Bürgergeld-Debatte erhitzt weiter die Gemüter: Bringt Arbeit wirklich mehr als die Stütze?

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Bleibt einem durch das Bürgergeld mehr, als wenn man arbeiten würde? Berechnungen des Ifo-Instituts zufolge ist die Antwort darauf eindeutig.

Bremen – Der Regelsatz für das Bürgergeld wurde reformiert – und die Debatten um die Höhe der Unterstützung erhitzt seitdem die Gemüter. Aus der Politik ist vermehrt die These zu hören, dass sich das Arbeiten in Deutschland nun nicht mehr lohne. Diese widerlegen die Forscher des Münchner Ifo-Instituts. „Die von manchen Politikern aufgestellte Behauptung, wer nur Sozialleistungen beziehe, bekomme netto mehr als ein Geringverdiener, ist schlicht falsch“, erklärte dazu Andreas Peichl vom Ifo.

Bürgergeld oder Arbeit: Was lohnt sich? – Vergleich von Experten bringt eindeutiges Ergebnis

Eine Beschäftigung führt in Deutschland nach Angaben des Instituts immer zu höheren Einkommen als der Bezug von Bürgergeld. Wer arbeiten gehe und alle ihm zustehenden Sozialleistungen in Anspruch nehme, habe immer mehr verfügbares Einkommen als jemand, der nicht arbeite und nur Sozialleistungen bekomme. Dazu stellte das Institut eigene Berechnungen an.

Ein Mann auf dem Weg zum Arbeitsamt: Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist unterdurchschnittlich stark gestiegen.
Ein Mann auf dem Weg zum Arbeitsamt (Symbolbild). © Sebastian Kahnert / dpa

Dass man ohne zu Arbeiten mehr bekäme, sei schon deshalb ausgeschlossen, weil es Freibeträge für Erwerbstätige bei der Anrechnung von Einkommen auf die Sozialleistungen gebe, „um genau das zu verhindern“, so Peichl.

Beispielrechnung zum Bürgergeld: Single bekommt 563 Euro durch Stütze, aber 891 Euro durch Arbeit

Das Institut schaute sich für seine Berechnungen zum Vergleich zwischen Bürgergeld und Arbeit verschiedene Haushaltskonstellationen an: Single ohne Kinder, Single mit zwei Kindern, Alleinverdiener-Ehepaar mit zwei Kindern und Doppelverdiener-Ehepaar mit zwei Kindern.

So bekommt ein Alleinstehender in einer Stadt mit mittlerem Mietniveau und einem Bruttoverdienst von 1000 Euro etwa nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und unter Hinzufügung der Sozialleistungen 891 Euro heraus. Wer nur Sozialleistungen bekommt, hat 563 Euro Bürgergeld. Deutlich sei dieser Effekt auch bei Alleinerziehenden.

Mehr Geld durch Arbeiten auch für Eltern: So steht Bürgergeld im Vergleich zur Arbeit

Auch im Fall eines Alleinstehenden mit zwei Kindern bekommt ein Arbeitnehmer nach Abzügen bei einem Mindesteinkommen 2033 Euro, während man beim Bürgergeld bestenfalls 1505 (abhängig vom Alter der Kinder) bekommt. Ähnlich ist es bei einem Alleinverdiener-Paar mit zwei Kindern: Dieses bekäme 1954 Euro Bürgergeld, aber mindestens 2127 Euro Einkommen.

Ein Doppelverdiener-Paar würde maximal 1954 Euro Bürgergeld erhalten, aber 2159 Euro Einkommen. Bei höherem Bruttogehalt herrscht zudem in jedem Fall eine deutlichere Diskrepanz zwischen einem Bürgergeld und einem möglichen Einkommen.

Debatte um Bürgergeld: Merz kritisiert, Heil verteidigt Unterstützung

Kritik am Bürgergeld hatte es vor allem aus der Opposition gegeben. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte das „System Bürgergeld“ als „Gegenteil von dem, was wir brauchen, um die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer wieder zu fördern“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Milliardenausgaben des Staats fürs Soziale und speziell das Bürgergeld gegen Kritik verteidigt.

Seit Einführung des Mindestlohns 2015 hätten rund zwei Millionen Menschen aus dem Niedriglohnsektor aufsteigen können, sagte Heil. Der Mindestlohn sei seither um 46 Prozent gestiegen, die Grundsicherung nur um 41 Prozent. „Durch die Einführung des Bürgergelds hat sich am Lohnabstand nichts geändert“, stellte Heil fest.

Immer mehr Menschen gehen abschlagsfrei in Frührente. Ein Rentenexperte und Ökonom fordert die Rücknahme der Regelung, um Menschen länger in Arbeit zu halten. (cgsc)

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