Balance-Akt mit dem Bunkerknacker: Trump riskiert eine Blamage vor der Welt

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Flammen über Nahost? Nur der B-2-Bomber der US-Luftwaffe kann die 14-Tonnen schwere GBU-57-Bombe ins Ziel bugsieren. Der Kampfjet ist aber durchaus anfällig für die Erfassung durch Radar und damit für die Luftabwehr des Iran. © IMAGO / Mike Mareen

Die GBU-57 kann 60 Meter dicken Beton durchschlagen – wahrscheinlich. Den Beweis hat der US-Bunkerknacker nie erbracht. Was geschieht, wenn er versagt?

Washington D.C. – „Ein B-2-Bomber, der in der Lage ist, lautlos außergewöhnliche Entfernungen zurückzulegen und einen MOP abzuwerfen, ist so ziemlich das Mächtigste, was es gibt – noch vor der Atomkraft“, schreibt Jason Lalljee. Der Autor des Online-Magazins Axios malt aus, was passiert, wenn US-Präsident Donald Trump in den Krieg in Israel eingreift. Der Iran ist als Beinahe-Nuklearmacht in der Region Naher Osten ein militärischer Brocken, der schwer zu knacken sein wird. Wenn überhaupt, müssen die USA deshalb unbedingt ihr schwerstes konventionelles Geschütz auffahren – die GBU-57 Massive Ordnance Penetrator (MOP), den 14 Tonnen schweren „Bunkerknacker“ der US-Luftwaffe. „Die Bombe, die Irans Tiefbunker zerschmettern soll“, wie der Stern sie bezeichnet.

Bunkerbrechende Waffen erzielen ihre Wirkung aus einer Kombination von schierer Masse und Sprengkraft. Die Masse des MOP reicht, um bis zu 100 Meter tief in den Boden einzudringen – die letztendliche Tiefe hängt auch von der Höhe ab, aus der die Bombe abgeworfen wird, also letztendlich der Beschleunigung und der sich daraus ergebenden Energie beziehungsweise der Beschaffenheit des Bodens unter dem Aufschlagpunkt.

USA riskieren Ansehen: „Amerikas Bunkersprengbombe wird im Iran nicht unbedingt funktionieren“

Die Wirkung wiederum hängt von ihrem zu zerstörenden Ziel ab. „Amerikas riesige Bunkersprengbombe wird im Iran nicht unbedingt funktionieren“, urteilt beispielsweise aktuell der britische Economist. Der Grund dafür seien fehlende Informationen über die tatsächliche Stärke des verbauten Betons beispielsweise der im Fadenkreuz stehenden Aufbereitungs-Anlage Fordo: Während die GBU-57 Standardbeton von 60 Metern durchdringen könne, sinke die Eindringtiefe bei doppelt so starkem Beton auf acht Meter, schreibt das Blatt.

„Für Trump geht es jetzt darum, das Gesicht zu wahren. Jetzt ist er in einer schwierigen Lage: Er wollte mit Iran verhandeln. Er wird den Israelis gesagt haben, dass er nicht will, dass sie angreifen. Und dann haben sie es trotzdem getan.“

Der Economist geht ergänzend davon aus, dass die kinetische Energie von 60 Metern Eindringtiefe lediglich erreicht würde mit Standardbeton – der einem Druck von 20 Newton pro Quadratmillimeter (N/mm²) standhalte. Laut dem Blatt habe der Iran wahrscheinlich schon ultrahochfesten Beton entwickelt beziehungsweise verbaut. Der Economist rechnet damit, dass dieser Beton das Sechsfache an Druck aushalten könne – ultrahochfester Beton muss generell 150 Newton pro Quadratmillimeter Druck standhalten.

Neben der kinetischen Energie durch Masse multipliziert mit Beschleunigung entfaltet eine Bombe Energie durch die Detonationswirkung: Eine Explosion von Sprengstoff entlade Gase, die sich mittels einer Druckwelle kugelförmig in alle Richtungen ausbreiteten. Von einer Detonation sei die Rede, „wenn die Druckwelle mit Überschallgeschwindigkeit voranprescht“, informiert das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Iran: Wie stark und dick der iranische Beton ist, kann über Erfolg und Misserfolg entscheiden

Laut dem Economist sei die Bombe auf maximale Wirkung hin konstruiert, allein schon aufgrund ihres schmalen Profils. Anders als Standard-Freifallbomben soll sie ihre Wirkung möglichst punktförmig konzentrieren. Der Großteil des Gewichts entfalle zudem auf die Ummantelung aus Stahl, um sie schwerer zu machen: „Die Hülle besteht aus einer speziellen, ultrastarken Legierung namens Eglin-Steel (benannt nach dem Luftwaffenstützpunkt in Florida, auf dem sie entwickelt wurde)“, schreibt das Blatt. Nur maximal drei Tonnen am Gesamtgewicht sollen auf den Sprengstoff entfallen.

„Wie stark und dick der iranische Beton ist und wie stark die amerikanische Bombe modernisiert wurde, kann über Erfolg und Misserfolg entscheiden“, resümiert der Economist, laut einer Aussage von Gregory Vartanov, die der Rüstungstechniker 2021 im Magazin Aerospace & Defence Technology getätigt hat: Bomben aus Eglin-Stahl seien nicht stark genug, um den besten ultrahochfesten Beton zu knacken. Erschwerend käme hinzu, dass der USA wohl die Erfahrungswerte mit ihrer Spezialwaffe fehlten: „Offiziell haben die USA ihre größte konventionelle Bombe noch nie eingesetzt“, behauptet Patrick Hoeveler in der Flugrevue.

