Merz will Einreiseverbot, Scholz spricht von „Terror“: Aschaffenburg stellt Wahlkampf auf den Kopf
Scholz, Merz und andere Politiker reagieren auf den Messerangriff in Aschaffenburg. Vor der Bundestagswahl gewinnt Migration jetzt noch mehr an Bedeutung.
Aschaffenburg/Berlin – Mitten im Wahlkampf wird Deutschland durch ein Verbrechen erschüttert, dass an Grausamkeit kaum zu übertreffen ist: Ein Mann ging am Mittwoch (22. Februar) in einem Aschaffenburger Park gezielt auf eine Gruppe Kleinkinder los, die mit ihrem Kindergarten unterwegs waren. Der 28-jährige Asylbewerber aus Afghanistan tötete ein zweijähriges Kind und einen Mann, der ihn an seinem Messerrangriff hindern wollte.
Scholz spricht nach Messerangriff eines Afghanen in Aschaffenburg von „Terror“
Kaum war die Messerattacke bekannt, meldete sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Wort und sprach von einer „unfassbaren Terror-Tat in Aschaffenburg“. Er sei es „leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen – von Tätern, die eigentlich zu uns gekommen sind, um hier Schutz zu finden“.
Scholz hätte vielleicht länger mit einer Reaktion gewartet, wenn nicht in genau einem Monat Bundestagswahl in Deutschland wäre. Vielleicht hätte er auch andere, bedächtigere Worte gewählt. Denn „Terror“ im klassischen Sinne, von dem der Kanzler sprach, scheint es nicht gewesen zu sein, was den 28-jährigen Afghanen zu seinem schrecklichen Messerangriff auf eine Gruppe Kindergartenkinder trieb.
Messerattacke auf Kinder in Aschaffenburg: Mutmaßlicher Täter aus Afghanistan wohl psychisch krank
Zu keiner Zeit sprachen die Ermittler im Fall Aschaffenburg von einem terroristischen Motiv. Vielmehr war der mutmaßliche Täter wohl psychisch krank. Aber die Reizworte „Afghanistan“ und „Messer“ reichten wohl, um auch bei Scholz den Reflex auszulösen, von Terror zu sprechen. Auch die Opfer der schrecklichen Bluttat haben migrantische Wurzeln: Der getötete Junge ist marokkanischer Herkunft. Der erstochene Mann, der die Messerattacke verhindern wollte, stammt aus Syrien.
Scholz will mit Reaktion auf Messerattacke in Aschaffenburg wohl Statement setzen
Bei gewiss aller ehrlicher Betroffenheit wollte Scholz mit seiner Reaktion auf die Messerattacke wohl auch ein Statement setzen: Dass auch er als SPD-Kanzlerkandidat nicht untätig bleiben wolle beim Thema Migration. Der Afghane war ausreisepflichtig und schon drei Mal davor durch Gewalttaten aufgefallen.
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Was seine zugeschriebenen Kompetenzen bei Abschiebungen von straffälligen Migranten betrifft, hinkt der SPD-Kanzler der CDU/CSU und AfD gewaltig hinterher. Die Bluttat in Aschaffenburg wird aber die Bedeutsamkeit der Themen Migration, Asyl und innere Sicherheit vor der Bundestagswahl noch einmal verstärken. Und profitieren werden davon wohl weder Scholz noch die Grünen.
AfD-Chef Tino Chrupalla reagierte auf den Messerangriff des Afghanen in Aschaffenburg mit der Forderungen nach „einer Asylwende“. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz schrieb auf X mit Bezug auf die nahende Bundestagswahl: „So kann es nicht weitergehen. Wir müssen und werden Recht und Ordnung wiederherstellen!“ Hinsichtlich des Täter-Motivs blieb Merz aber zurückhaltender als Scholz: „Wir werden darüber sprechen müssen, sobald die Umstände dieser schrecklichen Tat aufgeklärt sind“, sagte Merz beim Jahresempfang der Wirtschaft.
