Drohen wieder Bauernproteste? „Die Sorgen und Nöte sind nicht weg“
In Thüringen treffen sich die Landwirtschaftsminister zu einer wichtigen Konferenz. Der Ärger der Bauern bleibt. Es geht vor allem um Bürokratie.
Oberhof – Skurrile Situation für Susanna Karawanskij: Die Landwirtschaftsministerin von Thüringen lädt diese Woche zur Agrarministerkonferenz, ihr Bundesland hat den Sitz turnusgemäß inne. Karawanskij soll zwischen Bund und Ländern vermitteln. Es dürfte das letzte Mal sein, dass die 44-Jährige Verantwortung ausübt.
Denn Karawanskij ist Politikerin der Linken. Ihre Partei hat bei der Thüringen-Wahl Anfang September satte 17,9 Prozentpunkte verloren. Es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass die Linke – die bislang sogar den Ministerpräsidenten stellte – noch einmal in Regierungsverantwortung in dem Bundesland kommt. Karawanskij wird damit aller Voraussicht nach ihr Amt verlieren. Bei ihrem vorerst wohl letzten großen Auftritt will sie inhaltliche Akzente setzen und die Bauern vor Ort unterstützen. Die Proteste dürften damit aber nicht komplett befriedet werden können.
„Größere Kundgebungen“ in Thüringen? „Die Sorgen und Nöte sind nicht weg“
Die Agrarministerkonferenz (AMK) findet von 11. bis 13. September im südthüringischen Oberhof statt. Wie Karawanskij im Vorfeld der Konferenz unserer Redaktion mitteilt, hätten sich verschiedene Bauernverbände „wieder mit größeren Kundgebungen angemeldet“. Knapp ein Jahr nach den großen Bauernprotesten im Land hat sich die Stimmung zwar beruhigt, gänzlich verstummt ist die Kritik der Landwirte allerdings nicht. „Wir hatten zu Beginn des Jahres ausgehend von der Haushaltssperre im Bund und dem Agrardiesel mit den Bauernprotesten eine große Aufmerksamkeit für die Landwirtschaft“, sagt Karawanskij. „Diese Sorgen und Nöte sind auch nicht weg. Da brauchen wir noch mehr Geduld.“
Ein Streitpunkt ist die Bürokratie. Am Rande der Proteste waren Schilder zu lesen mit Aufschriften wie „Bürokratie und Gesetze ohne Verstand“, „Schluss mit dem Verordnungswahn“ oder „Bürokratiewahnsinn stoppen“. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat mittlerweile darauf reagiert und ein Papier vorgestellt, von dem Bauern „spürbar profitieren“ würden. Es geht um schnellere Genehmigungsverfahren, weniger Papierkram, verschlankte Verordnungen und insgesamt mehr Freiheiten bei der täglichen Arbeit.

Bürokratieabbau in der Landwirtschaft: „Handelt sich um Daueraufgabe“
Davon profitierten auch die Bauern in Thüringen, meint Karawanskij. Ein paar Beispiele: „Es gibt nun mehr Flexibilität bei Brachen. Für die gekoppelten Prämien für Schafe und Ziegen sind keine zwei Ohrmarken mehr nötig. Der Betriebsinhabernachweis muss nicht mehr jährlich erfolgen und der Anbau von Nutzhanf wurde entbürokratisiert.“ Doch klar sei auch: „Uns allen ist bewusst, dass es sich um eine Daueraufgabe handelt und deshalb wird das Thema Bürokratieabbau bei der AMK in Oberhof wieder auf der Tagesordnung stehen.“
Laut Tagesordnung soll es unter anderem um Anpassungen bei Mitteilungsfristen und eine „effiziente Agrarverwaltung“ gehen. „Wir müssen den Bürokratieabbau jetzt auch über Jahre fortführen“, sagt Karawanskij. Zudem geht es bei der Konferenz unter anderem um die EU-Agrarpolitik, Regeln zu Wald und Jagd oder die generelle ländliche Entwicklung.

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Aus Ministeriumskreisen ist zu hören, dass auch das Tierhaltungskennzeichungsgesetz sowie die Novellierung von Düngeregeln besprochen werden sollen. In der Vergangenheit hatte es hier immer wieder Streit zwischen Bund und Ländern, aber auch Kritik von Bauern gegeben. Als Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) im Sommer in Niedersachsen unterwegs war, empfingen ihn rund 40 Bauern mit Traktoren. Im anschließenden Gespräch ging es unter anderem um Düngeregeln und aktuelle Nitratgrenzwerte.
Wie groß die Proteste in Oberhof werden, ist zum Start der Konferenz unklar. Sowohl der Bundesbauernverband als auch der Thüringer Bauernverband ließen eine Anfrage von IPPEN.MEDIA unbeantwortet.