Darf das Peitingmobil weiterfahren? Marktgemeinderat entscheidet über Zukunft des Pilotprojekts
Seit eineinhalb Jahren bringt das Peitingmobil die Bürger im Ort kostenlos von A nach B. Am Dienstag entscheidet der Gemeinderat, ob das Angebot eine Zukunft hat. Dabei dürfte es in Zeiten klammer Kassen vor allem um eine Frage gehen: Kann sich der Markt die Fortsetzung des bayernweiten Pilotprojekts finanziell leisten?
Peiting – Viel wird in diesen Zeiten über den öffentlichen Nahverkehr geredet, schließlich kommt ihm eine große Rolle zu, wenn es um die Wende zu mehr klimafreundlicher Mobilität geht. Doch gerade am Land klaffen Wunsch und Wirklichkeit nach wie vor weit auseinander. Einen Weg, wie es gehen könnte, zeigt seit vergangenem Jahr die Marktgemeinde Peiting auf. Statt eines Ortsbusses, der stoisch nach Fahrplan feste Haltepunkte abklappert und keine Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse der Reisenden nimmt, bringen drei E-Autos die Bürger innerhalb des Orts von A nach B. Es gibt keine festen Haltestellen und Abfahrtszeiten, auch zahlen müssen die Fahrgäste für den Service nichts. Geordert wird das Peitingmobil einfach per Anruf.
Im Ort kommt das simple Konzept an. Über 23 000 Fahrten haben die E-Autos seit Juli 2022 bereits absolviert. Vor allem bei der älteren Bevölkerung erfreut sich das Peitingmobil großer Beliebtheit, über 80 Prozent der Fahrgäste sind Senioren, die das Angebot vor allem für Einkaufsfahrten und Arztbesuche nutzen. Kein Wunder also, dass Bürgermeister Peter Ostenrieder, der die Idee zu dem bayernweiten Pilotprojekt hatte, zufrieden von einer „Erfolgsgeschichte“ spricht.
Betriebskosten von 167.000 Euro für 2024 kalkuliert
Ob auch der Gemeinderat diese Einschätzung teilt, wird sich am morgigen Dienstag zeigen, wenn es in der nächsten Sitzung des Gremiums darum geht, ob das Projekt über die Probephase hinaus, die noch bis Juli 2024 läuft, verlängert werden soll. Bei der Entscheidung dürfte vor allem die Frage der Finanzierbarkeit eine wichtige Rolle spielen. Für heuer rechnet man mit Kosten von rund 140 000 Euro, für 2024 sieht die Kalkulation Gesamtausgaben von knapp 167 000 Euro vor, sollte das Projekt über den Juli hinaus weitergeführt werden. Eingerechnet ist darin schon, dass die Fahrzeugflotte ab diesem Zeitpunkt von drei auf zwei Wagen schrumpft. Die Mehrausgaben seien höheren Kosten für Personal, Strom sowie den Leasingraten geschuldet, erklärt der Rathauschef.
Damit liegt man zwar immer noch deutlich unter dem ursprünglich angesetzten Betrag von 200 000 Euro pro Jahr. Allerdings fällt nach den ersten beiden Jahren der Zuschuss der Regierung von Oberbayern weg, die das Pilotprojekt derzeit noch mit 50 Prozent fördert. Heißt, die Gemeinde müsste ab Juli 2024 die kompletten Kosten aus eigener Tasche bezahlen – kein Pappenstiel angesichts der klammen Haushaltslage, die zuletzt dazu führte, dass man Steuern und Gebühren in allen Bereichen anheben musste (wir berichteten).
Dessen ist sich auch der Bürgermeister bewusst. „Es ist eine politische Entscheidung, die der Gemeinderat treffen muss.“ Auch das Freibad und die Sportstätten seien freiwillige Leistungen, gibt er zu bedenken. Diese würden eher von jungen Menschen und Familien in Anspruch genommen. Mit dem Peitingmobil habe man dagegen auch ein Angebot für Senioren.
Bürgermeister sieht Chance auf weitere Förderung
Künftig einen kleinen Obolus für die Fahrten zu verlangen, scheidet laut Ostenrieder als zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit aus. Zum einen müsste der Betrieb dann ausgeschrieben werden. „Am Schluss zahlen wir mit einem externen Partner genauso viel, nur, dass die Fahrten für die Bürger nicht mehr kostenlos sind.“ Zum anderen hätte man dann die gleiche Auflage wie in Schongau zu erfüllen, wo die Ticketpreise für den Stadtbus beim kommenden MVV-Beitritt des Landkreises an die Tarifstruktur des Verbunds angeglichen werden müssten. Das sei bei einem kostenlosen Angebot nicht der Fall.
Apropos Schongau: Auch in der Lechstadt mit einer ähnlich großen Einwohnerzahl ist das Stadtbus-Angebot ein Zuschuss-Geschäft. 124 000 Euro betrug das Defizit laut Geschäftsleiterin Bettina Schade 2022. Dank Fördergeldern blieb unter dem Strich ein Minus von 63 000 Euro. Eine weitere Förderung würde auch in Peiting helfen, das Peitingmobil über Juli 2024 hinaus zu finanzieren. Ostenrieder hat deshalb bereits Kontakt zur Regierung von Oberbayern aufgenommen. Über das Programm zur Verbesserung der Mobilität im ländlichen Raum könnten in den nächsten vier Jahren zwischen 65 und 40 Prozent des Defizits vom Freistaat übernommen werden.
Sicher ist das freilich nicht. Bevor der Antrag gestellt werden kann, muss erst der Gemeinderat grünes Licht für eine Fortsetzung des Projekts geben. Ob sich das Gremium darauf einlässt, wird sich am Dienstag zeigen. Der Bürgermeister selbst hat eine klare Meinung: „Ich fände es schade, wenn wir das Peitingmobil nach zwei Pilotjahren wieder aufgeben würden.“