Experte sicher: Comeback von Nord Stream 2 „wäre technisch kein Problem“

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Die Spekulationen um einen möglichen Kauf von Nord Stream 2 flachen nicht ab. Experten zufolge ist die Innebtriebnahme der Pipelines technisch möglich.

München – Eigentlich hatte sich die Aufregung um das Pipelineprojekt Nord Stream längst gelegt. Nachdem Russland die Gas-Lieferungen im Sommer 2022 von Nord Stream 1 gestoppt hatte, wurden alle Pipelines von Nord Stream im gleichen Jahr Opfer eines Sabotageakts. Medienberichten zufolge soll ein US-Investor Interesse an Nord Stream 2 zeigen. Hat das Projekt wieder eine Zukunft? Die Antwort lautet Ja und Nein.

Nord-Stream-2-Comeback: Laut Experte „technisch kein Problem“

Bei dem Anschlag auf die Pipelines wurden nicht alle Gasleitungen gleichermaßen beschädigt. Die Pipelines des 2011 in Betrieb gegangenen Nord-Stream-1-Projekts wurden stark zerstört. Bei Nord Stream 2, das nie in Betrieb genommen wurde, sind die Folgen der Explosion nicht ganz so verheerend gewesen. Denn nur eine Pipeline der zwei Röhren wurde gravierend beschädigt. Die andere nur leicht. Bei einer Reparatur müssten die zerstörten Rohrabschnitte mit einer Länge von 12 Metern pro Segment und einem Innendurchmesser von einem Meter entfernt werden.

Nicht verbaute Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 – werden sie vielleicht doch noch gebraucht?
Nicht verbaute Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 – werden sie vielleicht doch noch gebraucht? © Stefan Sauer/dpa

„Aus technischer Sicht ist das kein großes Problem“, erklärte Michael Rodi, Experte für Energiepolitik im Ostseeraum von der Universität Greifswald, dem Spiegel. Die Kosten der Reparatur würden sich auf rund eine halbe Milliarde Euro belaufen. „Das ist aber wirtschaftlich darstellbar, angesichts der einstigen Investitionskosten der Pipeline von knapp zehn Milliarden“, so Rodi.

Zukunft von Nord Stream 2 – Habeck-Ministerium: „Frage stellt sich nicht“

Auf Spiegel-Nachfrage beim Netzbetreiber Gascade heißt es: „Die beiden Nord-Stream-Systeme sind in Lubmin mit dem deutschen Fernleitungsnetz unverändert physisch verbunden, jedoch hydraulisch abgetrennt.“ Das Unternehmen war für den Bau des Anlandepunktes der Pipelines im vorpommerschen Lubmin verantwortlich. Doch als Netzbetreiber vermarkte man Erdgas, „sofern die vertraglichen und regulatorischen Voraussetzungen erfüllt sind“.

Doch was technisch und politisch möglich ist, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Bundesregierung wies die Berichte über eine mögliche Wiederinbetriebnahme zurück. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) erklärte auf ZDF-Frontal-Anfrage, dass es derzeit „keine Gespräche mit Russland über eine etwaige leitungsgebundene Lieferung von russischem Gas [gäbe]. Dies steht nicht zur Debatte“. Zudem sei Nord Stream 2 nicht zertifiziert und somit rechtlich nicht zugelassen. „Die Frage einer Nutzung der Pipeline stellt sich damit nicht“, so das BMWK weiter.

Kauf von Nord Stream 2 liegt auch im „Interesse der Finanzinvestoren“

Doch trotz der Sanktionen gegen Russland hat sich Deutschland nie vom russischen Gas getrennt. Auch wenn an den deutschen Terminals kein russisches Gas mehr ankommt, findet es seinen Weg über Flüssiggaslieferungen an Häfen wie Rotterdam zu uns. Dass die Diskussion um Nord Stream wieder entfacht wird, könnte laut dem Gasmarktexperten und Leiter des Beratungsunternehmens Ganexo, Joachim Endress, einen Grund haben: „Die Spekulation um eine mögliche Zukunft der Gasleitungen ist auch im Interesse der Finanzinvestoren der Pipeline.“

Immerhin hätten Energiekonzerne wie Engie, OMV, Shell, Uniper und Wintershall die Hälfte von Nord Stream 2 bezahlt. Laut Rodi sei eine Unterwasserpipeline derzeit auch nicht billiger zu kriegen. „Es wird voraussichtlich noch lange dauern, bis wieder über Gaslieferungen durch Nord Stream 2 als realistische Option gesprochen werden kann“, fügt der Wissenschaftler hinzu. Ein Kauf zum jetzigen Zeitpunkt sei dennoch möglich. Die Pipelines könnten auch noch 20 Jahre auf dem Meeresgrund liegen, ohne dass etwas passiere. (vk)

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