Historische Wahl-Pleiten für SPD in Sachsen und Thüringen: Parteispitze nimmt Scholz in die Pflicht
Die SPD bleibt in den Landtagen von Sachsen und Thüringen. Das sind die einzig guten Nachrichten für die Kanzler-Partei. Umso mehr gerät Olaf Scholz in den Fokus.
Berlin – Die Konsequenz der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist beim Blick auf die Ergebnisse klar: Es wird höchst kompliziert, Regierungen in den beiden Bundesländern zu bilden. Die CDU wird – so denn die Brandmauer zur AfD aufrechterhalten bleibt – zwei Partner brauchen, von denen in beiden Fällen einer wohl das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sein muss, dessen Namensgeberin bereits im Vorfeld klare außenpolitische Forderungen gestellt hat.
Ob der historische Wahltag auch Konsequenzen für die Bundesregierung haben wird, muss sich noch zeigen. SPD, Grüne und FDP erzielten jeweils Verluste, erreichten in Sachsen zusammen rund 13 Prozent, in Thüringen gerade mal gut zehn Prozent. Die Stimmung in den Lagern ist entsprechend aufgeheizt – besonders bei FDP-Vize Wolfgang Kubicki.
Die Kanzler-Partei schaffte es als einzige aus dem Trio in beide Landtage, ist in Dresden mit 7,4 Prozent aber nur viertstärkste Kraft, in Erfurt mit 6,1 Prozent sogar nur die Nummer fünf. Es waren jeweils die schlechtesten SPD-Ergebnisse in Sachsen wie Thüringen.
Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen: Scholz soll sich „noch mehr anstrengen“
Im Nachgang ging der Blick auch nach Berlin, zumal gerade bundespolitische Themen wie die Migration und der Umgang mit Russland den Ton im Wahlkampf gesetzt haben. Die SPD-Führungsriege musste sich in Interviews auch zur Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz äußern und erläutern, was nun von diesem erwartet wird.
Lars Klingbeil stellte im ZDF-Interview zumindest fest, dass der „Streit in der Ampel“ wohl „auch zu den beiden Ergebnissen in Thüringen (und) Sachsen mit beigetragen“ hat. Zugleich betonte der Co-Vorsitzende aber auch: „Wir wollen gemeinsam kämpfen. (…) Es geht um eine Entschlossenheit, die wir in der SPD haben, aber klar ist eben auch, alle müssen jetzt ihren Teil dazu beitragen, dass es besser wird. Ich erwarte diesen Kampf von allen, die Menschen zu erreichen.“
Schon dieser Satz war auch an die Adresse des Kanzlers gesendet, wird diesem doch besonders häufig vorgeworfen, seine Entscheidungen nicht ausreichend zu erklären und Bürger somit nicht abzuholen. Auf die Frage, ob Scholz weiterhin auf die Unterstützung der SPD setzen könne, antwortete Klingbeil: „Das kann er. Wir kämpfen zusammen. Und gleichzeitig sage ich Ihnen auch als Bundesvorsitzender der Partei: Ich erwarte, dass alle sich noch mehr anstrengen als das bisher der Fall war. Und das Ergebnis heute zeigt, wie notwendig das ist.“
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Kühnert nach Landtagswahlen mit Forderung an Scholz: „In Konfrontation gehen und werben und erklären“
Eine klare Botschaft an Scholz sendete auch Kevin Kühnert. „Es gibt da ein riesiges Diskussionsbedürfnis über Bundespolitik, weltpolitisches Geschehen. Ganz Vieles kann nicht nachvollzogen werden. Auch weil zu wenig oder nicht verständlich genug darüber kommuniziert wird“, kritisierte der SPD-Generalsekretär in der ARD.

Für ihn ist klar: „Wir müssen viel mehr werben um unseren Politikansatz und auch zuhören bei denjenigen, die ihn an manchen Stellen nicht mitgehen, und auch manche Lehren daraus ziehen.“ Auch er stellte auf Nachfrage zu Scholz klar: „Der Kanzler gehört genauso dazu, was ich eben gesagt habe. Da reden wir auch ganz offen in der SPD drüber. Wir alle haben unsere Politik gemeinschaftlich zu erklären.“
Allerdings erwartet er keinesfalls eine große Wende der SPD-geführten Ampel-Koalition: „Verantwortliche Politik heißt nicht, sich beim ersten Gegenwind umzudrehen und zu sagen: ‚Ich habe es nicht so gemeint.‘ Sondern in die Konfrontation zu gehen und zu werben und zu erklären. Das hat er angenommen in diesem Wahlkampf und damit muss es jetzt in hoher Taktung weitergehen.“
SPD-Kritik an Ampel-Regierung nach Landtagswahlen: „Aufhören, auf offener Bühne zu streiten“
Vor allem um die Rolle des Regierungschefs drehte sich das Gespräch bei Welt TV, zu dem Saskia Esken eingeladen war. Sie zeigte sich mit den Ergebnissen „in keinster Weise zufrieden“, weshalb es nun zu klären gelte, „was in den Landesverbänden, aber vor allem natürlich, was im Bund sich ändern muss, damit das Bild der SPD wieder ein anderes wird, damit wir eben mehr Zustimmung gewinnen können“.
Die Co-Vorsitzende erwartet nun mehr Führung von Scholz, der diesen Anspruch einst für sich reklamierte, ihn jedoch kaum einmal mit Leben zu füllen scheint. Esken fordert: „Wir müssen in der Bundespolitik sehr viel mehr Wert darauf legen, dass eine SPD-geführte Regierung auch von der SPD geführt wird. Dass man merkt, dass dort sozialdemokratische Politik gemacht wird und dass die auch in ihrem Handwerk besser wird, dass wir aufhören, uns auf offener Bühne zu streiten (…).“
Wie schnell Scholz den Worten der beiden Parteivorsitzenden und des Generalsekretärs Taten folgen lassen wird, muss sich noch zeigen. Schließlich heißt es zunächst einmal: Nach dem Wahlkampf ist vor dem Wahlkampf(-endspurt).

Denn in drei Wochen wird auch in Brandenburg gewählt. Dort hat die SPD deutlich mehr zu verlieren, stellt sie doch seit 1990 den Ministerpräsidenten. Jüngste Umfragen sahen sie als zweitstärkste Kraft hinter der AfD und knapp vor CDU und BSW. Scholz mischt in dem Bundesland, das die Hauptstadt umschließt, bereits kräftig mit und will Landesvater Dietmar Woidke zu einer vierten Amtszeit verhelfen. (mg)