Mysteriöse Krankheit zerstört Ernte von Lieblingsgemüse der Deutschen
Das Lieblingsgemüse der Deutschen ist bedroht: Eine Pflanzenkrankheit bereitet Landwirten derzeit Kopfzerbrechen: Erst werden die Erdäpfel weich, dann ungenießbar. Neben Zuckerrüben und anderen Beete-Sorten sind teilweise auch Sellerie, Zwiebeln oder Karotten betroffen. Verantwortlich ist die Pflanzenkrankheit "Stolbur" - auch bekannt als "Gummirübe".
"Gummirüben"-Krankheit dezimiert Ernte
Momentan gibt es besonders in Süddeutschland eine Häufung an Fällen. Die "Gummirüben"-Krankheit ist das Resultat einer Infektion mit dem Bakterium Candidatus Phytoplasma solani - ein Erreger, der Pflanzen krank macht. Besonders häufig tritt dieser im Lavendelanbau in Frankreich auf. Beim Befall mit dem Erreger fangen infizierte Pflanzen an zu welken, anschließend werden die Knollen und Wurzeln weich und gummiartig - daher auch der Name "Gummirüben".
Unter dem Befall leiden laut dem österreichischen Pflanzenschutzdienst nicht nur Qualität, sondern auch der Geschmack der betroffenen Früchte und Gemüsesorten: Es bildet sich nämlich weniger Zucker, was wiederum Zuckerrüben fast ungenießbar machen kann. Ist die Pflanze stark befallen, kann die Ernte weder verarbeitet noch gelagert werden.
Als besonders anfällig gelten neben den Nachtschattengewächsen (also Kartoffeln und Tomaten) außerdem Mais, Paprika und sogar bestimmte Weinsorten. Auch Zierpflanzen kann die "Gummirüben"-Krankheit dahinraffen.
Woher kommt die "Gummirüben"-Krankheit?
Schuld an dem Befall der Pflanzen ist ein Insekt, und zwar die Schilf-Glasflügelzikade: Ihre Jungtiere, die sogenannte Nymphen, leben im Ackerboden und ernähren sich, indem sie an den Wurzeln der Pflanzen saugen. Dadurch übertragen sie das Bakterium auf die Pflanze. Aufgetreten ist die Zikade erstmals in den 1990er Jahren im französischen Burgund: Dort war sie zunächst vor allem an Schilfrohren zu beobachten - vor knapp 20 Jahren entdeckte sie allerdings die französische Zuckerrübe, zog um und dezimierte den Bestand. Die Folgen: Die Zuckerrübenproduktion in Burgund brach ein.
Die Bekämpfung erweist sich als schwierig: Insektenschutzmittel sind nur bedingt wirksam, da die Tiere im Ackerboden leben und somit nur schwer erreichbar sind.

Landwirtschaftsministerium: Lage ist "ernste Bedrohung“
Laut dem Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg ist die Lage eine „ernste Bedrohung“ für die Versorgung mit heimischen Kartoffeln, Gemüse und Zucker. Dort hätte es bereits Ertragsverluste von bis zu 25 Prozent bei den Zuckerrüben gegeben; bei den Kartoffeln wurden sogar 70 Prozent Ernteverlust dokumentiert.
Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, ist angesichts der schnellen Verbreitung sehr besorgt: Die Zikade hat sich scheinbar von Baden-Württemberg über Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen weiter in den Norden verbreitet. Mittlerweile hätte man bereits Exemplare in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt entdeckt. Rukwied fordert daher effektive Mittel zur Bekämpfung der Zikaden.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Julius-Kühn-Institut, das zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gehört, arbeiten daher an verschiedenen Wegen, die Zahl der Tiere einzudämmen - beispielsweise, indem man sie bei der Paarung stört und so neue Jungtiere bereits im Keim erstickt.
Die Sprecherin des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, Isabell Pergner, sagte dazu: „In einigen Betrieben steht der Fortbestand des Anbaus infrage.“ Die Krankheit entwickle sich zu einem ernsthaften wirtschaftlichen Risiko für ganze Regionen. Deshalb, so Pergner, bräuchte es dringend wirksame Pflanzenschutzmittel und nachhaltige Bekämpfungsstrategien, um die Verbreitung einzudämmen.
mit dpa-Material