Babyboomer gehen so früh wie möglich in Rente
Der Jahrgang 1964, der geburtenstärkste in Deutschland, wird dieses Jahr 60. Schon jetzt steigt die Zahl der Anträge auf vorzeitige Rente signifikant.
Berlin/Wuppertal – Während des Wirtschaftswunders erreichten die Geburtenzahlen in der Bundesrepublik 1964 einen Rekordwert. Mit 1,36 Millionen Geburten erreichte die Zahl der Neugeborenen einen bis heute unübertroffenen Höhepunkt. Im Gegensatz dazu setzt sich der Geburtenrückgang auch 2023 fort, nachdem die Zahl bereits im Vorjahr um 7,1 Prozent auf 738.819 gesunken war.
Die Menschen des Jahrgangs 1964 werden in diesem Jahr 60 Jahre alt, was den Eintritt in die Rente näher rücken lässt. Viele von ihnen überlegen nun, ob ein vorzeitiger Renteneintritt möglich ist und wie dieser finanziert werden kann.

Frühzeitige Rente bei Babyboomern beliebt
Die Zahl der Babyboomer, die einen früheren Renteneintritt in Betracht ziehen, ist seit Jahren recht hoch. Laut einer repräsentativen Umfrage der Arbeitswissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal kann sich lediglich eine Minderheit der rund 9000 befragten beschäftigten Babyboomer vorstellen, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten.
Seit 2011 erhebt die Bergische Universität Wuppertal im Rahmen der lidA-Studie Statistiken zum Renteneintritt der Babyboomer. In der vierten Erhebungswelle im vergangenen Jahr kamen Beschäftigte des Jahrgangs 1971 hinzu.
Hauptgrund für frühe Rente: Mehr Freizeit
Aktuell können sich laut der Studie nur 22 Prozent der Beschäftigten des Jahrgangs 1959 vorstellen, bis zur Regelaltersgrenze von 66 Jahren zu arbeiten. Im Jahrgang der 1965 Geborenen sind es sogar nur neun Prozent, die bis zur Regelaltersgrenze von 67 Jahren arbeiten wollen, und im Jahrgang 1971 mit derselben Regelaltersgrenze sind es 12 Prozent.
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Der Wunsch nach mehr freier Zeit ist mit 83 Prozent der Hauptgrund für einen angestrebten vorzeitigen Renteneintritt, wie die Umfrage ergab. Dabei ist auffällig, dass der Wunsch nach mehr Freizeit sowohl bei Männern als auch bei Frauen und in allen Berufsgruppen eine konstante Motivation für einen vorzeitigen Berufsausstieg ist.
Verluste bei der Rente bei frühem Renteneintritt
Es besteht zwar keine gesetzliche Verpflichtung, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten, aber wer sich für einen früheren Renteneintritt entscheidet, muss potenzielle Rentenverluste in Kauf nehmen. Bei einem vorzeitigen Renteneintritt müssen Beschäftigte in einer sogenannten Altersrente für langjährig Versicherte einen Rentenabzug von 0,3 Prozent pro Monat verkraften - und zwar für jeden Monat, den die Rente vor Erreichen des regulären Rentenalters beginnt. Maximal belaufen sich die Abzüge auf 14,4 Prozent.
Eine andere Möglichkeit für einen vorzeitigen Renteneintritt ist die sogenannte Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Sie ist abschlagsfrei und kann beantragt werden, wenn die Mindestversicherungszeit von 45 Jahren erfüllt ist. Der abschlagsfreie Renteneintritt mit 63 Jahren gilt jedoch nicht mehr für Versicherte, die 1953 oder später geboren wurden. Für sie steigt das mögliche Renteneintrittsalter für diese Altersrente schrittweise von 63 auf 65 Jahre.
Haushaltsdebatte: Kürzung beim Rentenzuschuss
Im vergangenen Jahr erreichte die Zahl der Anträge auf eine abschlagsfreie Rente nach 45 Arbeitsjahren ein Rekordniveau. Ende September 2023 gab es bereits gut 245.000 Anträge auf die abschlagsfreie Rente ab 63 – etwa 17 Prozent mehr als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Das berichtete die Bild-Zeitung unter Berufung auf die Deutsche Rentenversicherung. Kritiker fordern aufgrund vermeintlich hoher Kosten die Abschaffung der abschlagsfreien Rente ab 63. Die Debatte wurde durch die Haushaltssperre weiter angeheizt.
Im Rahmen des aktuellen Sparpakets der Bundesregierung beschloss das Bundeskabinett die Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung für die Jahre 2024 bis 2027 um jeweils 600 Millionen Euro. Die Rentenversicherung kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung in einer Stellungnahme und betonte, dass durch die Kürzungen der Finanzierungsanteil der Bundesregierung nicht mehr eingehalten werde. (Fabian Hartmann)