weit weniger Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt herrschte, ist das der niedrigste Wert seit Februar 2016 – also seit rund neun Jahren. Dabei haben wir immer noch einen Fachkräftemangel. Das zeigen auch die Zahlen, etwa dadurch, dass selbst dieser niedrigste Wert seit neun Jahren immer noch höher liegt als alle Werte in den neun Jahren davor.

All diese Zahlenspiele legen die Vermutung nahe, dass es bestimmte Gruppen unter den Erwerbstätigen sind, die in Deutschlands aktueller Wirtschaftskrise Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben:

  • Berufsanfänger: Wer gerade jetzt sein Studium, seine Ausbildung oder die Schule abschließt und einen Job suchen muss, hat schlechte Karten. Tatsächlich ist die Jugendarbeitslosigkeit seit 2022 von 4,4 auf 5,3 Prozent angestiegen. Das ist international noch immer ein niedriges Niveau, aber immerhin eine Steigerung von rund 20 Prozent.
  • Berufsrückkehrer: Wer eine Krankheit überwunden hat, ein Kind erzogen, einen Angehörigen gepflegt hat oder aus anderen Gründen nach einer längeren Auszeit vom Erwerbsleben wieder einen Job sucht, findet derzeit harte Bedingungen vor. Hierfür gibt es von der Bundesagentur für Arbeit aber keine detaillierten Statistiken, mit denen sich das untermauern ließe.
  • Befristete Angestellte: Wer mit einem befristeten Vertrag gearbeitet hat oder etwa als Zeitarbeiter temporär an eine Firma ausgeliehen war, dürfte meist der erste sein, dessen Stelle eingespart wird. Wer so in der Arbeitslosigkeit landet, steht also vor dem oben genannten Problem, dass derzeit weniger eingestellt wird und deswegen mehr Bewerber auf weniger Jobs kommen.

So verbessern Sie Ihre Chancen

Wer derzeit in der Arbeitslosigkeit steckt, für den ist es natürlich keine Lösung, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Kombination aus vielen offenen Stellen bei gleichzeitig weniger Neueinstellungen zeigt auch, dass es Unternehmen vermehrt schwerer fällt, die passenden Mitarbeiter zu finden. Das kann viele Gründe haben: Bewerber können nicht qualifiziert genug sein, am falschen Ort wohnen oder es gibt schlicht für die Branche zu wenig Kandidaten.

Wer also in der richtigen Branche sucht, verbessert seine Chancen schon einmal. Am meisten gesucht werden derzeit Mitarbeiter...

  • Im Verkauf (39.943 offene Stellen),
  • in der Lager- und Postwirtschaft (37.167) und
  • in der Erziehung und Sozialarbeit (27.372).
  • Auch Maschinenbau, Betriebs- und Energietechnik sowie Bus- und Bahnfahrer kommen auf jeweils mehr als 20.000 offene Stellen.
  • Schlecht sieht es hingegen aus, wenn Sie im Kunsthandwerk, Produktdesign, in Museen oder am Theater arbeiten wollen – hier sind jeweils weniger als 100 offene Stellen gemeldet.

Die passende Branche ist aber nur ein Element, wenn Sie einen Job benötigen. Das zweite ist Flexibilität. Hier sind jüngere Menschen ohne familiäre Bindungen an einen Ort im Vorteil, weil sie schneller und einfacher innerhalb Deutschlands umziehen können. Wer das nicht kann, muss im Einzelfall abwägen, ob eine Jobchance in einer anderen Region den Aufwand eines Umzugs mit der Familie rechtfertigt.

Der Trend ist nicht ihr Freund

Die jetzige Lage auszusitzen, dürfte keine Lösung sein. Bisher deutet nichts darauf hin, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt 2025 wesentlich verbessert. Die Zahl der neuen Arbeitslosen, die aus einem Job kommen, steigt im Zwölf-Monats-Schnitt seit fast drei Jahren fast unaufhörlich an. Zwar nimmt auch die Zahl der Arbeitslosen, die einen Job finden, seit zwei Jahren zumeist zu, aber wesentlich langsamer als die erste Zahl – weswegen die Differenz eben auf den jetzigen Rekordstand angewachsen ist. 

Das Ifo-Beschäftigungsbarometer, welches die Motivation von Unternehmen abfragt, in den kommenden Monaten Mitarbeiter einzustellen, ist ebenfalls wenig erbaulich. Im Januar lag es bei 93,4 Punkten. Das war zwar etwas höher als einen Monat zuvor, aber weiter unter der Schwelle von 100 Punkten. Es gibt weiterhin die Tendenz, Personal abzubauen“, sagt Klaus Wohlrabe, der die Umfragen des Ifo-Instituts leitet. Letztmals war das Barometer im Sommer 2022 im positiven Bereich. Hinzu kommen schwache Prognosen für das Wirtschaftswachstum: Verschiedene Ökonomen rechnen mit einem Anstieg von 0,2 bis 0,4 Prozent.

Unter all diesen schlechten gibt es aber auch eine wichtige gute Nachricht: Wer derzeit einen unbefristeten Job hat, muss sich um diesen kaum Sorgen machen. So schwer es ist, neue Mitarbeiter zu finden, können es sich die meisten Unternehmen kaum leisten, gute Mitarbeiter zu kündigen. 

Im Umkehrschluss bedeutet das für Sie: Das Schlechteste, was Sie aktuell machen könnten, wäre, Ihren Job zu kündigen, ohne eine Alternative bereits im Sack zu haben.