Diskussion um Radfahrverbote in Landschaftsschutzgebieten im Landkreis Miesbach
Der Deutsche Alpenverein und die DIMB befürchten, dass in den Landschaftsschutzgebieten im Landkreis Miesbach Radfahrverbote drohen. Das Landratsamt widerspricht dem in vielen Punkten.
Landkreis – Der Deutsche Alpenverein (DAV) und die Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) schlagen Alarm. Beide befürchten mit der Neuausweisung der Landschaftsschutzgebiete im Landkreis ein „nahezu flächendeckendes Radverbot“ und damit einhergehend negative Auswirkungen für die Region. Dem widerspricht das Landratsamt.
Landkreis Miesbach: Diskussion um Radfahrverbote in Landschaftsschutzgebieten
„Radfahren ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung, die gesund ist und grundsätzlich naturverträglich ausgeübt wird“, sagt Nicolas Gareis vom Deutschen Alpenverein. „Das De-Facto-Verbot dieser Freizeitaktivität im Landkreis steht im Gegensatz zu dem, was ein Landschaftsschutzgebiet leisten soll: nämlich auch der Erholung der Bevölkerung dienen.“
Laut gemeinsamem Positionspapier sehen die neuen Verordnungen für die Landschaftsschutzgebiete „eine Beschränkung des Radfahrens auf Alm- und Forstwege mit einer Breite über 2,5 Meter vor“. Ausgenommen davon wären lediglich eigens ausgewiesene Wege und spezielle Mountainbike-Trails, „von denen es im Landkreis allerdings kaum welche gibt“.
Bedenken der Radverbände: Flächendeckendes Verbot droht?
Die Regelungen würden vor allem Menschen im Landkreis treffen, „ohne eine wirksame Lenkungswirkung zu erzielen“, zudem fehle die „naturschutzfachliche Begründung für die Maßnahmen“ komplett, bemängelt Thomas Holz, Sprecher DIMB Interessensgemeinschaft Bayrische Voralpen. „Die Breite der Wege ist für naturverträgliches Fahrradfahren unbedeutend. Die geplanten Verbote sind deshalb vollkommen unverhältnismäßig.“
Zu den Unterstützern des Positionspapiers gehören unter anderem verschiedene Sektionen des DAV, Rad- und Sport-Einzelhändler und der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Weil „dieses einige Falschaussagen“ enthalte, meldete sich das Landratsamt zum Positionspapier und DAV und DIMB zu Wort. Dabei erinnerte das Landratsamt daran, dass das Mountainbiken ein Teil des Kreistagsbeschlusses vom Dezember 2022 zur Neuausweisung der Landschaftsschutzgebiete sei.
Die Regionalentwicklung Oberland (REO) wurde an diesem Tag damit beauftragt, „mit allen notwendigen Anspruchsgruppen“, darunter die Gemeinden, der Bereich Forsten am AELF Holzkirchen, die untere Naturschutzbehörde und die Grundstücksbesitzer, „bis zur endgültigen Schutzgebietsausweisung der sechs Gebiete die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass im Landkreis Miesbach ein regional ausgeglichenes Angebot an Trails als Grundlage für ein Mountainbike-Tourenangebot entsteht“.
Landratsamt: Maßnahmen sind ausgewogen und rechtlich abgesichert
Weiter heißt es im Beschlussvorschlag: „Der Kreistag stellt außerdem klar, dass im Rahmen der endgültigen Schutzgebietsausweisung soweit rechtlich zulässig und verhältnismäßig eine Beschränkung des Radfahrens auf Alm- und Forstwege sowie die ausgewiesenen Trails erfolgen soll.“
Das Landratsamt erklärt, dass sich die Untere Naturschutzbehörde vor drei Jahren im Kreistag gegen eine Verbotspolitik ausgesprochen habe. Das Credo: regulieren, aber nicht verbieten und gleichzeitig ein Angebot schaffen. „Diese Beschränkungen sollen sich lediglich auf Wege unter 1,5 Metern Breite beziehen“, betont das Landratsamt.
