Immer mehr Russland-Spionage gegen die Bundeswehr: Eigene Soldaten betroffen?
Der Jahresbericht des militärischen Abschirmdienstes (MAD) zeigt, dass die russische Spionage zugenommen hat. Die Aufklärung verlagere sich „auf die taktische Ebene“.
Köln/Berlin – Der neueste Jahresbericht des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) offenbart erschreckende Beobachtungen und Zahlen: Laut den Experten haben russische Geheimdienste ihre Spionage gegen die deutsche Ukraine-Hilfe und die Bundeswehr verstärkt.
Damit habe sich das vornehmlich strategische Interesse der russischen Dienste an Militärpolitik und -strategie „zunehmend auf die taktische Ebene verlagert“, schreibt der MAD in seinem neuen Jahresbericht, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Donnerstag (12. September) vorlag.
Laut MAD ist es für die Russen nun von vitalem Interesse, welche militärische Hilfe Deutschland der Ukraine gewähre, die im Februar 2022 von Russland überfallen wurde. Es gehe um Informationen über Routen von Waffen- und Munitionstransporten, Einsatzverfahren und Taktiken der westlichen Waffensysteme in der Ukraine selbst. „Für die russische Seite ist es entscheidend, an Informationen zu gelangen, die den eigenen Streitkräften einen Vorteil auf dem Gefechtsfeld verschaffen“, so der MAD.
Im Fokus von Moskau: Fähigkeiten der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung
Auch die Fähigkeiten der Bundeswehr selbst zur Landes- und Bündnisverteidigung sind demnach sind wieder verstärkt in den Fokus der russischen Nachrichtendienste gerückt. Weiter heißt es: „Zudem bleiben die Aufklärung und mögliche Sabotage von kritischer Infrastruktur und verteidigungswichtiger Anlagen in Deutschland eine weiterhin ernst zu nehmende Bedrohung.“

Die MAD-Präsidentin Martina Rosenberg schrieb in dem Report: „Gemeinsam stehen wir vor der großen Aufgabe, die Fähigkeiten zur Abwehr bestehender Bedrohungen zu stärken.“ Und: „Zentrales Ziel ist es, die Bundeswehr kriegstüchtig zu machen.“
Extremismus in der Bundeswehr gestiegen: Mehr Verdachtsfälle seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs
Eine weitere Beobachtung, die der MAD verzeichnet, sind steigende Zahlen neuer Fälle, bei denen ein Verdacht auf Extremismus geklärt wird. Für 2023 gebe es ein Plus neuer Fallbearbeitungen auf 483 - gegenüber 390 im Vorjahr, heißt es in dem neuen Jahresbericht des Militärgeheimdienstes.
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Im Bereich Rechtsextremismus wurden demnach im vergangenen Jahr 308 Fallbearbeitungen neu aufgenommen. Im Jahr 2022 waren 278 neue Verdachtsfälle auf den Tisch gekommen.
Mit dem Ukraine-Krieg öffnete sich zudem ein neues Themenfeld im Phänomenbereich auslandsbezogener Extremismus, wo es einen deutlichen Anstieg auf insgesamt 65 neue Verdachtsfällen gab (2022: 18). „Ein Großteil der Neuaufnahmen resultiert aus der Befürwortung und/oder Unterstützung des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine“, heißt es in dem Bericht. Dies stelle einen tatsächlichen Anhaltspunkt für eine extremistische Bestrebung dar, da gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker verstoßen werde.
Im Jahr 2023 wurden laut Bericht 14 Menschen als erkannte Extremisten eingestuft, darunter 6 sogenannte Reichsbürger, 5 Rechtsextremisten und 3 Personen wegen verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates. Im Jahr 2022 waren insgesamt zwölf erkannte Extremisten festgestellt worden: sieben Rechtsextremisten, drei „Reichsbürger“, ein Linksextremist und ein Fall von Ausländerextremismus.
Zusätzliche Aufgabe: Absicherung der deutschen Brigade in Litauen
Es wachse die Notwendigkeit einer „Refokussierung“ der Fähigkeiten der Bundeswehr – auch des MAD – auf die Landes- und Bündnisverteidigung, heißt es in dem Bericht. Es würden auch für den Bündnisfall konzeptionelle und planerische Grundlagen geschaffen und mit den Nachrichtendiensten der Partner abgesprochen. Zudem sei entschieden worden, mit der bis 2027 geplanten Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade im Nato-Land Litauen dort auch eine MAD-Stelle einzurichten.

„Spionage und ihre Abwehr sind grundsätzlich ein „leises“ Geschäft“, schreibt der MAD, der die Öffentlichkeit eher meidet. Ausländische Nachrichtendienste („AND“) arbeiteten im Verborgenen und versuchen, möglichst unerkannt Informationen zu beschaffen, die politisch, wirtschaftlich oder militärisch relevant sind.
Der Militärgeheimdienst stellt fest: „Auch wenn Spionage durch vielfältige Filme und Serien romantisiert und als Abenteuer beschrieben wird, so verfolgen ausländische Staaten mit ihren Aktivitäten harte Ziele, um sich entscheidende Vorteile gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Verbündeten zu verschaffen.“
„Fehlende Haushaltsmittel“: Stellen im MAD unbesetzt
Für seine Aufgaben hat der MAD zusätzliche Stellen für Mitarbeiter bekommen, allerdings sind Posten wegen Geldmangels nicht besetzt. Seit dem 1. Januar 2024 verfüge der MAD über 2131 Dienstposten (2023: 1917 Dienstposten). In dem Bericht heißt es weiter. „Fehlende Haushaltsmittel verhindern jedoch die Besetzung einer unteren dreistelligen Anzahl von Dienstposten“. (bg/dpa)