Doch keine Vergewaltigung beim Bahnhof Regensburg? Tatverdächtige Asylbewerber wieder frei
Zwei mutmaßliche Vergewaltigungen beim Hauptbahnhof Regensburg sorgten für Aufregung. Ein erstes Delikt war erfunden, nun gibt es weitere Zweifel.
Regensburg - Eine angebliche Vergewaltigung am helllichten Tag bei einem Park in der Nähe des Regensburger Hauptbahnhofs, sechs Tage später ein weiteres Sexualdelikt nur ein paar hundert Meter weiter – diese Meldungen hatten Ende Januar für Aufregung gesorgt und Regensburg in die überregionalen Schlagzeilen gebracht. Auch, weil das Bahnhofsumfeld als Kriminalitätsschwerpunkt gilt.
Hauptbahnhof Regensburg: Eine Vergewaltigung war erfunden, an der zweiten gibt es Zweifel
Seit mittlerweile drei Wochen ist bereits klar: Die Vergewaltigung am helllichten Tag gab es nicht. Gegen das vermeintliche Opfer wird nun selbst ermittelt – wegen Vortäuschens einer Straftat. Nun gibt es auch Zweifel daran, dass das zweite Sexualdelikt, bei der Römermauer, unweit vom Ernst-Reuter-Platz, so passiert ist, wie anfänglich angenommen.
Zwei Tatverdächtige, die seit 26. Januar in Untersuchungshaft saßen, wurden nach einem Prüfungstermin beim Haftrichter nun wieder auf freien Fuß gesetzt. Ein dringender Tatverdacht gegen die beiden Tunesier, 20 und 22 Jahre alt, sei „derzeit nicht mehr gegeben“. Das teilte das Polizeipräsidium Oberpfalz mit.
„Handlungen im Einvernehmen“: Verdächtige bestreiten Vergewaltigung
Das Geschehen spielte sich am Abend des 25. Januar ab. Zwei Passanten hatten um kurz vor acht Uhr die Polizei geholt, weil sie Hilferufe bei der Römermauer gehört hatten. Die unmittelbar darauf eintreffende Streife fand eine 29-jährige Frau vor, die aussagte, von zwei Männern vergewaltigt und ausgeraubt worden zu sein. Wenig später nahm die Polizei die beiden Verdächtigen fest.
Bei ihrer Vernehmung gaben die beiden laut polizeilicher Mitteilung nun an, „dass die Handlungen im Einvernehmen mit der 29-Jährigen stattgefunden hätten“. Diese Aussagen „sowie die Auswertung der weiteren Beweismittel insbesondere die Sichtung der Videoaufzeichnungen am Bahnhof“ hätten den zuständigen Haftrichter bewogen, die Männer zu entlassen. Die Ermittlungen zu den Tatumständen laufen allerdings weiter.
Mutmaßliches Sexualdelikt beim Hauptbahnhof Regensburg: Zusammenhang mit Drogenhandel?
Vieles deutet darauf hin, dass die Tat in Zusammenhang mit Drogen und Drogenhandel stehen könnte. Die Frau hatte gegenüber der Polizei angegeben, die beiden Männer beim Busbahnhof „um Kleingeld gebeten zu haben. Dann sei sie diesen zur vor allem nachts schlecht einsehbaren Römermauer gefolgt. Als die Frau später ihre Strafanzeige gegen die beiden Männer stellte, sei sie den Beamten „intoxikiert“, also unter dem Einfluss von Drogen stehend, erschienen, so die Polizei.
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Die kurz nacheinander gemeldeten Sexualstraftaten lösten neben dem breiten Medienecho auch eine politische Debatte aus, die sich weniger den unbestrittenen Problemen am Bahnhof, sondern eher der eigenen Profilierung widmete.
Debatte um Sicherheit am Regensburger Hauptbahnhof: Politische Instrumentalisierung
Die AfD stellte im bayerischen Landtag einen Dringlichkeitsantrag voller offensichtlicher Unwahrheiten, der Regensburger CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Aumer schrieb öffentlichkeitswirksam einen Brandbrief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann kündigte einen Besuch in Regensburg an.
Ein Elternbrief der nahegelegenen St.-Marien-Schulen, den es so oder so ähnlich fast jedes Jahr gibt, wurde von Rechtsextremen instrumentalisiert.
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Hauptbahnhof Regensburg: Kriminalität 2023 gestiegen
Richtig ist, dass die Kriminalität im Bahnhofsumfeld von Regensburg seit Mitte 2023 gestiegen ist. Seit November gibt es deshalb eine eigene Ermittlungsgruppe bei der Kripo und ein Sonderreferat bei der Staatsanwaltschaft – über 30 Tatverdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Mutmaßliche Intensivtäter, die in der großen Mehrheit aus Tunesien stammen – insgesamt leben rund 300 Menschen aus Tunesien in Asylunterkünften in Regensburg.
Die Tatverdächtigen werden vornehmlich des gewerbsmäßigen Diebstahls und mittlerer Körperverletzungsdelikte beschuldigt, wie die Staatsanwaltschaft zuletzt mitgeteilt hat.
Unbestritten ist auch das die Zahl der Sexualdelikte im Bahnhofsumfeld 2023 gestiegen ist, nach Informationen unserer Redaktion auf etwa 15. Welche „Qualität“ diese Delikte haben, ist bislang nicht bekannt.
Kripo Regensburg: Geschichten von „einem Täter, der im Gebüsch sitzt und Frauen angreift“ ist falsch
Den Anstieg der Kriminalität im Bahnhofsumfeld, auch bei Sexualdelikten, bestätigt die Polizei zwar mittlerweile seit Monaten, verweist aber, wenn man Genaueres erfahren will, stets auf den offiziellen „Verkündungstermin“ im März.
Dass die Angst vor „einem Täter, der im Gebüsch sitzt und Frauen angreift“ trotz aller bestehenden Probleme am Bahnhof nicht der Realität entspricht, betonte zuletzt aber Daniel Dorner-Bornschlegel, Sachgebietsleiter für Kriminalitätsbekämpfung im Polizeipräsidium Oberpfalz.
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