Heizungsgesetz unter Reiche: Handwerk fordert Rückkehr zur Gasheizung

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Noch ist völlig unklar, wohin es mit dem Heizungsgesetz geht. Nun fordert ein Handwerksverband die Aufhebung der „starren“ Vorgaben und die Rückkehr zur Gasheizung.

Berlin – Das deutsche Heizungshandwerk geht in die Offensive. Nach monatelangen Debatten um das im Januar 2024 von der Ampel-Koalition novellierte Heizungsgesetz fordert der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) nun eine grundlegende Kehrtwende in der Energiepolitik. Die Handwerker wollen die strikte 65-Prozent-Regel für erneuerbare Energien im GEG kippen und den Einbau neuer Gasheizungen wieder ermöglichen. Ihr Argument: Die Realität in deutschen Heizungskellern sehe anders aus als die politischen Vorgaben. Energieökonomen halten dagegen – wer weiter in fossile Heizungen investiere, zahle doppelt.

Noch ist unklar, wohin es mit dem Heizungsgesetz und dem GEG geht. Nun fordern Verbände eine Aufhebung der „starren“ Vorgaben und die Rückkehr zur Gasheizung.
Noch ist unklar, wohin es mit dem Heizungsgesetz und dem GEG geht. Nun fordern Verbände eine Aufhebung der „starren“ Vorgaben und die Rückkehr zur Gasheizung. © Imago/Christoph Hardt

Energie-Wirrwarr der Merz-Regierung: Rein fossile Gaskraftwerke ja, alte Gasheizungen nein

Bereits in ihrer Antrittsrede deutete Friedrich Merz‘ Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) die „Rolle rückwärts“ zu fossilen Energien an. Das Ausbauziel für zusätzliche, rein fossile Gaskraftwerke bis 2030 soll von 10 auf 20 Gigawatt verdoppelt werden, gab sie bekannt.

Auch das Verbot für Heizungen, die vor 1991 eingebaut wurden, solle gekippt und fossile Heizungen auch nach 2045 weiter zugelassen werden. Doch wenig später sorgte Reiche für neue Unsicherheiten – und sprach davon, dass es „in Richtung des früheren Gebäudeenergiegesetzes gehen“. Damit würden bestimmte Vorgabe der Merkel-Regierung wieder gelten – unter anderem das Betriebsverbot für Anlagen, die vor 1991 eingebaut wurden.

Heinzungsgesetz „vereinfachen und entschlacken“: Heizungshandwerk fordert Rückkehr der Gasheizung

Nun geht das deutsche Heizungshandwerk in die Offensive – und fordert Klarheit. Die Handwerker wollen die strikte 65-Prozent-Regel für erneuerbare Energien kippen und den Einbau neuer Gasheizungen wieder ermöglichen. Die Realität in deutschen Heizungskellern sehe anders aus als die politischen Vorgaben, die wohl auch in Zukunft den Abschied von fossilen Heizungen vorsehen.

In einem aktuellen Strategiepapier, berichtet welt.de, macht der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) deutlich, dass das Gebäudeenergiegesetz in seiner jetzigen Form nicht mehr realistisch sei. Der Verband unterstütze zwar die Klimaziele, „vor allem zur Senkung der Treibhausgase auf Basis des europäischen Klima-Zwischenziels für 2040 in Höhe von minus 90 Prozent gegenüber 1990.“ Doch das GEG müsse „vereinfacht und entschlackt“ werden. Häufig sei der Umbau etwa von einer Gasheizungs- zur Wärmepumpenanlage umständlich und teuer und überfordere Hausbesitzer trotz Förderung, so der ZVSHK.

„Aufhebung der starren 65-Prozent-Regelung“: Handwerksverband fordert Heizungsgesetz-Änderung

Konkret fordert das Handwerk laut dem Nachrichtenmagazin eine „technologieoffene Energieträgerstrategie zur Dekarbonisierung und Aufhebung der starren 65-Prozent-EE-Anforderung“ sowie die Möglichkeit, die Vorgaben mit „niedriginvestiven Lösungen“ zu erfüllen. Sprich: Das Verbot für den Einbau einer Öl- oder Gas-Heizung solle abgeschafft werden.

Unter dem Strich komme es auf nachhaltige CO₂-Vermeidung an, so ZVSHK-Präsident Andreas Müller gegenüber welt.de. „Und die erreicht man im ersten Schritt auch mit einer hocheffizienten und hydraulisch optimierten Öl- oder Gasbrennwertheizung“. Die Einsparungen gegenüber älteren Geräten lägen hier schon oft bei über 30 Prozent. Die neuen Geräte ließen sich später zum Beispiel mit einer Wärmepumpen, Solaranlage oder einer Holzeinzelfeuerstätte ergänzen und intelligent steuern.

Müller kritisiert, dass der Gesetzgeber hier mit zweierlei Maß messe: „Auf der einen Seite plant das Wirtschaftsministerium neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von mehr als 40 Gigawatt, die dann Strom liefern, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Auf der anderen Seite sollen Hausbesitzer ihre Gasheizungen austauschen“. Das verstehe keiner so wirklich.

Statt die notwendige Wärmepumpen-Kompetenz im Handwerk zu entwickeln, würde man veraltete Technologien zementieren und am Ende doppelt zahlen – erst für Gas und dann trotzdem für den unvermeidlichen Umstieg.

„Fatales Signal“: Energieexpertin warnt vor Rückkehr zur Gasheizung

Claudia Kemfert, Energieökonomin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin warnt: „Die Rückkehr zur Gasheizung würde Deutschland dauerhaft in fossile Abhängigkeiten treiben und die Klimaneutralität bis 2045 unmöglich machen, da jede neue Gasheizung 15 bis 20 Jahre weitere CO₂-Emissionen bedeutet“.

Die geforderte Aufhebung der 65-Prozent-EE-Anforderung wäre ein fatales Signal und würde den Umbau des Heizsystems und damit die Energiewende um Jahrzehnte zurückwerfen, so Kemfert am Dienstag (8. Juli) gegenüber IPPEN.MEDIA, „obwohl das Zeitfenster für wirksamen Klimaschutz rapide schrumpft“. Zudem sei Gas selbst in „grüner“ Form dreimal weniger effizient als Wärmepumpen und verschwendet kostbare erneuerbare Energie, „während steigende CO₂-Preise Gasheizungen zu teuren Fehlinvestitionen machen.“

Statt die notwendige Wärmepumpen-Kompetenz im Handwerk zu entwickeln, so Kemfert, „würde man veraltete Technologien zementieren und am Ende doppelt zahlen – erst für Gas und dann trotzdem für den unvermeidlichen Umstieg.“

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