„Die Angabe von über 2,5 Metern laut DIMB und DAV stimmt also nicht.“ Auch seien derzeitige Forststraßen- und Mountainbike-Touren, die von offizieller Seite kommuniziert werden, „von eventuellen Sperrungen gar nicht betroffen“. Beispiele seien die Erzherzog-Johann-Runde, die Runde um die Schliersbergalm, die Wallberg-Runde, die Auer Alm, Neureuth und Valepp. Das dortige Gasthaus gehört zu den Unterzeichnern des Positionspapiers.
Aktuelle Trails und geplante Entwicklungen im Landkreis
Auch die Befürchtung des nahezu flächendeckenden Radfahrverbots im Landkreis weist das Landratsamt zurück. „Der Norden und das gesamte Leitzachtal sind zum Beispiel überhaupt nicht davon betroffen“, heißt es. Dies gelte auch für den Alltagsverkehr, also Schulwege und Einkaufswege. So werde im Landschaftsschutzgebiet Egartenlandschaft um Miesbach auf eine Beschränkung verzichtet. „Dies haben wir gegenüber DIMB und DAV auch betont“, erklärt das Landratsamt, das hinzufügt, dass der DAV und die DIMB Mitglieder der Steuerungsgruppe Mountainbike der REO seien.
„Schon im Vorfeld waren die beiden Vereinigungen in Besprechungen mit einbezogen“ und seien in die Arbeitsgruppe Landschaftsschutzgebiete des Landratsamtes eingeladen gewesen. „DIMB und DAV seien aber leider nicht zu Kompromissen bereit gewesen, sondern hätten die vom Kreistag auferlegte Neufassung der Landschaftsschutzgebiete schlichtweg abgelehnt“, schreibt das Landratsamt.
Dem entgegengesetzt erklären DAV und DIMB, „trotz wiederholter Angebote zum Dialog und zur Mitarbeit“, nicht einbezogen worden zu sein. Beide Verbände betonen aber, „dass sie weiterhin bereit sind, gemeinsam tragfähige und nachhaltige Maßnahmen zu entwickeln“ und das Projekt in seiner Idee mitzutragen.
Dialog und Zusammenarbeit: Konflikte und Kompromisse
Auch den Rechten der Grundstückseigentümer müsse bei der Neuausrichtung Sorge getragen werden, erinnert das Landratsamt. „Ohne Zustimmung der Grundstückseigentümer kann nun mal zum Beispiel auch kein einziger reiner MTB-Trail in der freien Natur ausgewiesen werden“, sagt Josef Faas von der Unteren Naturschutzbehörde.
Weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten gekommen sei, „wollen wir für beide Seiten verlässliche Leitplanken aufstellen“. Dass dieser Weg Erfolg verspreche, zeige sich darin, dass „seit drei Jahren geeignete Trails rein für Mountainbiker entwickelt und ausgewiesen“ werden. Dies habe es vorher noch nicht im Landkreis gegeben. „Hier hat die REO erfolgreiche Verhandlungen mit Gemeinden, Grundstückseigentümern und Versicherungen geführt“, betont das Landratsamt.
Die Erholung der Bevölkerung sei ein Ziel einer LSG-Verordnung, weiter gehe es aber auch um die Lenkung von touristischen Aktivitäten, zur Schonung der Natur und anderer legitimer Nutzungen. „Wie man sieht, setzen die REO und das Landratsamt die vom Kreistag gestellten Aufgaben eins zu eins um“, erklärt das Landratsamt. „Wir brauchen ein attraktives und nachhaltiges Mountainbike-Angebot in unserem Landkreis.
Zukunftsperspektiven: Nachhaltiges Mountainbike-Angebot in Miesbach
Das jetzige Angebot ist veraltet und wir sind dabei, ein attraktives und legales Angebot für Mountainbiker zu schaffen – da ist es für uns zweitranging, ob in diesem Gebiet eine Sperrung auf anderen Wegen existiert oder nicht. Unser Ziel muss sein: Das Angebot muss sich so positiv entwickeln, dass die naturschutzfachlichen Sperrungen für den Nutzer keine Rolle mehr spielen“, sagt Thorsten Schär von der REO.
Im Juli erfolgt das Auslegungsverfahren zur Neuausweisung der Landschaftsschutzgebiete. Eine Entscheidung des Kreistags solle nicht vor Oktober fallen, erklärt das Landratsamt.
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