Arbeitsministerin explodiert: „Bullshit“ – Bas keilt gegen Merz wegen Sozialstaat-Pleite

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Union und SPD wollen Sozial-Reformen. Das Ziel ist klar; doch das Wie wird zum Problem. Bas richtet deutliche Kritik an Merz: „Guter Geist von Würzburg“? Keine Spur.

Berlin – Gerade noch hat Unions-Fraktionschef Jens Spahn bei der Klausurtagung vom „guten Geist von Würzburg“ gesprochen; wenige Tage danach scheint davon schon nicht mehr viel übrig. Der Streit um den Sozialstaar innerhalb der Regierung geht unvermindert und öffentlich weiter. So pochte Bundeskanzler Friedrich Merz beim Parteitag der CDU Nordrhein-Westfalen am Samstag (30. August) erneut auf dringende Reformen der Sozialsysteme, die auch zu Einschnitten führen dürften.

„Wir müssen ran an die sozialen Sicherungssysteme“, erklärte der Kanzler in Bonn. „Das wird schmerzhafte Entscheidungen bedeuten. Das wird Einschnitte bedeuten.“ Man könne sich das System, das man heute habe, mit dem Erwirtschafteten einfach nicht mehr leisten, wiederholte Merz: „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“ Den Aussagen des Kanzlers kontert nun Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) und findet dabei deutliche Worte.

CDU/CSU und SPD streiten über Sozial-Reformen: Bas kontert Merz-Aussagen

„Diese Debatte gerade, dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat finanziell nicht mehr leisten können, ist – und da entschuldige ich mich jetzt schon für den Ausdruck – Bullshit“, sagte Bas bei der Landeskonferenz der NRW-Jusos in Gelsenkirchen. Die Arbeitsministerin betonte, dass der Sozialstaat zum sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft beitrage – Reformen halte aber auch die SPD für notwendig. Man müsse bei Gesundheitsversorgung, Pflege und Rente ein stabiles System finden, insbesondere für die nächsten Generationen. 

Es sei wichtig, darüber zu debattieren, wer in Zukunft in die gesetzlichen Systeme einzahle: Es könne nicht sein, dass die, die reich sind und ohnehin nicht in die gesetzlichen Systeme einzahlten, dann aber „darüber schwadronieren, dass wir uns das alles nicht mehr leisten können“, kritisierte Bas. Die Aussagen der Arbeitsministerin dürften sich auch gegen die Forderungen von Bundeskanzler Merz richten.

Sozial-Streit: Arbeitsministerin Bärbel Bas weist Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz mit deutlichen Worten zurück. (Symbolbild) © IMAGO / dts Nachrichtenagentur, IMAGO / Political-Moments

Sozialverband wirft Merz Spaltung vor: „Gesellschaftlich gefährlich“

Zuvor hatte auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) Kritik an den Aussagen des Kanzlers geäußert: Merz würde die Gesellschaft spalten. Er greife „in die rhetorische Trickkiste und erweckt den Anschein, der Sozialstaat würde uns finanziell ruinieren“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist nicht nur sachlich falsch, sondern gesellschaftlich gefährlich“, warnte die Vorsitzende.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, kritisierte Merz‘ jüngste Aussagen in Bonn ebenfalls. „Merz heftige Attacken gegen unseren Sozialstaat passen nicht zu den sachlichen Gesprächen der Koalitionsfraktionen gerade in Würzburg“, so Fechner gegenüber dem Tagesspiegel.

Sozial-Streit in Merz-Regierung geht weiter – keine Spur vom „Geist von Würzburg“

Der Kanzler hatte bereits beim Landesparteitag der Niedersachsen-CDU in Osnabrück seinen Ton gegenüber dem Koalitionspartner verschärft. „Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt nicht irritieren lassen.“ Das Vorhaben, den Sozialstaat zu reformieren, sei „anstrengend für die Sozialdemokraten, für uns übrigens auch – und ich mache es denen auch bewusst nicht leicht“.

Die schwarz-rote Koalition peilt im Herbst mehrere Gesetze für Reformen der Sozialsysteme an. Am Montag nimmt zudem eine von der Regierung eingesetzte Kommission zu Reformen des Sozialstaates ihre Arbeit auf – bis Jahresende soll sie Vorschläge unterbreiten. Wie Sozial-Reformen aussehen sollen, darüber scheint es innerhalb der Regierung noch Klärungsbedarf zu geben. Und auch die Kommunikation miteinander und übereinander scheint in der schwarz-roten Koalition ausbaufähig. Der „Gute Geist von Würzburg“ jedenfalls; der ist wohl noch nicht nach Berlin durchgedrungen. (pav mit dpa)

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