Ex-CSU-Chef wollte 2015 Merkel stürzen: Was, wenn Schäuble Stoibers Rat gefolgt wäre?

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Wolfgang Schäuble, damals Bundesfinanzminister, auf einem Foto aus dem Jahr 2015. In dieser Zeit habe ihn Edmund Stoiber (CSU) aufgefordert, Bundeskanzlerin Angela Merkel zu stürzen, wie Schäuble postum in seinen Memoiren verrät. Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Odd Andersen/AFP/Klaus Haag

Postum verrät Wolfgang Schäuble in seinen Memoiren, dass Edmund Stoiber ihn angesichts der Asylkrise ermuntert habe, die Kanzlerin Angela Merkel zu stürzen. Wäre dies passiert, hätte das Deutschland vor manchem Schaden bewahrt, kommentiert Georg Anastasiadis.

Es ist kein Staatsgeheimnis, das Wolfgang Schäuble, der größte aller CDU-Granden, da postum in seinen Memoiren ausplaudert: Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber habe ihn 2015 auf dem Höhepunkt der Asylkrise aufgefordert, die Flüchtlingskanzlerin Angela Merkel zu stürzen und selbst die Regierung zu übernehmen. Es war damals eine von den – seinerzeit noch sehr Merkel-treuen – Medien begeistert befeuerte Story, dass Stoiber aus Bayern die „Merkel muss weg“-Bewegung anführe. Der damalige Bundesfinanzminister Schäuble spielte in diesem Drehbuch stets eine Hauptrolle. Der Putsch scheiterte, und den Preis dafür zahlte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Er hatte es als einziger hochrangiger aktiver Unionspolitiker gewagt, Stoiber zu folgen und tatsächlich gegen den Merkelkurs in der Union aufzubegehren – und damit am Ende den eigenen Abstieg eingeleitet.

Schäuble bezeichnete den Flüchtlingsstrom 2015 als „Lawine“

Schäuble war keiner wie Seehofer: Er agierte stets aus der Deckung heraus. Allerdings zündelte auch er selbst kräftig – etwa, als er im November 2015 den anschwellenden Flüchtlingsstrom als „Lawine“ bezeichnete, was schon damals als kaum verhüllte Kritik an Merkel und verstecktes Signal zum Aufstand bewertet wurde. So „absurd“, wie es Schäuble in seinen Memoiren hinstellt, war für den viel zitierten „Reservekanzler“ der Gedanke also sicher nicht, selbst vorzeitig Merkels Erbe anzutreten.

Besser wäre es gewesen, wenn die vor Merkel kuschenden CDU-Granden, voran Schäuble, damals den Mut mancher CSU-Leute aufgebracht und die Kanzlerin energischer auf die Folgen ihrer Asylpolitik hingewiesen hätten, so wie es damals Polizeipräsident Dieter Romann tat. Eine Begrenzung der ungesteuerten Migration hätte Deutschland vor manchem Schaden bewahrt, etwa dem Vertrauensverlust in die Politik der Union, der Erosion der Mitte und dem kometenhaften Anstieg der Rechtspopulisten von der AfD. Stoibers und Schäubles Erben werden daran noch lange schwer zu tragen haben.

Georg Anastasiadis

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