„2000 Euro Miete pro Monat“ für Bürgergeld-Empfänger – neuer Merz-Vorstoß sorgt für Entrüstung

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Rekordausgaben sind im laufenden Haushalt für das Bürgergeld vorgesehen. Kanzler Merz nimmt nun Wohnungen der Empfänger in den Fokus – und bekommt Gegenwind.

Kassel – Der Zoff um das Bürgergeld nimmt neue Fahrt auf. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) brachte am Wochenende im ARD-„Sommerinterview“ Kürzungen bei den Wohnkosten für Bürgergeld-Empfänger ins Spiel. „Pauschalierung ist möglich, geringere Sätze sind möglich“, erklärte der Kanzler und verwies auf Spannungen zwischen Leistungsempfängern und Arbeitnehmern. SPD und Sozialverbände reagieren empört.

Zu hohe Bürgergeld-Kosten bei Wohnungen? VdK und DGB und Mieterbund einig bei Merz-Kritik

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, findet deutliche Worte: „Die Ankündigung von Merz, bei den Wohnkosten kräftig sparen zu wollen, entbehrt jeder Grundlage.“ Die Lage für viele Betroffene sei bereits jetzt katastrophal. Auch das DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vor drohender Wohnungslosigkeit und zunehmender Armut. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wer Mietkosten beim Bürgergeld deckeln oder pauschalieren will, muss auch sagen, wie er das Problem der fehlenden Wohnungen lösen will.“ Sonst drohten Wohnungslosigkeit und Armut. Melanie Weber-Moritz, Präsidentin des Deutschen Mieterbunds, mahnte, denjenigen die Gelder zu kürzen, die auf dem aus dem Ruder geratenen Mietwohnungsmarkt ohne staatliche Hilfe keine Bleibe finden, „ist keine Lösung“.

Konkret hatte Merz angekündigt, Spannungen abbauen zu wollen, die dadurch entstünden, dass Bürgergeld-Beziehenden mehr Miete gezahlt werde als sich „eine normale Arbeitnehmerfamilie“ leisten könne. „Sie haben in den Großstädten heute teilweise bis zu 20 Euro pro Quadratmeter, die Sie vom Sozialamt oder von der Bundesagentur bekommen für Miete, und wenn Sie das mal hochrechnen, das sind bei 100 Quadratmetern schon 2.000 Euro im Monat.“ Erste Verschärfungen beim Bürgergeld sind bereits in Kraft.

Bürgergeld

Bürgergeld bekommen aktuell circa 5,5 Millionen Menschen in Deutschland. 563 Euro beträgt der Bürgergeld-Satz für Alleinstehende. Dazu kommen noch Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Hinzu können Mehrbedarfe (z.B. für Alleinerziehende) kommen. Alles in angemessener Höhe, wie es heißt.

SPD reagiert auf Merz‘ Bürgergeld-Vorstoß: „Leistungskürzungen wird es mit uns nicht geben“

Das Thema, das in der Verantwortung von Bärbel Bas als Arbeitsministerin liegt, droht der nächste Streitpunkt der Koalitionäre Union und SPD nach der Sommerpause werden. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, entgegnete Merz: „Leistungskürzungen wird es mit uns nicht geben.“ Schon heute seien die Wohnungsgrößen für Menschen im Bürgergeld begrenzt. „Und Wohnungen für Normalverdiener werden nicht günstiger, indem man Bürgergeldempfängern die Unterstützung streicht.“

Während die SPD auf der Bremse steht, fordert CSU-Chef Markus Söder aus München sogar noch weitreichendere Veränderungen. Das Bürgergeld müsse „von Grund auf verändert werden - nicht ein bisschen Kosmetik, nicht ein bisschen streichen“, verlangte er und forderte generell „mehr Gerechtigkeit im Sozialstaat“.

Kanzler Friedrich Merz kündigte im ARD-Sommerinterview Verschärfungen für Bürgergeld-Empfänger an. Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Sie kam auch vom Koalitionspartner SPD. © dpa

Merz zu Zugeständnissen beim Bürgergeld bereit

Merz machte im Sommerinterview auch ein Zugeständnis: „Ich wäre sogar bereit bei plötzlicher Arbeitslosigkeit die Sätze anzuheben, damit diejenigen, die arbeitslos werden, Sicherheit haben, sich schnell um einen neuen Arbeitsplatz zu bewerben, aber auch eine Sicherheit eines vernünftigen Ersatzeinkommens haben.“ Doch bei anderen Dingen wie den Wohnungen wolle er sparen.

Die Dimension des Konflikts wird an den Haushaltszahlen deutlich: Im Entwurf von Bas für das laufende Jahr ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit der Rekordsumme von 51,96 Milliarden Euro veranschlagt – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 46,81 Milliarden im Jahr 2024. Allein für das Bürgergeld selbst, also etwa den Regelsatz von 563 Euro für Alleinstehende, steigen die Kosten laut Entwurf um 3,1 auf 29,6 Milliarden Euro. Mit weiteren 13 Milliarden beteiligt sich der Bund an den Kosten für Unterkunft und Heizung.

Merz kündigte an, im Herbst in intensive Diskussionen zu gehen. Mittelfristig sei durch eine Bürgergeld-Reform mehr einzusparen „als nur ein oder zwei Milliarden“. Dann soll die Stütze auch umbenannt werden und Grundsicherung heißen.

Im Erbfall haben Bürgergeld-Empfänger zwar einen finanziellen Schutz, sie müssen allerdings gewisse Folgen in Kauf nehmen, sonst drohen Einbußen. (mke, dpa)

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