Übergewicht ist ein komplexes Puzzle, das weit über einfache Diäten hinausgeht. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop erklärt, welche Faktoren wirklich zählen - und zeigt anhand einer Studie den „wahren Dickmacher“.
Was sind die Hauptursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit aus wissenschaftlicher Sicht?
Die Ursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit sind enorm vielfältig und sehr komplex in einer individuellen Matrix miteinander verwoben. Unser Körpergewicht wird dabei primär durch das Zusammenspiel folgender biologischer Faktoren und Lebensstilfaktoren bestimmt:
- Gene/Erbgut
- Stoffwechselstatus
- Stresslevel
- Ernährung
- Bewegung
- Schlafqualität/-dauer
- Medikamente
- Krankheiten (Diabetes, Schilddrüse, Psyche)
Aber auch sozioökonomische Faktoren spielen eine Rolle, dazu gehören
- geringes Einkommen
- Migrationshintergrund
- sozialer Status und
- niedriger Bildungsstand
Beispielsweise sind Kinder aus diesen Schichten besonders stark von Fettleibigkeit betroffen - das ist auch längst bekannt und mehrfach bestätigt.
Über Uwe Knop
Uwe Knop, Jahrgang 1972, ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Sein Buch " Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben" ist im Springer-Verlag erschienen.
Inwiefern beeinflusst unser Erbgut unser Körpergewicht?
Die Gene spielen die „erste Geige im Konzert des Körpergewichts“ - unser Erbgut hat den größten Einfluss auf die Kilos. Schätzungen gehen davon aus, dass unser gesundes Gewicht zu 70 bis 90 Prozent von unseren Gene bestimmt wird. Dies wurde kürzlich von einer großen, gut gemachten Studie aus Israel bestätigt.
Was hat die Studie aus Israel dazu gezeigt?
Die israelischen Wissenschaftler konnten zeigen, dass Kinder von übergewichtigen und fettleibigen Eltern deutlich häufiger selbst übergewichtig oder adipös sind. So hatten fast 80 Prozent der Kinder mit zwei fettleibigen Elternteilen ebenfalls ein Gewicht im Bereich Übergewicht oder Fettleibigkeit. Bei Kindern von Eltern mit Normalgewicht lag diese Wahrscheinlichkeit nur bei 15 Prozent.
Die Forscher, deren Studie im renommierten Medizinjournal JAMA publiziert wurde, untersuchten dazu fast eine halbe Million Rekruten und ihre Eltern jeweils im Alter von 17 Jahren - und verglichen deren jeweiliges Risiko von Übergewicht oder Fettleibigkeit. Dabei wurde eine starke Korrelation, also ein statistischer Zusammenhang, zwischen dem BMI der Eltern im Alter von 17 Jahren und dem BMI ihrer Kinder im selben Alter festgestellt.
Auch wenn eine Korrelation keine Kausalität liefert (das Grundproblem der Ernährungs- und Gewichtsforschung), so bestätigen auch diese Daten erneut die bisherigen Hypothesen in deutlicher Form. Die Studie fand in Israel statt, die Ergebnisse können aber auch auf andere Länder übertragen werden.
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Was ist „Emotional Eating“ und welche Rolle spielt diese Form des Essen bei Übergewicht?
Unter „Emotional Eating“ versteht man „Essen ohne Hunger“ - also aus emotionalen Gründen wie Stress, Kummer, Langeweile, Angst, Furcht, Trost, Gewohnheiten oder um die Seele zu trösten und sich einen „seelischen Schutzpanzer anzufuttern“. Dieses hungerfreie Psychefüttern kann eine entscheidende Rolle spielen - das hängt stark von der individuellen Intensität und Dauer des „Emotional Eating“ ab.
Wer beispielweise monatelang jeden Abend haufenweise Chips und Süßkram in sich reinstopft und diese „Psychokalorien“ noch mit viel Bier oder Cola runterspült, weil er einsam, traurig und gefrustet ist, der kann ganz schnell ungesund dick werden. Gelegentliches „Emotional Eating“ hingegen ist kein Problem, das kennt sicher jeder. Wenn man aber merkt, Seelenfutter macht mir körperlich Probleme und ich fühle mich damit sehr unwohl, sollte man die Ursachen angehen - denn das übermäßige Essen ist nur Symptom.
"Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben" von Uwe Knop
Wie sollte man am besten essen, um sein natürliches Wohlfühlgewicht zu erreichen und zu halten?
Dazu sollte man so essen, wie es unser Körper verlangt, also Essen mit vollem Vertrauen in sich selbst und seine Gefühle Hunger, Lust, Sättigung und vor allem: Verträglichkeit. Welche Ernährung individuell am besten zu einem passt, das erfahren Sie durch die natürlichste Ernährungsart des Menschen, dem Intuitivem Essen. Mit dieser Essform findet man auch seinen persönlichen „Schlüssel zum biologischen Wohlfühlgewicht".
Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.
