Gastbeitrag von Martin Kragh - Warum Kims dunkle Rolle in Putins Kreuzzug so gefährlich für uns ist
Die weiterreichenden Auswirkungen geben in der Tat Anlass zu Sorge. Ob es sich nun um eine wirkliche „Achse“ handelt, die nicht nur Russland und Nordkorea, sondern auch China und den Iran umfasst, oder einfach nur um eine „Zweckgemeinschaft“ zwischen zwei Ausgestoßenen im internationalen System, ist dabei unerheblich.
Russlands Krieg gegen die Ukraine hat globale sicherheitspolitische Dimensionen, und die politischen Führer in Moskau, Peking, Pjöngjang und Teheran verfolgen ähnliche, wenn auch nicht identische Ziele.
Russland und China offerieren eine Art „diplomatische Deckung“
Der chinesische Staatschef Xi Jinping, der Wochen vor der vollumfänglichen Invasion Russlands in die Ukraine im Jahr 2022 eine „grenzenlose Partnerschaft“ mit Wladimir Putin verkündet hatte, begnügt sich damit, die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen und duale Technologien zu liefern.
Auch fällt es schwer, stichhaltige Beweise für die populäre Behauptung zu finden, Peking sei ernsthaft besorgt über die nordkoreanisch-russische Männerfreundschaft.
Der Iran liefert Drohnen für Russlands Krieg in der Ukraine. Russland hat im Gegenzug den Huthis als iranischen Proxys Satellitendaten für Schiffe im Roten Meer zur Verfügung gestellt.
Russland und China offerieren in ihrer Eigenschaft als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats jenen Ländern eine Art „diplomatische Deckung“, welche die „westlich geführte“ Ordnung in Frage stellen – unabhängig von den Rückwirkungen auf die Menschenrechte, Friedenssicherung und UN-Charta.
Nordkorea: Unterstützen Russland in seinem „heiligen Krieg“
Die außenpolitischen Ambitionen Russlands, Chinas, Nordkoreas und des Irans weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Alle vier Länder sind gewillt, eine neue internationale Ordnung aufzubauen, die oft als „multipolar“ bezeichnet wird.
Putin hat Russland als in einen „antikolonialen“ Kampf mit dem „kollektiven Westen“ engagiert beschrieben und die USA als „globale neokoloniale Diktatur“ bezeichnet.
Zuvor hatte er darauf bestanden, dass Russland mit seiner Invasion in der Ukraine „traditionellen Werte“ verteidige und gegen solche Bedrohungen wie „westlicher Liberalismus“, „Satan“ und „Nationalsozialismus“ ankämpfe.
Die Außenministerin Nordkoreas, Choe Son-hui, bemerkte kürzlich, dass ihr Land Russland in seinem „heiligen Krieg“ unterstütze. Der russische Präsident Wladimir Putin kümmert sich nicht um den offensichtlichen Widerspruch seiner Behauptungen, Russland sei einerseits eine „souveräne, autarke Macht“ mit der Fähigkeit, den Lauf des Weltgeschehens mitzubestimmen, und andererseits ein Opfer westlicher Dominanz.
Putin schafft es erfolgreich, die widersprüchlichen Perspektiven, Russland sei ein Imperium und ein Vorbild für Antiimperialismus, in Einklang zu bringen.
Die russische Opferrolle ist politisch opportun, und Putins Klagen über eine angebliche westliche Bedrohung finden auch im Ausland großen Anklang.
Ist eine neue antidemokratische „Achse“ entstanden?
Bei Beantwortung der Frage, ob es die Welt heute mit einer neuen antidemokratischen „Achse“ zu tun hat, sollte man bedenken, dass die Zusammenarbeit zwischen Russland, China, Iran und Nordkorea in gewisser Hinsicht bereits über das hinausgeht, was sich zwischen Nazi-Deutschland, Italien und Japan abspielte.
Italienische Truppen kämpften an der Ostfront, doch verachtete Hitler Mussolini und griff 1943 eigenmächtig in Italien ein. Auch stimmte der deutsche Diktator keine seiner Entscheidungen mit Japans Hirohito ab.
Die Zusammenarbeit der Achsenmächte war der aktiven Kooperation zwischen den Alliierten Roosevelt, Churchill und Stalin nicht vergleichbar war. Die Achse hat nichts, was dem US-amerikanischen Leih- und Pachtabkommen für das Vereinigte Königreich und die Sowjetunion entsprach.
Historische Analogien haben nur einen begrenzten Erklärungswert. Analyse der Vergangenheit sollte nicht zum Zwecke der Abwertung betrieben werden, wie beim Vergleich von Putin mit Hitler oder Xi mit Hirohito, um sich moralisch überlegen zu fühlen.
Ebenso sind die wahren Motive politischer Führer, nicht zuletzt in autoritären Staaten, in denen die Rechenschaftspflicht gering ist, schwer zu durchschauen. Pathetische Proklamationen aus Moskau oder Pjöngjang sollten mit gebotener Skepsis behandelt werden.
Achse Russland, China, Iran, Nordkorea: Bedrohung für alle Länder
Dennoch stellen die sich vertiefenden Beziehungen zwischen Russland, China, Iran und Nordkorea eine ernsthafte Bedrohung für alle Länder dar, die in ihrem geopolitischen Fadenkreuz stehen, von der Ukraine bis nach Taiwan.
Unabhängig von der formellen Natur ihrer Verstrickungen stellen sie eine Herausforderung für die Stabilität und Ordnung in Europa, dem Nahen Osten und Asien dar. Dabei koordinieren sie ihre Aktionen. Darüber hinaus teilen sie einander ähnliche Weltanschauungen und verleihen ihr Ausdruck. Diese sind zwar ideologisch inkohärent, dienen jedoch als politische Bindemittel.
Die Beziehungen zwischen diesen revisionistischen Staaten zu „entkoppeln“, wie einige Analysten vorgeschlagen haben, ist eine verlockende Idee, aber leichter gesagt als getan.
Die Sicherheitslage in der Welt verändert sich
Man muss vielmehr davon ausgehen, dass die aktuellen Herausforderungen langfristig und global sind und auf grundsätzlich widersprüchlichen Ordnungsvorstellungen beruhen – nicht unähnlich der Situation während des Zweiten Weltkriegs.
Die Regierungen in den USA, Europa und Asien stehen vor immer schwierigeren Entscheidungen. Die Bedrohungen für die Ukraine werden nicht verschwinden, und die bis vor kurzem relevante Einschränkung der westlichen Unterstützer des Landes, dem Land zu erlauben, sich im Einklang mit dem Völkerrecht zu verteidigen, hat die Position des Landes für eine Verhandlungslösung geschwächt.
Die Sicherheitslage in der Welt verändert sich in eine Richtung, die die Aufrechterhaltung von weltweitem Frieden und Stabilität immer schwieriger macht.