Deportation nach Venezuela: Trump-Regierung ignoriert Gericht – Richter fordert Aufklärung

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Nach Abschiebung trotz richterlichem Verbot eskaliert der Konflikt zwischen Trumps Regierung und der Justiz – ein Richter soll abgezogen werden.

Washington, D.C. – Die US-Regierung geht gegen einen Bundesrichter vor, der die Abschiebung von mehr als 200 mutmaßlichen Mitgliedern einer venezolanischen Drogenbande nach El Salvador untersagt hatte.

Das US-Justizministerium strebt nun an, Richter James Boasberg von dem Fall abzuziehen, berichteten US-Medien am Montag unter Berufung auf ein Schreiben der Behörde an das zuständige Bundesberufungsgericht. Ein solcher Schritt gilt als äußerst ungewöhnlich und könnte die Spannungen zwischen Regierung und Justiz weiter verschärfen.

US-Präsident Donald Trump hatte zuvor die venezolanische Bande „Tren de Aragua“ („Zug von Aragua“) zu einer ausländischen Terrororganisation erklärt und die Abschiebung unter Berufung auf „Alien Enemies Act“ – ein Gesetz aus dem Jahr 1798 – angeordnet. Bundesrichter James Boasberg untersagte jedoch in einer mündlichen und später schriftlichen Verfügung am Samstag ausdrücklich, Personen auf diese Weise außer Landes zu bringen. Dennoch flogen anschließend Flugzeuge mit insgesamt 261 abgeschobenen Personen nach El Salvador.

Hintergrund und Aktivitäten von „Tren de Aragua“

Herkunft: Gegründet in den 2000er-Jahren im Bundesstaat Aragua, Venezuela.
Struktur: Hochorganisierte Gruppe mit internationaler Präsenz, insbesondere in Südamerika und Mittelamerika.
Kriminelle Aktivitäten: Menschenhandel, Drogenhandel, Erpressung, Auftragsmorde und Entführungen.
Ausbreitung: Neben Venezuela operiert die Gruppe auch in Kolumbien, Peru, Ecuador, Brasilien, Chile und den USA.

Gericht fordert umfassende Aufklärung von Trump-Regierung

Richter Boasberg verlangte am Montag in einer Anhörung detaillierte Informationen über den Ablauf der Abschiebungen. Dabei wandte er sich direkt an Regierungsanwalt Abhishek Kambli: „Warum erscheinen Sie heute hier ohne Antworten?“

Der Richter wollte klären, ob die Regierung seine Verfügung missachtet hatte, und forderte bis Dienstagmittag genaue Angaben zu Abflugzeiten, Landungen und Passagierzahlen. Regierungsanwalt Kambli erklärte, die mündliche Anordnung sei nicht bindend gewesen, da sie nicht ausdrücklich in der späteren schriftlichen Verfügung enthalten war. Die Regierung sehe darin keinen Verstoß, da die Maschinen zum Zeitpunkt der schriftlichen Anordnung bereits in der Luft gewesen seien.

dpatopbilder - HANDOUT - 16.03.2025, El Salvador, Tecoluca: Auf diesem von der Pressestelle des Präsidenten von El Salvador zur Verfügung gestellten Foto verlegen Gefängniswärter aus den USA abgeschobene Personen, bei denen es sich um venezolanische Bandenmitglieder handeln soll, in das Terrorismus-Gefängnis. Foto: Uncredited/El Salvador presidential press office via AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Gefängniswärter verlegen aus den USA abgeschobene Personen, bei denen es sich um venezolanische Bandenmitglieder handeln soll, in das Terrorismus-Gefängnis. © Uncredited/dpa

Kritik an Trumps Abschiebungen – Sorge vor Verfassungskrise

Menschenrechtsorganisationen haben die Abschiebungen scharf kritisiert. Lee Gelernt, Anwalt der US-amerikanischen Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), warnte in einer Anhörung vor einer möglichen Verfassungskrise: „Ich glaube, wir nähern uns dem sehr an.“ Zudem äußerte er Zweifel an Trumps Darstellung, dass die abgeschobenen Venezolaner gefährliche Kriminelle der „Tren de Aragua“ seien. „Es ist eine Gewohnheit der Trump-Regierung, die Gefährlichkeit der Menschen zu übertreiben, die sie festgenommen hat“, sagte Gelernt.

Laut Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt befanden sich unter den Abgeschobenen neben mutmaßlichen Mitgliedern von „Tren de Aragua“ auch über 100 weitere Migranten sowie 23 Salvadorianer, die der kriminellen Bande MS-13 zugerechnet werden.

Gesetz zur Internierung und Abschiebung feindlicher Ausländer in den USA

Erlassen von „Alien Enemies Act“ : 1798 als Teil der Alien and Sedition Acts
Zweck: Abschiebung oder Internierung feindlicher Ausländer im Kriegsfall
Bekannte Anwendungen: Gegen Deutsche und Österreich-Ungarn im Jahr 1917 sowie gegen Japaner, Deutsche und Italiener in den USA im Jahr 1941
Aktuelle Nutzung: Im Jahr 2025 von Trump für Abschiebungen nach Venezuela

Der „Alien Enemies Act“ wurde in der US-Geschichte nur selten angewendet. Vor Trump kam er lediglich im Britisch-Amerikanischen Krieg von 1812, im Ersten Weltkrieg und im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz. Die Anwendung dieses Gesetzes in Friedenszeiten, insbesondere im Zusammenhang mit den aktuellen Abschiebungen aus den USA, wird von Kritikern als unangemessen angesehen und hat rechtliche Debatten ausgelöst. (fsa mit Agenturen)

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