Lage an der Front im Ukraine-Krieg: Russland zieht zehntausende Soldaten bei Pokrowsk zusammen

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Russland zieht Zehntausende Soldaten an der Front im Ukraine-Krieg zusammen. Die Kämpfe um Pokrowsk haben sich inzwischen in die Stadt verlagert. Doch Kiew hält dagegen.

Kiew – Die Stadt Pokrowsk in der Ostukraine ist für Kiew längst zu einem leuchtenden Symbol der Standhaftigkeit der eigenen Streitkräfte geworden. Ähnlich wie in den Städten Bachmut und Awdijiwka in den vorherigen Kriegsjahren, wehren sich in Pokrowsk ukrainische Verteidiger erbittert gegen eine russische Einnahme. Auch wenn Russlands Präsident Wladimir Putin bereits Anfang Dezember die Einnahme der Stadt verkündete, dauern die Kämpfe in der Stadt offenbar weiter an. Russische Truppen versuchen weiter mit großer Anstrengung den logistischen Knotenpunkt in der Oblast Donezk zu erobern.

Auf diesem Bild aus einem vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums am 2. Dezember 2025 zur Verfügung gestellten Video halten russische Soldaten eine russische Nationalflagge in Pokrowsk, einer Stadt in der Region Donetsk.
Russische Soldaten präsentieren in Pokrowsk eine russische Flagge. Die Stadt bleibt dennoch weiterhin umkämpft. © Uncredited/dpa

„Die Russen setzten gepanzerte Fahrzeuge, Autos und Motorräder ein. Die Konvois versuchten, von Süden her in den nördlichen Teil der Stadt durchzubrechen“, teilte die ukrainische Armeeführung am Mittwochabend mit. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters setze Moskau rund 30 Fahrzeuge ein. Dies war der bisher größte Angriff dieser Art innerhalb der Stadt. Auf der Karte des ukrainischen Open Source Intelligence Projekt DeepStateUA wird Russlands Armee bereits die Kontrolle über die südliche Hälfte der Stadt zugeschrieben. Hinzu kommt, dass Russlands Truppen auch von Nordosten – bei der Stadt Myrnohrad – die Schlinge um Pokrowsk enger ziehen.

Lage an der Ukraine-Front: Erbitterte Schlacht um Pokrowsk – 156.000 Soldaten im Einsatz

Doch auch wenn Russland bei Pokrowsk Erfolge erzielen, scheint die Lage an der Front im Ukraine-Krieg aktuell nicht hoffnungslos für die Truppen Kiews. Der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) geht davon aus, dass Russland auf Basis der aktuellen Geländegewinne etwa zwei bis drei weitere Jahre brauchen würde, um alleine die Region Donezk unter ihre Kontrolle zu bringen. Die vollständige Eroberung der beiden Donbass-Regionen Luhansk und Donezk ist ein erklärtes Kriegsziel von Putin. Deswegen sieht der wohl unter russischem Einfluss entstandene US-Friedensplan von Donald Trump für die Ukraine vor, dass Kiew die Gebiete kampflos an Moskau abtreten solle.

Der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksandr Syrskyj räumte am Dienstag gegenüber Reuters ein, dass russische Truppen Teile von Pokrowsk erobert haben. Syrskyj betonte jedoch weiter, dass Kiews Streitkräfte weiterhin Teile der Stadt halten würden. Der logistische Knotenpunkt Pokrowsk sei nach monatelangen russischen Angriffen praktisch zerstört, führte Syrskyj weiter aus. Russland habe rund um die Stadt eine Streitmacht von 156.000 Soldaten zusammengezogen.

Lage an der Front aktuell: Russland will Schlinge um Pokrowsk zuziehen

Das ISW analysierte in der vergangenen Woche, dass die Ukraine Pokrowsk bereits seit Monaten nicht mehr als logistischen Knotenpunkt nutzen könne. Das Hauptziel in der Region hätten die russischen Streitkräfte damit also bereits erreicht. Die endgültige Eroberung der Stadt wäre daher eher ein psychologischer Rückschlag für die Ukraine, die den nächsten Rückzug aus einer monatelang umkämpften Stadt antreten müsste.

In der Region besteht auch weiterhin die Gefahr einer Einkesselung durch russische Truppen. Putins Soldaten rücken an der Front verstärkt in die Stadt Myrnohrad vor, wo vor dem Krieg noch 46.000 Menschen wohnten. In der vergangenen Woche hatte ein anonymer ukrainischer Soldat gegenüber der Bild-Zeitung bereits einen Hilferuf aus der Stadt gesendet. „Die Lage ist ehrlich gesagt kritisch. Die Logistik erfolgt ausschließlich durch Drohnen und bodengebundene Robotik-Komplexe. Es ist sogar problematisch, Lebensmittel hineinzubringen“, sagte der Soldat aus Myrnohrad. Sollte die Stadt an Russland fallen, wäre der Weg frei, eine Schlinge um Pokrowsk zu ziehen. (Quellen: Reuters, dpa, Bild, Institute for the Study of War, DeepStateUA) (fdu)