Freie Fahrt fürs Peitingmobil: Gemeinderat beschließt unbefristete Fortsetzung des ÖPNV-Projekts
Freie Fahrt fürs Peitingmobil: Mit einem deutlichen Votum hat sich der Peitinger Gemeinderat am Dienstag für eine unbefristete Fortsetzung des ÖPNV-Projekts über die Pilotphase hinaus ausgesprochen. In der Debatte gab es viel Lob für das Angebot, aber auch Kritik.
Peiting – Das Interesse an der Gemeinderatssitzung am Dienstag war groß. Viele Besucher waren gekommen, um aus erster Hand zu erfahren, wie sich der Gemeinderat in Sachen Peitingmobil entscheiden würde. Rathauschef Peter Ostenrieder hatte schon vor der Sitzung keinen Hehl daraus gemacht, dass aus seiner Sicht viel für eine Fortsetzung des bayernweiten Pilotprojekts über die bis zum Juli 2024 befristeten Testphase hinaus spricht (wir berichteten). Mit der Möglichkeit, sich kostenlos innerhalb des Orts von A nach B bringen zu lassen, verfüge die Gemeinde über ein barrierefreies Angebot, das gerade Senioren die Teilhabe ermögliche, hob Ostenrieder hervor. „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir es weiterführen könnten.“ Das Peitingmobil werde nicht nur gut angenommen, es sei auch ein Alleinstellungsmerkmal für den Markt.
Dass viele im Gremium diese Einschätzung teilten, wurde in der folgenden Debatte schnell klar. Man habe in der Vergangenheit einiges probiert in Sachen ÖPNV, erinnerte Franz Seidel. „Nichts hat recht funktioniert.“ Das Peitingmobil sei dagegen wirklich ein Erfolgsmodell, dass vor allem von jenen angenommen werde, „die es am meisten brauchen“, sagte Seidel mit Blick darauf, dass rund 80 Prozent der Nutzer Senioren sind.
Ähnlich äußerten sich auch andere Räte. Marion Gillinger (ÖDP) betonte, wie wichtig Mobilität im Leben sei. Mit dem Peitingmobil fördere man die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung gerade der älteren Bürger, betonte sie. Ins gleiche Horn stieß Claudia Steindorf (SPD). Sie erinnerte sich an Gespräche im vergangenen Wahlkampf, als man von Haus zu Haus gezogen und auf Senioren getroffen war, die ihr Heim selten verließen. „Das hat mich damals sehr getroffen.“ Mit dem Peitingmobil biete man diesem Personenkreis mehr Lebensqualität. Auch Stephan Walter (CSU) lobte das soziale Projekt, das mit seiner Barrierefreiheit und der niedrigen Hemmschwelle Senioren persönliche Freiheit verschaffe.
Seniorenreferent sieht hohe Kosten kritisch
Ausgerechnet Alfred Jocher (Unabhängige), seines Zeichens Seniorenreferent, wollte nicht in die Lobeshymnen einstimmen. Zwar sah auch er die Vorteile, allerdings gebe es nicht nur positive Beispiele. Jocher sprach von Fällen, in denen Schulkinder sich heimfahren ließen. „Das kann nicht sein, dass wir das mit Steuergeld finanzieren.“ Damit war Jocher auch gleich beim größten Kritikpunkt: den Kosten. Immerhin knapp 170 000 Euro sind für nächstes Jahr für den Betrieb des Peitingmobils veranschlagt. „Ich weiß nicht, wie wir das finanzieren sollen“. Noch deutlicher wurde sein Fraktionskollege Christian Lory. So „sensationell“ das Projekt aus Sicht der Nutzer sei – auch die Fahrer würden einen Wahnsinnsjob leisten –, finanziell stehe man mit dem Rücken vor der Wand, mahnte Lory mit Blick auf die angespannte Haushaltslage. „Es wäre unverantwortlich, wenn wir das weiterführen.“
Kritik kam auch von Thomas Elste (Grüne), der ein Modell analog zum Schongauer Stadtbus für den besseren und günstigeren Weg hielt. Ein Angebot, das die Menschen von Tür zu Tür bringe, sei ein Luxus, den es in keinem vergleichbaren Ort gebe. Josef Sellmaier (BVP) bezweifelte die Nachhaltigkeit des Projekts, „Was ist, wenn wir es in fünf Jahren nicht mehr finanzieren können?“
Bald Taxi-Fahrten zum Pauschalpreis?
Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung hatte es im Rathaus auch ein Gespräch mit dem Schongauer Taxiunternehmer Uwe Wieland gegeben, der auch Verbandsratsvorsitzender des Taxi- und Mietwagenverbands ist. Ziel sei gewesen, auszuloten, ob das Konzept des Peitingmobils auch durch die örtlichen Taxiunternehmer darstellbar wäre, berichtete Bürgermeister Peter Ostenrieder. Hintergrund des Gesprächs war, dass es schon bei Einführung des Peitinger ÖPNV-Angebots Kritik wegen der möglichen Konkurrenz zu den Taxen gegeben. Das Angebot habe mit 10 000 Euro pro Monat und Fahrzeug jedoch deutlich über den Kosten gelegen, die der Markt für den Betrieb aufwende, erklärte Ostenrieder. „Wenn wir es vergeben, kostet uns das 240 000 Euro statt 167 000 Euro im Jahr.“
Dennoch will die Gemeinde künftig enger mit den Taxiunternehmen zusammenarbeiten. „Wir versuchen zu erreichen, dass Taxis im Ortsgebiet und auch im Ammer-Lech-Land Pauschalpreise anbieten dürfen.“ Damit würde man zum einen die Hemmschwelle vor einer Taxifahrt senken, sagte Ostenrieder. „Viele rufen kein Taxi, weil sie nicht wissen, was es kostet.“ Zum anderen hätte man auf diese Weise eine Alternative zum Peitingmobil außerhalb der Betriebszeiten und wenn es „tagsüber mal eng ist“.
Doch bei den Befürwortern verfingen diese Argumente nicht. Kein Luxus, sondern die Einsicht, etwas für die älteren Leute zu tun, sei das Peitingmobil, entgegnete Norbert Merk (CSU). Ein Bus-Konzept wie in der Lechstadt sei in Peiting wegen seiner vielen Weiler zum Scheitern verurteilt. Einig war sich die Mehrheit, dass das Geld für das Angebot gut angelegt sei, auch wenn „die Kosten in der momentanen Situation schmerzen“, wie Tobias Eding (SPD) sagte. „Wir reden hier von 0,5 Prozent des Verwaltungshaushalts“, gab Seidel zu bedenken. „Wenn da jemand sagt, es sei unverantwortlich diese Summe für Senioren zu investieren, fehlt mir jegliches Verständnis.“
Hermann Mödl (BVP) regte an, Sponsoren zu suchen. Doch davon, die Autos wie einen „Fußballbus“ zu bekleben, sei er kein Freund, sagte Ostenrieder. Schließlich müssten die Fahrzeuge deutlich erkennbar bleiben. Außerdem würden die Unternehmen bereits die Vereine kräftig unterstützen.
Helfen, die Kosten zu reduzieren, könnte eine weitere Förderung durch den Freistaat, die Ostenrieder in Aussicht stellte. Um sie zu beantragen, sei aber Voraussetzung, dass der Gemeinderat die Fortführung beschließe und das am besten unbefristet. Dies tat das Gremium dann auch mit breiter Mehrheit. Nur Lory und Alexander Zila (Unabhängige) stimmten am Ende dagegen.