Israel-Iran-Krieg birgt Risiken: Zwei Bomben für Zerstörung von Fordo nötig?

20 Stück sollen die USA im Arsenal haben, jede zu einem Stückpreis von dreieinhalb Millionen US-Dollar. Die Waffe war bereits in den 1990er-Jahren angedacht worden und sollte ausländischen Mächten klarmachen, dass die USA sie bis in ihre tiefsten Entwicklungs- oder Depotbunker hinein vernichten könnten. Allerdings hat sich parallel zur Rüstungs- auch die Verteidigungstechnik entwickelt und die GBU-57 könnte bereits vor ihrem ersten Kriegseinsatz aus der Zeit gefallen sein.

Bunkerknacker-Revival unter Clinton

Obwohl bunkerzerstörende Waffen bereits im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden waren, sollen die Ursprünge der GBU-57 in die Amtszeit des 42. US-Präsidenten Bill Clinton fallen.

Entsprechend seiner Direktive PDD-60 sollten die USA imstande sein, als Reaktion auf Angriffe oder Vorbereitungen zu Angriffen, „inakzeptablen Schaden“ an den Vermögenswerten zu verursachen, die ein potenzieller Feind am meisten schätzt, wie die Federation of American Scientists aus der Direktive zitiert. Die US-Regierung und später auch die Nato gingen davon aus, dass „Schwellenländer der Dritten Welt“ den Besitz von ABC-Waffen anstrebten und diese entweder in unterirdischen Bunkern entwickelten oder dort lagerten. Die US-Militärs seien davon ausgegangen, dass sie von den geschätzten 10.000 Bunkeranlagen weltweit rund 90 Prozent mit ihren bisher entwickelten Waffen hätten ausschalten können.

Für die restlichen zehn Prozent fehlten Bomben, die zwei Eigenschaften besitzen sollten: Sie hatten als sogenannte Bunker-Buster-Bomben in einen unterirdischen Bunker einzudringen und als „Agent Defeat Weapon“ (ADW) (zu Deutsch: Mittel zur Zerstörung von Kampfstoffen) die dort deponierten Massenvernichtungsmittel des Gegners rückstandslos zu zerstören.

Als weitere Hürde erweist sich bis heute, dass die schließlich entwickelte GBU-57 Massive Ordnance Penetrator (MOP) so schwer geworden war, dass lediglich der B-2-Bomber die Waffe transportieren kann.

Quelle: Gerhard Piper, Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit

Das scheint als die hauptsächliche Schwierigkeit zu gelten, wie die Financial Times (FT) nahelegt: „Um Fordo zu zerstören, wofür die MOP ausdrücklich entwickelt wurde, wären wahrscheinlich mindestens zwei Bomben nötig, die jeweils genau dieselbe Stelle treffen“, sagt Robert Pape. Der US-Militärhistoriker will herausgefunden haben, dass viele Bombenangriffe in der Vergangenheit der USA unterblieben seien, weil der Nationale Sicherheitsrat schwerlich garantieren konnte, dass die Ziele komplett zerstört würden.

„Wie kann der Nationale Sicherheitsrat der USA im Fall Iran sicher sein, dass er alles bekommt?“, fragt Pape in der FT. Ihm zufolge sei dies das entscheidende Problem – das neben der Treffergenauigkeit die Schwierigkeiten des Anflugs beinhaltet. „Wir haben jetzt die vollständige und totale Kontrolle über den Luftraum über dem Iran“, schreibt Donald Trump aktuell auf seinem Kanal Truth Social. Was zunächst unbewiesen ist; der B-2-Bomber ist kein Kampfjet, der auf einem Radar ohne jegliche Signatur bleibt.

USA haben mit Militärschlag viel zu verlieren: „Für Trump geht es jetzt darum, das Gesicht zu wahren“

Um sicherzugehen, dass die angreifende Plattform ihr Ziel erreicht, müssen sowohl Radaranlagen als auch Luftabwehrbatterien des Gegners weitestgehend neutralisiert werden, warnt Pape. Ein einzelner B-2 Spirit Stealth-Bomber wird auf einen Stückpreis von mindestens zwei Milliarden US-Dollar geschätzt, 20 Maschinen haben die USA im Bestand, laut verschiedenen Medienberichten soll aktuell höchstens die Hälfte davon einsatzfähig sein. Sechs von diesen einsatzfähigen Maschinen seien auf die Insel Diego Garcia im Indischen Ozean verlegt worden, berichtete der Nachrichtensender CNN bereits im April.

Wenn der Einsatz fehlschlage – entweder aufgrund des Abschusses des Trägers oder weil die MOP in ihrer Wirkung versagten – hätten sich die USA als Weltpolizist bis auf die Knochen blamiert. Was auch Trumps ehemaliger Sicherheitsberater aus dessen erster Amtszeit klar geäußert hat: „Für Trump geht es jetzt darum, das Gesicht zu wahren“, sagte John Bolton aktuell gegenüber dem Spiegel. „Jetzt ist er in einer schwierigen Lage: Er wollte mit Iran verhandeln. Er wird den Israelis gesagt haben, dass er nicht will, dass sie angreifen. Und dann haben sie es trotzdem getan.“

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