AfD als rechtsextrem eingestuft – Boris Palmer kritisiert Verfassungsschutz scharf
Boris Palmer hat den Verfassungsschutz für die angeblichen Hintergründe kritisiert, warum dieser die AfD als gesichert rechtsextremistisch einstufte. Das steckt dahinter.
Berlin - „Als gesichert rechtsextremistisch“, so stuft der Verfassungsschutz jetzt die AfD ein. „Aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde. Als Grundlage dieser Entscheidung dient ein Gutachten, das allerdings nicht zur Veröffentlichung gedacht ist.
Dem Spiegel zufolge wurde jedoch unter anderem ein Zitat von AfD-Chefin Alice Weidel im internen Papier aufgeführt, das aus einem Interview von 2023 mit dem rechtsextremen Sender Compact TV stammt. Darin sprach die Spitzenpolitikerin der Partei vom Phänomen der „Messerkriminalität“, das in „unserer Kultur völlig unbekannt“ sei. Stattdessen werde es aus „gewaltbereiten Kulturen“ in Afrika und dem Nahen Osten nach Deutschland gebracht.
Für Boris Palmer sind die Feststellungen über die AfD nicht neu
„Ist das wirklich alles?“, bezieht sich Boris Palmer in einem Facebook-Beitrag auf den Spiegel-Text, der über die Gründe des Verfassungsschutzes aufklären soll, warum die Behörde die Partei als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Für den Tübinger Oberbürgermeister, der als Kritiker der deutschen Migrationspolitik seit 2015 gilt, scheint die Begründung nicht wasserdicht zu sein. Vielmehr kritisiert er den Verfassungsschutz scharf: „Wenn der Spiegel nicht einfach schlecht informiert ist, hat der Verfassungsschutz vor allem zusammengetragen, was öffentlich bekannt ist. Zumindest ist alles, was ich da lese, nicht neu. Schlimmer noch, alles, was da vorgetragen wird, ist aus dem Feld, in dem die AfD nachgewiesenermaßen die größte Zustimmung in der Bevölkerung hat, nämlich der Migration.“
Boris Palmer sieht keinen „Beleg für Rassismus“
Darüber hinaus sieht Palmer, der sich in der Vergangenheit selbst mehrfach rassistisch geäußert hat, Begriffe wie „Messermänner“ lediglich als „politische Zuspitzungen“, aber nicht als „Beleg für Rassismus“. Weiter führte er in seinem Facebook-Beitrag aus: „Die Diagnose, dass wir Migranten aus ‚gewaltbereiten Kulturen‘ im Land haben, ist in der Kriminalstatistik ablesbar. Es gibt wenige Länder auf der Welt, in denen die Gewalt so niedrig ist, wie in Europa.“
Was Palmer vom Gutachten des Verfassungsschutzes erwartet hat? „Dass V-Männer aus dem Inneren der AfD berichten, dass dort geplant wird, freie Wahlen abzuschaffen, Justiz und Polizei zu unterwandern, einen Putsch vorzubereiten oder zumindest Verfassungsänderungen zur Ermächtigung durchzuführen.“
Zumindest die Fantasien mancher AfD-Politiker dürften allerdings in die von Palmer besagte Richtung gehen. Laut dem Spiegel führte der Verfassungsschutz in seinem Gutachten auf, dass AfD-Politiker die rechtsextreme Verschwörungserzählung von einem politisch gewollten „großen Austausch“ der Bevölkerung durch Migranten verbreiteten. Hannes Gnauck, Beisitzer im AfD-Bundesvorstand, sagte zum Beispiel im April 2023 bei einer Demo gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete: „Die Altparteienregierungen von Bund, Land betreiben hier einen Bevölkerungsaustausch und sie werden nicht ruhen, bis jeder Winkel unseres Landes und jedes friedliche Dorf mit illegalen Migranten vollgestopft ist.“

Warum die AfD außerdem vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wurde
Auch den Begriff „Umvolkung“, der von den Nationalsozialisten geprägt wurde, nutzten AfD-Politiker. Der heutige Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah verwendete diesen in einem Posting im Oktober 2023. Ebenfalls soll die Forderung der „Remigration“ im Gutachten des Verfassungsschutzes eine Rolle gespielt haben. Was mit „Remigration“ gemeint ist? Innerhalb der AfD wird der Begriff durchaus vage genutzt. Nach Einschätzungen aus Sicherheitskreisen soll die Forderung weit über eine rechtsstaatliche Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer hinausgehen. Wiederholt haben AfD-Politiker demnach eine „millionenfache Remigration“ gefordert. Zuletzt lag die Zahl der Ausreisepflichtigen, von denen viele geduldet sind, bei zirka 220.000.
Während Palmer den Verfassungsschutz kritisiert, geht die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch für seine ehemaligen Parteikollegen in Baden-Württemberg nicht weit genug. Pascal Haggenmüller, der Landesvorsitzende der Grünen, hat ein Verbot der AfD gefordert. In Stuttgart erklärte Haggenmüller, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe bestätigt, was seit Jahren in Parlamenten und auf der Straße beobachtet werde: „Die AfD ist eine massive Gefahr für unsere Demokratie und Gesellschaft.“ Wegen zahlreicher umstrittener Aussagen Palmers, die als rassistisch eingeordnet wurden, leiteten die Grünen einst ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn ein. Doch letztlich trat der Tübinger OB selbst bei den Grünen aus.