Merz kündigt nach Messerangriff in Aschaffenburg Schließung der Grenzen an
In einem Pressestatement am Donnerstag (23. Februar) sprach er von einer „völlig enthemmten Brutalität in Deutschland“. Er sagte: „Das Maß ist endgültig voll“, man stehe vor dem „Scherbenhaufen einer fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“ und kündigte konkrete Maßnahmen an: Am ersten Tag seiner Amtszeit werde er anweisen, alle deutschen Grenzen dauerhaft zu kontrollieren, es werde ein „faktisches Einreiseverbot“ für alle geben, die nicht über gültige Dokumente verfügten, das gelte auch für Personen mit Schutzstatus.
Angesprochen darauf, dass die Grünen als Koalitionspartner nach der Wahl dies nicht mitmachen würden, sagte Merz, das sei ihm „völlig egal“. Er werde keine Kompromisse eingehen.
Anders als Scholz werte er die Tat nicht als „Terror“, sondern als Tat eines psychisch kranken, drogenabhängigen Mannes. Tätergruppen wie diese würden in Deutschland aber in Deutschland in großer Zahl „frei herumlaufen“.
Söder und Herrmann reagieren auf Messerattacke auf Kinder in Aschaffenburg
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder ging nach dem Messerangriff in Aschaffenburg zunächst nicht auf das Thema Migration ein. „Heute ist ein entsetzlicher Tag für ganz Bayern“, erklärte Söder in einer Pressemitteilung. „Wir trauern um die Opfer einer feigen und niederträchtigen Tat.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gab bekannt, die Ermittler hätten beim Verdächtigen keine Hinweise auf ein islamistisches Motiv gefunden, stattdessen lägen wohl „offensichtlich psychischen Erkrankungen“ vor. Am Tag nach der Messerattacke kündigte er an, die Maßstäbe zur Unterbringung von psychisch Kranken auf den Prüfstand stellen. Zudem müsse geklärt werden, so Herrmann: „Ist er auf Kinder mit Migrationshintergrund losgegangen, oder was hat ihn sonst dazu veranlasst? Denn das war bisher nicht auffällig. Gerade überhaupt auf Kinder loszugehen.“
CSU-Politikerin sieht in Messerattacke eines Afghanen in Aschaffenburg Überlastung der Behörden
CSU-Politikerin Andrea Lindholz, die ihren Wahlkreis in Aschaffenburg hat, sieht in der Messerattacke des Afghanen, der das Land eigentlich schon hätte verlassen müssen, eine Überlastung des Systems. Wie beim Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt einen Monat zuvor sei der Tatverdächtige von Aschaffenburg an vielen Stellen aufgefallen. „Viele haben ihn gekannt, aber man hat nicht an jeder Stelle die richtigen Schlüsse daraus gezogen.“
Die Behörden müssten besser vernetzt werden und das komplette System sei durch die hohe Zahl illegaler Zuwanderer überlastet. Auch FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sprach bei „Markus Lanz“ von Staatsversagen.
Vor Bundestagswahl werden durch Messerangriff in Aschaffenburg wohl CDU/CSU und AfD profitieren
Obwohl auch Scholz harte Worte wählte und versprach, aus dem Messerangriff in Aschaffenburg Konsequenzen zu ziehen: Profitieren werde wohl Union und AfD, sagte Hermann Binkert, Chef des INSA-Meinungsforschungsinstituts, zum Handelsblatt. Die Wähler würden gerade CDU und CSU hohe Kompetenz bei der inneren Sicherheit zuschreiben. „Wenn sie hier ihr Profil glaubwürdig schärft, hilft ihr das.“
Der AfD schreibt der Meinungsforscher das Potenzial zu, noch bis zu 25 Prozent an Wählerzustimmung zu klettern. In Umfragen zur Bundestagswahl liegt die in Teilen rechtsextreme Partei bei rund 20 Prozent.
Merz jedenfalls sieht offenbar Potenzial, AfD-Wähler zur CDU zu holen: Er will sich mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel im TV duellieren – lieber mit ihr als mehrmals mit Scholz. „Dann fliegen die Fetzen“, so der Unions-Kanzlerkandidat bei einer Veranstaltung der FAZ kämpferisch.